Unzureichende Akzeptanz fahrt beim praktischen Einsatz zu Problemen:

User sind mit komplexen Systemen überfordert

07.02.1986

Beim Einsatz von PPS-Systemen werden die Erwartungen der Anwender und die Versprechungen der Anbieter nur in unzureichendem Umfang erfüllt. Zwischen dem theoretisch möglichen und dem praktisch genutzten Rechnereinsatz bestehen in der Praxis immer noch große Differenzen.

Verfolgt man die aktuellen Diskussionen zum Thema "Fabrik der Zukunft" so sind die Begriffe CIM (Computer Integrated Manufacturing), CAM (Computer Aided Manufacturing), CAP (Computer Aided Planning, CAQ (Computer Aided Quality Assurance) und CAD (Computer Aided Design), Anzeichen dafür, daß in absehbarer Zeit für die meisten betrieblichen Planungs- und Steuerungsfunktionen und sogar für strategische Entscheidungen DV-Moduln zur Verfügung stehen werden. Allerdings erhöht der Rechnereinsatz normalerweise zwar die Transparenz des Betriebsgeschehens wesentlich, führt aber nicht zur angestrebten Verbesserung des Betriebsablaufs.

Vom Institut für Fabrikanlagen der Universität Hannover (IFA) durchgeführte Betriebsuntersuchungen haben gezeigt, daß die verwendeten PPS-Systeme oftmals nur in Teilfunktionen Anwendung finden, zum Beispiel als Informationssystem für Stammdaten oder als Auftragsverwaltungssystem. Gründe für die Unzufriedenheit vieler Anwender und die damit verbundene unzureichende Akzeptanz der DV-Systeme sind :

- zu hohe Durchlaufzeiten und Bestände auch nach der Systemeinführung

- die Systemkomplexität, die den Anwender überfordert

- mangelhafte Bedienerführung

- unzureichende Anpassung der Systeme an die betrieblichen Gegebenheiten

- mangelhafte Schulung der Benutzer

- fehlende Eingriffsmöglichkeiten durch den Anwender

- unzureichende Transparenz der Planungsabläufe

- keine Möglichkeit der direkten Beeinflussung der betrieblichen Zielgrößendurchlaufzeit, Bestand, Termintreue und Auslastung.

Diese Gründe tragen dazu bei, in den Betrieben verstärkt spezifische Bereichs- oder Insellösungen einzuführen, die einen überschaubaren Aufgaben- und Anwenderbereich umfassen. Ein solcher Trend wird durch hierarchische Rechnerstrukturen unterstützt, bei denen die Verwaltung von Stammdaten zentral über Großrechner erfolgt, während die Anwendungen dezentral auf Mikrorechnern erfolgen.

Der Preisverfall am Mikrorechnermarkt verstärkt diese Tendenz zusätzlich, da die Preise für intelligente Terminals nur noch geringfügig höher sind als die einfacher Datensichtgeräte. Zudem eröffnen die Mikrorechner auf Grund preiswerter und leistungsfähiger Standardsoftware die Möglichkeit, individuelle Anwendungen mit geringem Entwicklungsaufwand zu erstellen.

Integrierte Pakete bieten die besten Möglichkeiten

Insbesondere die integrierten Softwarepakete mit Programmbausteinen für Datenbankanwendungen, strukturierte Programmierung, Kalkulationstabellen, Textverarbeitung, Geschäftsgrafiken und Rechnerkommunikation bieten vielfältige Anwendungsmöglichkeiten bei der Analyse und Steuerung von Betriebsabläufen. Schließlich besinnt man sich in den Betrieben vermehrt auf das Potential an gut ausgebildeten Facharbeitern, Vorarbeitern und Meistern, die sehr wohl in der Lage sind, rechnergestützte Abläufe zu beherrschen.

Im folgenden sollen die Möglichkeiten des Einsatzes von integrierter Standardsoftware in der Produktionsplanung und -steuerung mit dem Schwerpunkt in der Werkstattsteuerung aufgezeigt und mit Beispielen aus einer Fertigungsablaufanalyse belegt werden.

PPS läßt sich grob in die Bereiche Bestell- und Lagerwesen, Fertigungsplanung und Fertigungssteuerung gliedern (Abb. 1). Da der Gesamtaufgabenbereich aufgrund der genannten Hardwaremerkmale und der eingeschränkten Mehrplatzfähigkeit des Systems kaum umfassend erfüllt werden kann, ist zunächst eine Eingrenzung auf einen der drei Aufgabenbereiche notwendig. Innerhalb der Aufgabenbereiche muß dann weiter entschieden werden, welche Teilbereiche sich für einen PC-Einsatz eignen.

Ein wesentliches Entscheidungskriterium ist dabei die Größe der zu verarbeitenden Dateien und die Anzahl der notwendigen Dateizugriffe für die Einzelaufgabe. Die maximal zulässige Dateigröße ist zum Beispiel durch den Speicherplatzbedarf für temporäre Verwaltungsdateien der Grundsoftware bestimmt. So erfordert das Sortieren einer Datenbanktabelle etwa dreimal soviel freien Speicherplatz wie die Ursprungsgröße der Tabelle. Damit muß der frei verfügbare Speicherplatz etwa dreimal so groß sein wie die größte zu sortierende Datenbanktabelle.

Die Antwortzeit bei Dialoganwendungen hängt überwiegend von der Anzahl notwendiger Dateizugriffe ab. Tests ergaben mittlere Verarbeitungszeiten von acht Arbeitsvorgängen pro Sekunde, so daß zum Beispiel die Durchlaufterminierung eines Auftrages mit acht Arbeitsvorgängen zirka eine Sekunde dauert. Die Größe der bei diesem Test verwendeten Datei betrug rund 10 000 Datensätze. Aufgrund des schnellen Datenzugriffs sind also auch komplexe Datenabfragen über mehrere Datenbanktabellen, wie die Ausgabe einer aktuellen Arbeitsplatzbelegungsliste, in einer Dialoganwendung mit vertretbaren Antwortzeiten möglich.

Diese Testergebnisse zeigen, daß Mikrorechner mit Standardsoftwarepaketen bei bestimmten Aufgabenstellungen im Single-User-Betrieb durchaus mit Großrechnerlösungen konkurrieren können. Die Aufgabe bei der PC-Anwendungskonzeption besteht nun darin, geeignete, abgeschlossene Aufgabenbereiche zu finden, die sich möglichst vollständig für eine PC-Anwendungslösung eignen. Ein mögliches Anwendungsgebiet kann der Funktionsbereich der Werkstattsteuerung sein.

Die Eingabe der Informationen über den Betriebsablauf (Rückmeldungen) soll möglichst im Dialog erfolgen, um die Prüfung der Daten und die eventuell notwendige Korrektur sofort durchführen zu können. Die Ausgabe von Informationen beziehungsweise Daten zur Systemsicherung erfolgt auf Disketten oder auf Magnetbänder. Letztere sind insbesondere zur Datensicherung und Speicherung bei umfangreichen Batch-Läufen einzusetzen, um die Anzahl notwendiger Bediener-Eingriffe möglichst zu reduzieren. So lassen sich sogar die Ergebnisse von Steuerungs- und Analyseprogrammen zunächst von Stapelprogrammen auf Magnetband zwischenspeichern und anschließend im Dialog auf Drucker oder Plotter ausgeben.

Gerade bei der Betriebsablaufanalyse ist diese Vorgehensweise anzuraten, da häufig nur ein Bruchteil der erzeugten Listen und Grafiken tatsächlich weiter verwendet wird. Die Zwischenspeicherung ermöglicht ebenfalls eine Verkürzung der Dialogzeiten, indem zum Beispiel Stardardauswertungen in Stapelläufen durchgeführt und in Dialoganwendung lediglich abgerufen werden.

Betriebsablauf durch Grafik transparenter

Die Ausgabe der Auswertungsergebnisse kann tabellarisch oder in Form sogenannter Geschäftsgrafiken erfolgen. Die integrierten Softwarepakete bieten meist die Möglichkeit, die Grafiken sowohl auf Matrixdruckern als auch auf Plottern auszugeben. Die Grafikmoduln gestatten Darstellungen als Linien-, Balken-, Flächen-, Torten- oder Punktwolkendiagramm. Mit Hilfe der Grafikmoduln lassen sich im Rahmen der Betriebsablaufanalyse beispielsweise Kennzahlen zu den Zielgrößen Durchlaufzeit, Bestand, Auslastung und Termintreue anschaulich und übersichtlich darstellen.

* Friedhelm Nyhuis ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Fabrikanlagen, Universität Hannover