Unix nicht als Optimum, aber als einzige realistische Möglichkeit:

User müssen sich aus IBM-Abhängigkeit lösen

11.09.1987

FRANKFURT (CW) - "Halten DV-Anwender weiterhin am Großrechnerzentralismus fest, so können sie das nur zu den Konditionen der IBM tun - und müssen den entsprechenden Preis zahlen." Mit dieser These konfrontierte jetzt Berkeley-Professor Michael Stonebraker die bundesdeutschen Softwerker. Sein Fazit: Nur eine klare Entscheidung für Unix öffnet den Weg in die Herstellerunabhängigkeit.

"Ein Abhängigkeitsverhältnis zum Anbieter ist besonders im Betriebssystem-Bereich für den Anwender gefährlich", warnt der DBMS-Guru. Denn hier sei es besonders schwierig, das Steuer wieder herumzureißen. Die Entscheidung pro Unix betrachtet er folglich zwar nicht als Optimum aller denkbaren Möglichkeiten, aber doch als einzige derzeit bestehende Alternative zu den Portabilitätskonzepten der Hersteller.

Die Realität bei den Usern, so konzediert Stonebraker, sehe heute indes noch vielfach anders aus: "Hohe Investitionen sind in IMS und ähnliche technologisch müde Produkte gebunden. Das läßt sich nur langsam und mit viel Mühe ändern." Um auch diesen Anwenderkreisen den Weg in eine unabhängige DV-Zukunft zu zeigen, müßten die DBMS-Produzenten möglichst viele Gateways zu anderen Datenbank-Management-Systemen bereitstellen. Denn nur so könnten sich die betroffenen User ein zweites DB-Standbein schaffen.

Der Weg in die Unabhängigkeit führt nach Ansicht des US-Wissenschaftlers allerdings nicht nur über die Betriebssystemschiene. Ein dezentralisiertes Hardwarekonzept sei vielmehr genauso entscheidend. Bleibe der Anwender nämlich der Großrechnerwelt verhaftet, so geschehe dies nur nach dem Gusto von Big Blue. Bei den Single-Chip-Maschinen hingegen winkten Flexibilität und wesentlich geringere Kosten. Stonebraker: "Die Anwender müssen ihre Zukunft selbst in die Hand nehmen." (Siehe auch Seite 14: "Am relationalen Modell führt kein Weg vorbei.")