Bitkom-Umfrage

US-Spähaffäre erschüttert Vertrauen der Internetnutzer

25.07.2013
Wenn es um den Umgang mit persönlichen Daten im Netz geht, vertrauten 58 Prozent der Nutzer Staat und Behörden wenig oder überhaupt nicht, teilte der Branchenverband Bitkom am Donnerstag mit. Nur rund ein Drittel gibt an, staatlichen Behörden sehr starkes oder starkes Vertrauen entgegenzubringen.
Das Vertrauen der Internet-Nutzer ist nach Bekanntwerden der US-Ausspähaktionen deutlich zurückgegangen.
Das Vertrauen der Internet-Nutzer ist nach Bekanntwerden der US-Ausspähaktionen deutlich zurückgegangen.
Foto: Eisenhans - Fotolia.com

Zum Vergleich: Vor zwei Jahren hatte noch mehr als die Hälfte der Internet-Nutzer (52 Prozent) sehr starkes oder starkes Vertrauen in staatliche Stellen, 40 Prozent sprachen von weniger starkem oder überhaupt keinem Vertrauen. Vor allem der Anteil derjenigen, die staatlichen Stellen überhaupt nicht vertrauen, ist massiv gestiegen – von 11 Prozent auf 20 Prozent.

„Die Zahlen zeigen, dass eine rasche Aufklärung der Vorgänge auch im Interesse der Politik selbst liegt“, kommentierte Bitkom-Präsident Prof. Dieter Kempf die Kernergebnisse der aktuellen ARIS-Umfrage unter mehr als 1000 Internet-Nutzern ab 14 Jahren. Es scheine, als ob die Nutzer sehr wohl einzuschätzen wissen, worum es bei den Abhörmaßnahmen geht und vor allem, von wem sie ausgehen.

Wie die Umfrage ergab, hat das Vertrauen in den Umgang der Wirtschaft mit persönlichen Daten ebenfalls abgenommen, aber weniger stark: Der Anteil der Befragten, die ein aktuell starkes oder sehr starkes Vertrauen gegenüber der Wirtschaft haben, was ihre persönlichen Daten betrifft, sank von 41 auf 34 Prozent. Weniger starkes oder gar kein Vertrauen haben 55 Prozent (2011:46 Prozent).

Aktuell machen sich 39 Prozent der Internet-Nutzer Sorgen, dass staatliche Stellen ihre persönlichen Daten ausspähen könnten. 42 Prozent befürchten, dass Kriminelle sie ausspionieren könnten, 34 Prozent befürchten ein solches Verhalten von Unternehmen.

Insgesamt geben zwei Drittel der Befragten (66 Prozent) an, dass ihre Daten im Netz eher (39 Prozent) oder völlig (27 Prozent) unsicher sind. Nur zwei Prozent glauben, dass ihre Daten im Internet sehr sicher sind, 27 Prozent halten sie dort für sicher. Vor zwei Jahren hatten nur etwas mehr als die Hälfte der Internet-Nutzer (55 Prozent) Sorgen um ihre Daten. zwölf Prozent hatten angegeben, ihre Daten seien im Netz völlig unsicher, 43 Prozent bezeichneten sie als eher unsicher. Gleichzeitig waren sechs Prozent davon ausgegangen, ihre Daten seien sehr sicher, 36 Prozent bezeichneten sie als sicher.

Die aktuelle Unsicherheit hat natürlich auch Konsequenz: 43 Prozent der Befragten gaben an, sie würden künftig keine E-Mails mit vertraulichen oder wichtigen Dokumenten verschicken. 19 Prozent wollen auf Cloud-Dienste verzichten, 13 Prozent auf eine Mitgliedschaft in sozialen Netzwerken.

Digital Natives surfen kaum sicherer

Trotz der guten Vorsätze der Umfrageteilnehmer ist der Bitkom skeptisch: „Auch wenn immer mehr Menschen Sicherheitsbedenken haben: Das praktische Verhalten im Internet hat sich nicht verändert“, so Kempf. Die Studie untermauert dies. Während der Schutz des eigenen Computers mit Anti-Viren-Programmen und Firewall inzwischen weit verbreitet ist, ergreift nur eine Minderheit konkrete Maßnahmen gegen Ausspähungen wie die Nutzung von Verschlüsselung, Anonymisierungsdiensten oder Meta-Suchmaschinen, die keine persönlichen Daten speichern. Nur elf Prozent nutzen Proxies oder Dienste wie Tor. Verschlüsselungsprogramme für Dateien und E-Mails setzen gerade einmal acht respektive sechs Prozent ein und auf getunnelte Internet-Verbindungen (VPN) greifen lediglich vier Prozent zurück. Meta-Suchmaschinen werden von drei Prozent der Internet-Nutzer eingesetzt.

„Auffällig ist, dass es zwischen den Altersgruppen kaum signifikante Unterschiede gibt. Die sogenannten Digital Natives sind den älteren Internetn-Ntzern in Sachen Schutzmaßnahmen nicht voraus“, so Kempf. Grund für den Verzicht auf Verschlüsselungssoftware ist vor allem fehlendes Wissen. Rund zwei Drittel (65 Prozent) geben an, sich mit solchen Programmen nicht auszukennen. Bei 59 Prozent setzt der Kommunikationspartner keine entsprechende Software ein. Nur ein Viertel (24 Prozent) hält Verschlüsselung grundsätzlich für zu aufwändig. Immerhin sieben Prozent geben an, es störe sie nicht, wenn ihre Daten von Dritten eingesehen werden. (mb)