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Nach Facebook-Debakel

US-Politiker wollen Börsengänge umkrempeln

22.06.2012
Der holprige Börsengang von Facebook könnte ein Nachspiel haben.

Politiker aus den beiden großen politischen Lagern in Washington fordern, das Prozedere beim Sprung aufs Parkett grundlegend zu überdenken. Sie wollen insbesondere die Stellung der Kleinanleger verbessern, die teils hohe Verluste mit den Aktien des sozialen Netzwerks erlitten haben.

Der Fall Facebook habe gezeigt, "dass der Prozess des Börsengangs erhebliche Mängel aufweist", erklärte der republikanische Abgeordnete Darrell Issa in einem am Mittwoch bekannt gewordenen Brief an die Chefin der US-Börsenaufsicht SEC, Mary Shapiro. Das zugrunde liegende Gesetz von 1933 - der Securities Act - sei "überholt".

Der Aktienkurs von Facebook stützt Issas Auffassung: Nach einem kurzzeitigen Plus war das Papier schon am zweiten Handelstag massiv gefallen und verlor in den Wochen darauf in der Spitze 33 Prozent an Wert. Im vorbörslichen Handel am Donnerstag lag die Aktie 17 Prozent unter dem Ausgabekurs von Mitte Mai.

Issa, der den Brief als Vorsitzender eines Kongressausschusses verfasst hat, bemängelte beim Börsenprozedere insbesondere die Macht der beteiligten Banken, die den Preis faktisch diktieren könnten. Das sei gefährlich, weil es Interessenkonflikte gebe, etwa geschäftliche Beziehungen der Banken zu großen Investoren. Beim Börsengang von Facebook war Morgan Stanley das führende Institut.

Der Politiker stellte die Frage, ob nicht statt eines vorher festgelegten Verkaufspreises für die Aktien eine Auktion die bessere Wahl wäre. Der Suchmaschinen-Betreiber Google hatte seine Aktien im Jahr 2004 mit einer sogenannten Holländischen Auktion unters Volk gebracht. Dabei geben Käufer und Verkäufer ihre Gebote verdeckt ab und es wird ein Preis errechnet, mit dem beide Seiten leben können.

Für Aufregung sorgte beim Facebook-Börsengang vor allem, dass beteiligte Banken kurz vor dem Aktienverkauf gute Kunden gewarnt hatten, dass das Soziale Netzwerk langsamer als gedacht wachsen könnte. Nun laufen Klagen von Kleinanlegern, die diese Information nicht hatten.

"Die heutige Wahrnehmung ist, dass Privatanleger im Nachteil sind", sagte der demokratische Senator Jack Reed dem "Wall Street Journal". "In vielleicht allzu vielen Fällen ist dies auch die Realität." Bei Facebook war mit 26 Prozent ein ungewöhnlich hoher Anteil der Aktien an Privatleute gegangen. Üblich ist etwa die Hälfte dessen.

Morgan Stanley und Facebook müssen sich nun die Kritik gefallen lassen, die Aktien mit 38 Dollar das Stück zu teuer verkauft zu haben. Zuletzt war das Papier noch knapp 32 US-Dollar wert. Der Chef von Morgan Stanley, James Gorman, rieb in einem Fernsehinterview Anfang Juni sogar noch Salz in die Wunden: "Die Leute, die dachten, sie könnten diese Aktie kaufen und einen enormen Sprung erleben, waren naiv."

Technische Pannen auf Seiten des Börsenbetreibers Nasdaq hatten den Börsengang zusätzlich belastet: Aufträge wurden nicht oder verspätet ausgeführt und Anleger wussten teils über Stunden nicht, ob sie nun Aktien bekommen hatten.

"Die Banken haben dieses fehlerhafte Gesetz fast 80 Jahre genießen können", schloss Issa seinen Brief zum Securities Act. Es sei nun an der Zeit für Reformen. Der Ausschussvorsitzende hat SEC-Chefin Shapiro eine Frist bis zum 3. Juli gesetzt, bis zu der ihre Behörde Fragen beantworten und Verbesserungsvorschläge unterbreiten soll. (dpa/tc)