Handys hinter Gittern

US-Häftlinge ordnen Verbrechen per SMS an

27.10.2008
Von pte pte
Kassiber waren gestern. Heute dienen Handys als Kommunikationsmedium, um Botschaften und Befehle aus dem Gefängnis zu bringen - mit fatalen Folgen.

Die heimliche Nutzung von Mobiltelefonen in Gefängnissen stellt die US-Behörden vor ein ernstzunehmendes Problem. Die in den Haftanstalten grundsätzlich verbotenen Geräte werden von den Insassen nämlich des Öfteren dazu verwendet, um weitere Verbrechen zu begehen. Wie "CNN" berichtet, konnte mittlerweile in mehreren Fällen nachgewiesen werden, dass Häftlinge mit Hilfe ihres Mobiltelefons ihre kriminellen Machenschaften einfach aus den Gefängnissen heraus delegieren. Auch bei der Durchführung von Gefängnisausbrüchen sei das Handy erwiesenermaßen bereits mehrere Male zum Einsatz gekommen. Um die Verurteilten an dem Begehen weiterer Verbrechen zu hindern, fordern einige Experten nun, dass die Mobilfunkkommunikation in Justizvollzugsanstalten gänzlich lahmgelegt wird. Möglich werden soll das durch den Einbau von speziellen Handy-Störsendern. Kritiker dieser Pläne weisen aber schon jetzt darauf hin, dass ein derartiges Vorgehen nicht mit den aktuellen US-Gesetzen vereinbar sei.

Gefängnisgitter behindern den Handy-Empfang scheinbar nicht im geringsten.
Gefängnisgitter behindern den Handy-Empfang scheinbar nicht im geringsten.
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"Wir haben schon alles versucht, um den Handygebrauch im Gefängnis zu unterbinden. Doch alle Methoden - von altmodischen Leibesvisitationen bis hin zu aufwändigen Body-Scannern und sogar eigens auf das Aufspüren von Batterien und Speicherchips trainierten Hunden - blieben bislang ohne Erfolg", stellt Jon Ozmint, Leiter des South Carolina State Prison, gegenüber "CNN" fest. In Anbetracht der derzeitigen Situation in punkto illegaler Handyverbreitung in den US-Haftanstalten sei deshalb der Einsatz von Störsendern unbedingt notwendig. Ein derartiges Vorgehen würde Ozmint zufolge allerdings klar den geltenden Bestimmungen des Federal Communications Act widersprechen. "Für mich ist dieses Gesetz ein klassisches Beispiel dafür, dass eine Regel es nicht geschafft hat, mit der technologischen Entwicklung Schritt zu halten", meint Ozmint. Eine Umsetzung der Handystörungspläne sei aber dringend erforderlich, da nur so die Sicherheit der Bürger auch weiterhin gewährleistet werden könne.

Laut Ozmint sind Mobiltelefone für die meisten begangenen Gefängnisausbrüche in den USA verantwortlich. Im Jahr 2005 habe man etwa zwei Häftlinge des Hochsicherheitsgefängnisses in Columbia dabei erwischt, wie sie versteckt in einem mit Müll beladenen Truck einen Fluchtversuch unternehmen wollten. Koordiniert worden sei die ganze Aktion dabei über Handys, die beide Ausreißer bei sich gehabt hätten, schildert Ozmint. Für Aufregung sorgte zudem ein Fall in Maryland im vergangenen Sommer. Ein inhaftierter Straftäter hatte dort einen Mord an einem Zeugen, der ihn zuvor eindeutig als Täter identifiziert hatte, vom Gefängnis aus per Mobiltelefon in Auftrag gegeben.

Auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz sind Handys im Gefängnis bereits seit geraumer Zeit ein permanentes Problem. Grundsätzlich seien diese zwar verboten, sie würden jedoch "immer wieder auch auf abenteuerlichen Wegen eingeschmuggelt und von den Häftlingen heimlich für kriminelle Geschäfte oder zur Fluchtvorbereitung verwendet", hieß es etwa aus dem deutschen Justizministerium. Verschiedene Testprojekte mit Störsendern sind inzwischen bereits von einzelnen Strafanstalten der drei Länder durchgeführt worden. Ihr Einsatz kämpft aber auch hierzulande mit einem rechtlichen Problem. Flächendeckende Mobilfunkblocker legen nämlich nicht nur die Funkversorgung innerhalb der Gefängnismauern lahm, sondern auch in dessen näherer Umgebung. Zudem werden Handynotrufe behindert. "Wenn Anwohner am Telefonieren gehindert werden, ist das ein Grundrechtseingriff", so der Tenor der Störsender-Kritiker. (pte)