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Assange zu "Forbes"

US-Großbank wird nächstes Wikileaks-Ziel

30.11.2010
Gerade hat Wikileaks mit der Veröffentlichung vertraulicher Depeschen von US-Diplomaten weltweit für Schlagzeilen gesorgt, da plant die Internetplattform wohl schon den nächsten Coup.

Anfang nächsten Jahres solle eine amerikanische Großbank zum Ziel werden, sagte Gründer Julian Assange in einem Interview des US- Magazins "Forbes", das am Montag (Ortszeit) online veröffentlicht wurde. "Es geht um zehntausende oder hunderttausende Dokumente, je nach Definition." Es handle sich dabei um ein "Megaleak".

Die geplante Offenlegung des Materials eröffne "wahre und repräsentative Einsichten, wie sich Banken auf der Managementebene verhalten", sagte der Wikileak-Gründer weiter. "Man kann es das Ökosystem der Korruption nennen." Die Folge der Veröffentlichung dürften "vermutlich Untersuchungen und Reformen sein". Die Dokumente enthüllten "ungeheuerliche Übertretungen" und "unethische Praktiken". Gegenstand des Materials seien aber auch "die unterstützenden Entscheidungsstrukturen und die interne Ethik des Managements".

Der Australier verglich in dem Interview die anstehende Veröffentlichung mit den E-Mails, die im Zusammenhang mit dem Enron-Unternehmensskandal ans Licht kamen. Der einst zehntgrößte US-Konzern hatte 2001 nach einem Bilanzbetrug Insolvenzantrag gestellt - Auftakt einer ganzen Reihe von Betrugsfällen, die die US-Wirtschaft in den folgenden beiden Jahren erschütterten.

Assagne betonte jedoch, dass noch unklar sei, ob es sich hier um kriminelle Vorgänge handele. "Ich kann nur sagen, dass es klar um unethische Praktiken geht." Man sei sehr vorsichtig damit, Leute als kriminell zu etikettieren, bis man sehr sicher sei.

Sich selber nennt der Wikileaks-Gründer einen Freund freier Märkte. "Ich sehe den Kapitalismus mit gemischten Gefühlen, aber ich liebe Märkte", sagte er zu "Forbes". "Wikileaks ist entworfen, den Kapitalismus freier und ethischer zu gestalen."

Zu dem Wikileaks insgesamt vorliegenden Material sagte Assange: "Wir haben zuviel". Konkrete Mengenangeben machte er allerdings nicht. Etwa die Hälfte davon betreffe Unternehmen. "Wir sind in einer Position, in der wir Rangfolgen einrichten müssen und der Stoff mit der größten Wirkung zuerst veröffentlicht wird."

Die Internet-Plattform Wikileaks und mehrere internationale Medien, darunter die "New York Times" und der "Spiegel", hatten am Sonntag mit der Veröffentlichung von mehr als 250.000 vertraulichen oder geheimen Berichten aus US-Botschaften begonnen. In den nächsten Tagen soll weiteres Material publik werden. Zuvor hatte Wikileaks mit Feldberichten der Kriege in Afghanistan und im Irak für Aufsehen gesorgt. Echte Sensationen oder Neuigkeiten boten die bisherigen Veröffentlichungen aber praktisch nicht. In den meisten Fällen sind sie eine Illustration bekannter Tatsachen und Umstände. (dpa/tc)