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US-Gericht: DeCSS-Urteil verstieß gegen Grundrecht

01.03.2004

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Ein kalifornisches Berufungsgericht hat am vergangenen Freitag ein interessantes Urteil gefällt: Es hob eine Entscheidung aus niederer Instanz auf, bei der Andrew Bunner für schuldig befunden worden war, durch Verteilung des Programms "DeCSS" gegen das geistige Eigentum der DVD Copy Control Association verstoßen zu haben. Bunners Anwälte hatten darauf plädiert, DeCSS sei zu dem Zeitpunkt, als der Beklagte dieses gehostet habe, kein Geheimnis mehr gewesen. Dieser Auffassung schloss sich das Berufungsgericht an und befand, die niedere Instanz habe mit ihrem Urteil vor vier Jahren gegen das per Zusatz zur US-Verfassung verbriefte Recht auf freie Meinungsäußerung verstoßen.

Das Verfahren war mit großem Interesse verfolgt worden, da es Aufschlüsse darüber zulässt, wie viel Schutz sich Unternehmen in Kalifornien für ihre Geschäftsgeheimnisse ausrechnen können, falls diese massenhaft online verbreitet werden. Auch wenn das Urteil die Verbreitung von DeCSS nicht legalisiert, stellt es doch einen seltenen Sieg der Verfechter des Rechts auf freie Meinungsäußerung gegen Hollywood in Bezug auf Verschlüsselungverfahren dar, mit denen das Abspielen von Filmen auf nicht dafür vorgesehenen Geräten verhindert werden soll.

Erst in der vergangenen Woche hatte die Filmindustrie einen juristischen Erfolg gegen die Firma 321 Studios erzielt, dessen DVD-Kopiersoftware aus dem Handel genommen werden musste. Zwei Wochen zuvor hatte ein Berufungsgericht in New York befunden, DeCSS verstoße gegen US-Urheberrecht, und dem Verlag 2600 verboten, von seiner Website aus auf den Code zu verlinken. In beiden Fällen beriefen sich die Richter dabei auf den Digital Millennium Copyright Act (DMCA), der das Umgehen von Kopierschutzmaßnahmen bestraft.

DeCSS stammt vom norwegischen Programmierer Jon Lech Johansen. Dieser hatte die Software geschrieben, um DVDs auch auf seinem PC unter Linux anschauen zu können, und sie anschließend im Internet veröffentlicht. "DVD-Jon" wurde auf Druck der US-Filmindustrie deswegen in Norwegen vor Gericht gestellt und im vergangenen Jahr endgültig freigesprochen. (tc)