Urteile aus der Vertragspraxis

08.04.1983

Von Dr. Christoph Zahrnt, Rechtsanwalt in Neckargemünd

Schriftformklausel

Nichtamtlicher Leitsatz

Zur Geltendmachung mündlicher Nebenabreden bei Vereinbarung einer Schriftformklausel

Paragraphen

BGB: ° 127, ° 346

Stichworte

Schriftform; vertragliches Rücktrittsrecht.

Der Tatbestand läßt sich dahingehend zusammenfassen, daß der Beklagte, ein Anwender, bei der Klägerin, einem Systemhaus, am 01..12. 1981 unter Bezugnahme auf die AGB der Klägerin schriftlich ein EDV-System bestellte.

"Am 07. 12. 1981 vereinbarten die Parteien in einem Nachtrag Nr.1 zur Bestellung vom 01. 12. 1981 unter anderem, daß der Beklagte berechtigt sein solle, ohne Angaben von Gründen bis einschließlich 14. 12. 1981 von dem geschlossenen Vertrag zurückzutreten".

Die Klägerin verlangt die Zahlung des vereinbarten Preises.

Der Beklagte behauptet: "Von dem vertraglich vereinbarten Rücktrittsrecht habe er Gebrauch gemacht". Die Klägerin habe sich mündlich mit einer Fristverlängerung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

"Die Klage ist begründet. Zwischen den Parteien ist am 01. 12. 1981 ein Vertrag über den käuflichen Erwerb einer Computer-Anlage und über die Überlassung von Software durch Angebot und Annahme verbindlich abgeschlossen worden, aus dem sich der Vergütungsanspruch der Klägerin ergibt.

Dieser Vertrag ist nicht durch Rücktritt (° 346 BGB) rückgängig gemacht worden. Der Beklagte hat den Rücktritt nicht innerhalb der vertraglich vereinbarten Frist erklärt. Diese lief entsprechend der getroffenen schriftlichen Vereinbarung am 14. 12. 1981 ab. Der Behauptung des Beklagten, wonach ihm Fristverlängerung seitens der Klägerin zugesagt worden sei, kommt keine rechtliche Bedeutung zu. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin, die Vertragsinhalt geworden sind, ist ausdrücklich geregelt, daß abweichende oder zusätzliche Bedingungen zu ihrer Wirksamkeit der besonderen Schriftform bedürfen (Ziffer 11.3 der Bedingungen für Überlassung von Standardanwender Software; Ziffer 12.2 der Bedingungen Für Kauf). Diese vorgeschriebene Form ist für die von dem Beklagten behauptete und die schriftliche Zusatzvereinbarung vom 07. 12. 1981 überschreitende Zusage der Klägerin nicht gewahrt worden.

Der Klägerin ist auch nach Treu und Glauben nicht verwehrt, sich auf die fehlende Form zu berufen. Nach dem die Parteien am 07. 12. 1981 eine schriftliche Zusatzvereinbarung getroffen haben, wäre es Sache des Beklagten gewesen, die ihm notwendig erscheinenden Regelungen in diese Vereinbarung aufzunehmen. Darüber hinausgehende mündliche Zusagen konnte er angesichts der vertraglich vereinbarten und beachteten Schriftform von vornherein nicht als rechtsverbindlich ansehen.'

Anmerkung

Selbstverständlich hätten die Parteien mündlich die Schriftformklausel abbedingen und dann eine mündliche Nebenabrede treffen können. Der Käufer hätte das beweisen müssen. Da am 7. 12. 1981 eine schriftliche Zusatzvereinbarung geschlossen worden ist, hätte es - wichtig für die Beweiswürdigung - allerdings fern gelegen, so etwas zu tun. Das Urteil zeigt die Tendenz der Rechtsprechung auf, Schriftformklauseln sehr ernst zu nehmen. Es erwägt nicht einmal die Möglichkeit, die Schriftformklausel mündlich abzubedingen. Niemand sollte sich auf mündliche Zusagen verlassen!

Urheberrechtsfähigkeit von Programmen

Nichtamtliche Leitsätze

1. Zur Anwendung von ° 96 II GWB im Verfahren der einstweiligen Verfügung.

2. Verträge über die Einräumung von Nutzungsrechten können unter °° 20,21 GWB fallen.

3. Zur Frage der Formulierung von Unterlassungsanträgen in bezug auf die Nutzung von Programmen.

4. Zur Frage der Identität von Programmen: Es liegt in ihrem Wesen, daß ständig kleinere oder größere Korrekturen angebracht werden, ohne daß es sich dann schon um ein "anderes" Programm handelt. Solange die Veränderungen, die in der ursprünglichen Software verkörperte geistige Leistung im wesentlichen unverändert lassen, ist es gleichwohl noch die "gleiche" Software.

5. Wer sich auf die Neuheit von Programmen wegen Veränderungen beruft, muß erst einmal angeben, welche Änderungen er mit welchem Ziel vorgenommen hat. Da er als einziger weiß, welche Veränderungen er an den Programmen vorgenommen hat, trifft ihn nach allgemeinen prozessualen Grundsätzen die Darlegungslast, daß es sich um wesentliche Veränderungen und infolgedessen um ein "neues" Programm handelt.

6. Die Urheberrechtsfähigkeit für Computerprogramme ist generell anzuerkennen.

7. Niemand ist gehindert, gleichartige Programme unabhängig von bereits vorhandenen Programmen zu erarbeiten. Wann das Gebrauchmachen von der geistigen Vorarbeit, die in einem bereits vorhandenen Programm verkörpert ist, gegen gewerbliche Schutzrechte verstößt, hängt vom Einzelfall ab.

Paragraphen

GWB: ° 18, ° 20, ° 21, ° 96UrhG: ° 2

Stichworte

Beweislast; Darlegungslast; Kartellrecht; Unterlassungsansprüche bei Programmnutzung - prozessuale Formulierung; Urheberrechtsfähigkeit von Programmen; Urheberrechtsverletzung - Identität der Programme - Neuheit von geänderten Programmen, materielle Anforderungen und Beweislast - Nachschöpfung oder Neuschöpfung; Verträge über Vermarktungslizenzen - rechtliche Einordnung hinsichtlich des GWB; Kartellrechtliche Vorfragen im Verfahren der einstweiligen Verfügung.

Der Tatbestand läßt sich unter Weglassung der Mitwirkung weiterer Personen wie folgt auf das hier wesentliche beschränken: Die Antragstellerin hatte - unter Zwischenschaltung einer Fa. H - Vertriebsrechte an Programmen für ingenieurmäßige Berechnungen von einer Fa. D erworben, deren ehemaliger Geschäftsführer und jetziger Liquidator der Antragsgegner ist. Der Antragsgegner vertreibt die Programme in abgeänderter Form auch weiterhin. Die Antragstellerin ist der Auffassung, ausschließliche Vertriebsrechte zu haben, und begehrt im Wege der einstweiligen Verfügung, den Antragsgegner zur Unterlassung zu verpflichten, "die das Programm . . . Stahlbetonbemessung . . . betreffende Software der ehemaligen Fa. D zu vertreiben, oder an Dritte, insbesondere an die Fa. S, zu Aberlassen.(So letztlich von LG formuliert).

"Der Antragsgegner hält den Antrag zunächst für unzulässig. Ziff. 1 der Vereinbarung vom 08.02.1982 enthalte einen Kartellvertrag, so daß nach ° 87 GWB i.V.m.D. Verordnung vom 17.03.58 das Kartellgericht ausschließlich zuständig sei.

Unzulässig sei der Antrag aber auch deshalb, weil er nicht ausreichend bestimmt, sondern mehrdeutig und unklar sei. Unklar sei insbesondere, was die Antragstellerin mit der Software der ehemaligen Fa. D verstehe, die Programme in der Version vom August 1980 oder die aus der ehemaligen D-Software weiterentwickelten Programme in ihrer heutigen Form. Schließlich sei auch die dem Antragsgegner angelastete konkrete Verletzungshandlung nicht so klar und ausreichend beschrieben und eindeutig abgegrenzt, daß jede Unklarheit vermieden sei. Es sei nicht zu erkennen, welche Programme der Antragsgegner in welcher Form vertreiben oder nicht vertreiben dürfe.

Der Antragsgegner hält zudem den Verfügungsantrag aus allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten für unbegründet:

a) Dem Antrag fehle die Schlüssigkeit, weil der Verfügungsgrund nicht substanziiert dargelegt sei. Die pauschale Behauptung der Identität der von ihm vertriebenen Programme mit den früheren Programmen der D-Software reiche nicht aus. Vielmehr hätten die Vergleichsprogramme genau spezifiziert und identifiziert werden müssen, wobei zudem hätte angegeben werden müssen, in welchen einzelnen Merkmalen die Identität gegeben sei. Die fehlende Schlüssigkeit ergebe sich auch aus den widersprüchlichen Ausführungen der Antragstellerin, die nicht erkennen ließen, mit welcher Software die jetzt vom Antragsgegner vertriebene Software identisch sein solle . . .

b) Die für das System N.N. vertriebene Software sei weder mit der früheren D-Software vom Stand August 1980 noch mit der heutigen Version der von der Antragstellerin vertriebenen Software identisch. Identität bedeute Übereinstimmung in jedem Punkt. Die vorgelegten Programmausdrucke ließen sehr deutliche Unterscheidungen aus der Aufgabenstellung sowie aus dem Umstand, daß die Programme anhand der gleichen Literaturquellen erarbeitet wurden.

c) Im übrigen könne jeder solche Programme erstellen und vertreiben.

d) Schließlich sei der Vermarktungsverzicht nach Kartellrecht unwirksam. Zwischen den Parteien bestehe kein Austauschverhältnis. Einziger und erklärter Zweck der Verzichterklärung sei gewesen, ihn - dem Antragsgegner - als potentiellen oder wirklichen Wettbewerber auszuschalten . . .

Entscheidungsgründe

I. Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung ist zulässig.

1. Der Rechtsstreit mußte auch nicht nach ° 96 Abs. 2 GWB ausgesetzt werden.

a) Dabei kann dahingestellt bleiben ob im Verfahren über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung eine Aussetzung nach ° 96 Abs. 2 GWB überhaupt in Frage kommen kann (vgl. Wildlanger, WuW 1960, 685 ff.), da jedenfalls im vorliegenden Fall die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht gegeben sind.

Eine Aussetzung nach ° 96 Abs. 2 GWB hat im Verfahren der einstweiligen Verfügung jedenfalls dann nicht zu erfolgen, wenn ein kartellrechtlicher Einwand des Antrraggegners auch ohne besondere Kenntnisse auf dem Gebiet des Kartellrechts als erkennbar unbegründet beurteilt werden kann. Jede weitergehende Auslegung des ° 96 Abs. 2 GWB würde es dem Antraggegner ermöglichen, den Rechtsschutz des Antragstellers durch einen beliebigen Kartellrechtseinwand zu umgehen.

Wenn schon im normalen Verfahren der Grundsatz gilt, daß eine Aussetzung nicht in Betracht kommt wenn das Gericht jeden Zweifel an der richtigen Beantwortung der. Kartellrechtsfrage für ausgeschlossen hält (vgl. BGH WuW/E BGH 322 Schokolade; WuW/E BGH 1384 Abschleppunternehmen), muß die Schwelle im Verfahren der einstweiligen Verfügung noch niedriger angesetzt werden. Hier muß es ausreichen, wenn das Gericht keine ernstlichen Zweifel daran hat, daß der kartellrechtliche Einwand des Antraggegners unbegründet ist.

b) Im vorliegenden Fall handelt es sich um die Übertragung von Software (Computerprogrammen), wobei der Antragsgegner meint, die zugesagte Ausschließlichkeit verstoße gegen das GWB. Dieser Einwand ist offensichtlich unbegründet.

Die Veräußerung von Software ist der Veräußerung sonstiger Ware gleichzustellen, soweit es um die Frage geht, ob das Geschäft Austauschcharakter hat (° 18 GWB); dabei ist es ebenso wie im sonstigen Handel möglich, dem Erwerber die ausschließliche Nutzung der gekauften Ware zu übertragen . Software ist zwar das Ergebnis einer geistigen Leistung, bei der im Gegensatz zu normaler Ware nicht die körperliche Beschaffenheit von Interesse ist, doch ändert dies nichts an ihrer Übertragbarkeit, auch nicht an der ausschließlichen Übertragbarkeit.

Derartige Verträge können zwar unter das GWD fallen, wie sich aus °° 20, 21 GWB ergibt, aber nur dann, wenn dem Erwerber unzulässige Beschränkungen auferlegt werden. Der offenkundige Sinn der °° 20, 21 GWB ergibt, daß die Übertragung von Software zur ausschließlichen Nutzung nicht unter das GWB fallen kann.

Anmerkung:

Weil nämlich der Veräußerer belastet wird.

2. Der gestellte Antrag ist auch hinreichend bestimmt. Er ist eindeutig gerichtet auf bestimmte Programme der ehemaligen Firma D.

a) Durch die Angabe der Aufgabenstellung wird hinreiche welche Programme unter das Verbot fallen. Eine genauere Angabe ist der Antragstellerin nicht zuzumuten, da die Bezeichnungen de (z.B. ABC) beliebig veränderbar sind, so daß die genaue Angabe von näheren Bezeichnungen der Antragstellerin keinen hinreichenden Schutz gewähren würde, abgesehen davon, das die Antragstellerin möglicherweise gar nicht alle Typenbezeichnungen kennt.

b) Der Antrag bezieht sich zudem eindeutig auf den Bestand der Software der früheren Firma D, das heißt, auf deren Bestand im Zeitpunkt der Beendigung ihrer Geschäftstätigkeit, ohne Rücksicht darauf, wem zu diesem Zeitpunkt die Rechte an der Software zustanden. Letzteres ist erst bei der Frage der Begründetheit des Antrags von Bedeutung.

c) Für die Zulässigkeit des Antrages ist es auch ohne Bedeutung, ob die genannten Programme später so verändert worden sind, daß sie nicht mehr unter den Tenor des Antrags fallen. Auch dies ist eine Frage der Begründetheit und - gegebenfalls - später der Vollstreckung.

Für die Zulässigkeit des Antrags reicht die Glaubhaftmachung aus, daß es sich noch um Software der Firma D handelt. Dabei ist schon jetzt darauf hingewiesen, daß absolute Identität nicht erforderlich ist.

Es liegt im Wesen der Software, daß ständig kleinere oder größere Korrekturen angebracht werden ohne daß es sich dann schon um ein "anderes" Programm handelt. Solange die Veränderungen, die in der ursprünglichen Software verkörperte geistige Leistung im Wesentlichen unverändert lassen, ist es gleichwohl noch die "gleiche" Software. Wann diese Grenze überschritten ist, ist auch eine technische Frage, die im vorliegenden Erkenntnisverfahren nicht abschließend geprüft werden muß.

Die Beurteilung an Hand der Quellenprogramme wird sich dabei nicht nur nach der Quantität der Änderungen richten können. Soweit Algorithmen einfach durch andere Algorithmen mit gleicher Funktion ausgetauscht worden, wird man von einem "neuen" Programm erst bei einer viel höheren prozentualen Veränderung sprechen können als bei der Einfügung funktionell anderer Algorithmen, die zusätzliche Programmgestaltungen ermöglichen. Weiterhin kann von Bedeutung sein, ob durch die Vereinfachung von Schleifen die Rechenoperation vereinfacht und damit die Rechenzeit verkürzt wird. Dabei wird vor der Beauftragung des Sachverständigen derjenige, der die Neuheit des Programms behauptet zunächst detailliert angeben müssen welche Änderungen er mit welchem Ziel vorgenommen hat. Aufgabe des Sachverständigen wird es dann sein das quantitative und qualitative Verhältnis der Änderungen zu dem ursprünglichen Programm zu erläutern.

3. Durch den Antrag ist auch die konkrete Verletzungsform hinreichend bestimmt. Verboten werden soll der Vertrieb und die Überlassung an Dritte hinsichtlich der Software. Die Erwähnung der Firma S ist erkennbar beispielhaft gemeint und beruht ersichtlich auf der Kooperation des Antraggegners mit dieser Firma. Gleichwohl brauchte der Antrag nicht auf diese Firma beschränkt zu werden, da nach den im Wettbewerbsrecht entwickelten Grundsätzen zur Wiederholungsgefahr das Verbot auch auf andere Firmen ausgedehnt werden kann, weil die Antragstellerin ein berechtigtes Interesse daran hat, daß der Antragsgegner die Verletzungshandlungen nicht mit einer anderen Firma fortgesetzt, wenn sie ihm nur hinsichtlich der Firma S verboten werden.

II. 1. Es ist auch hinreichend glaubhaft gemacht, daß der Antragsgegner D-Software vermarktet . . .

Es kommt nämlich für die Entscheidung dieses Rechtsstreits nicht darauf an, ob völlige Identität der Programme besteht. Der Antragsgegner bestreitet nämlich gar nicht, daß die jetzigen Programme auf den Programmen der Firma D beruhen, sondern behauptet nur Veränderungen. Da der Antragsgegner als einziger weiß, welche Veränderungen an den Programmen vorgenommen wurden, trifft ihn nach allgemeinen prozessualen Grundsätzen die Darlegungslast, daß es sich um wesentliche Veränderungen und infolgedessen um ein neues Programm handelt. Hierfür fehlt aber jeglicher Vortrag, weshalb im Rahmen des Eilverfahrens davon auszugehen ist, daß der Antragsgegner nur unwesentlich veränderte Ausgestaltungen der alten Programme vermarktet.

2. Soweit der Antragsgegner vorträgt, jeder könne solche Programme erstellen und vertreiben, ist zu unterscheiden zwischen diesen und solchen Programmen. In der Tat kann niemand gehindert werden, ein gleichartiges Programm zu erarbeiten und zu vertreiben, jedenfalls dann nicht, wenn er es unabhängig von dem bereits vorhandenen Programm eines anderen erarbeitet. Wann das Gebrauchmachen von der geistigen Vorarbeit, die in einem bereits vorhandenen Programm verkörpert ist, gegen gewerbliche Schutzrechte verstößt, muß allerdings jeweils geprüft werden.

Im vorliegenden Fall steht allerdings schon ohne diese Prüfung fest, daß dem Antragsgegner die Vermarktung der Programme der D vertraglich untersagt ist.

3. Soweit sich der Antragsgegner auf den fehlenden Urheberrechtschutz der Programme beruft, kann der Auffassung des LG Mannheim (BB 1981, 1543 ff. mit weiteren Nachweisen) in dieser Frage nicht gefolgt werden. Eine Urheberrechtsfähigkeit für Computerprogramme ist generell anzuerkennen. Derartige Programme können persönliche geistige Schöpfungen im Sinn des ° 2 Abs. UrhG und nicht nur das Produkt reiner Fleißarbeit sein. Hier darf die Frage, ob es "generell" eine Urheberschutzfähigkeit für Computerprogramme gibt, nicht mit der - unzutreffenden - Behauptung verwechselt werden, alle Programme seien a priori durch das UrhG geschützt. Es muß vielmehr in jedem Einzelfall geprüft werden, ob das konkrete Programm schutzwürdig ist, wie dies ja auch bei allen anderen geschützten Werken (etwa der Literatur und der Musik) geschieht. Zur Versagung des Schutzes reicht dabei nicht aus, daß das zu beurteilende Programm auch ein durchschnittlicher Programmierer erarbeiten kann, denn niemand denkt daran, einem Schriftsteller oder Musiker den Urheberschutz zu versagen, wenn er nur durchschnittlich ist.

Soweit Zahrnt (BB 1981, S 1545) meint, die Aneinanderreihung von Zeilen beruhe nicht auf irgendeinem persönlichen Gestaltungswillen, sondern auf organisatorischen Grundsätzen und der (einer) Konstruktionslehre für die Erstellung von Software (software engineering), wird die Problemstellung verkannt. Ein Werk der Dichtkunst liegt ja auch nur dann vor, wenn dabei die Regeln der Grammatik eingehalten werden. Entscheidend kann nur sein, ob die Anwendung des software engineering bezogen auf die Problemstellung eine eigene geistig-schöpferische Arbeit notwendiger macht. Sicher wird es Programme einfachster Art geben, denen der Urheberrechtschutz zu versagen ist, doch kann dies für eigenständig entwickelte Programme ebensowenig gelten wie für deren Dokumentation (worauf Zahrnt zutreffend hinweist).

Abgesehen davon, daß die Ästhetik des Programms nicht das maßgebliche Kriterium sein kann, erscheint es durchaus möglich, daß ein Fachmann ein Computerprogramm als ästhetisch empfindet. Auch bei der Beurteilung von Literatur wird ja auf einen auf diesem Gebiet Gebildetem abgestellt.

Ein Computerprogramm ist auch etwas grundlegend anderes als eine mathematische Formell selbst wenn ein Laie auf diesem Gebiet auf den ersten Blick zu der irrigen Meinung kommen könnte, es handle sich um Vergleichbares. Daß das Programm in einer sogenannten Programmiersprache geschrieben wird (jedenfalls nach dem derzeitigen Stand der Programmiertechnik), ist unerheblich weil der Schutz des Urhebergesetzes nicht an die Verwendung der Schriftsprache gebunden ist. Auch die Verwendung bereits bekannter Symbole der Programmiersprache steht dem Urheberschutz nicht entgegen, denn niemand käme auf den Gedanken das Wanderers Nachtlied nicht schutzfähig sei, weil darin nur die bereits bekannten Buchstaben des deutschen Alphabets verwendet worden seien, oder daß das Weihnachtsoratorium kein Kunstwerk sei, weil sich Bach nur der bereits bekannten Noten bedient habe.

Anmerkung

1. Unbefriedigend ist die - sehr kurze - Aussage, daß Verträge über Vermarktungslizenzen unter °° 20, 21 GWB fallen können. Die °° 20, 21 befassen sich mit Lizenzverträgen über Patente etc. beziehungsweise über gesetzlich nicht geschützte Erfindungsleistungen, Fabrikationsverfahren, Konstruktionen, sonstige die Technik bereichernde Leistungen etc. Sie behandeln Verträge über solche Leistungen anders, als es die °° 15 - 18 GWB bezüglich Waren oder gewerblichen Leistungen tun. Der Lizenzvertrag kann also nur unter die °° 15 ff. GWB oder die °° 20 f. GWB fallen.

Ein Vorteil der Anwendung der °° 20 f. GWB läge z.B. darin, daß dem Lizenzgeber hier gedanklich als bei ° 15 ff. GWB nicht grundsätzlich verboten ist, den Lizenznehmer dazu zu verpflichten, gegenüber dem Endkunden einen bestimmten Preis für die Programmüberlassung zu verlangen.

2. Äußerst begrüßenswert sind die Ausführungen des LG zur Frage der Formulierung des Unterlassungsantrags. Nur so kann praktikabel gegen die Verletzung von Nutzungsrechten an Software vorgegangen werden.

Ebenso begrüßenswert sind die Ausführungen unter I.3 c), die sich zugleich auf die Begründetheit beziehen. Jetzt ist es "amtlich", daß die Auffassung in EDV-Kreisen falsch ist, daß ein anderes Programm vorliege, wenn auch nur drei Zeiten geändert worden seien. Das LG betont das allein sinnvolle Ergebnis, daß nicht der Urheber praktisch vollständige Identität nachweisen muß, sondern der angebliche Neuschöpfer die Neuheit des Programms substantiieren muß.

3. Was die Urheberrechtsfähigkeit von Programmen anbelangt, so habe ich die zweifelhafte Ehre, als einziger Skeptiker zitiert zu werden. Ich räume ein, daß meine Anmerkung zum Urteil des LG Mannheim im Betriebsberater 1981, 1545 etwas generell ist. Es dürfte allerdings richtig sein, daß das Softwareengineering erst einmal dem entgegenwirkt, daß die persönliche Handschrift des Programmierers aus dem Programm herauszulesen ist. Softwareengineering mag die Gestaltungsfähigkeit desjenigen, der das Programm entwirft, fördern. Es bedarf aber noch einer gründlichen Auseinandersetzung, ob nur organisatorische Leistung fördert, oder ob auch die persönliche Handschrift ermöglicht.

Der Vorwurf des LG, ich hätte die Problemstellung verkannt, weil ja auch bei einem Werk der Dichtkunst die Regeln der Grammatik eingehalten werden könne, kann nur wortwörtlich als Kritik zurückgegeben werden: Jede Programmiersprache befolgt wie auch jede natürliche Sprache eine Grammatik. Softwareengineering ist damit zu vergleichen, daß nur noch bestimmte Formen von Sätzen zulässig sind (vgl. Element, Folge, Auswahl, Wiederholung beim strukturierten Programmieren). Softwareengineering beschrankt sich dabei nicht auf die Ebene des Kodierens, also des Sätzeschreibens, sondern kann schon die Definition der Aufgabenstellung, erst recht aber das Realisierungskonzept entscheident determinieren. Die Auswahl kann allein aus der Realisierungsvarianten Zweckmäßigkeitsgründen erfolgen.