Einweisung auch bei PC-Programmen geschuldet

Urteile aus der Vertragspraxis

08.05.1987

Rechtsanwalt in Neckargemünd

Der Anwender braucht Einweisung. Also wird sie vom Lieferanten geschuldet. Das gilt auch bei Paketen wie "Symphony", die von einem Händler verkauft werden.

Das OLG Stuttgart hatte es mit dem Fall zu tun, daß ein Unternehmensberater bei einem Händler einen Mikrocomputer zu zirka 20 000 Mark netto samt Programmpaket "Symphony" und einem Finanzbuchhaltungsprogramm kaufte. Der Unternehmensberater beanstandete verschiedene Mängel, insbesondere aber verlangte er Einweisung in die Nutzung von Symphony. Der Händler lehnte das vor allem deswegen ab, weil er das Programm nur "gefälligkeitshalber" besorgt und geliefert habe. Der Unternehmensberater trat daraufhin vom Vertrag zurück. Der Händler klagte den Kaufpreis ein. Im Urteil vom 23. Juni 1986 (2 U 252/85) wies das OLG Stuttgart die Klage ab.

Entscheidungsgründe

Das OLG begründet die Entscheidung damit, daß der Kläger die Pflicht zur ordnungsgemäßen Einarbeitung und Einweisung in die erworbene Anlage nebst Software verletzt habe: "Wird eine solche Nebenpflicht schuldhaft verletzt und ist dem anderen Vertragsteil das Festhalten am Vertrag nicht mehr zuzumuten, dann steht diesem ein Rücktrittsrecht zu (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, vgl. NJW 1978, 260 mit weiteren Nachweisen).

Nach der sogenannten Leistungstreuepflicht haben die Parteien alles zu unterlassen, was den Vertragszweck oder den Leistungserfolg beeinträchtigen oder gefährden könnte, insbesondere hat der Schuldner positiv alles zu tun, um den Leistungserfolg vorzubereiten, herbeizuführen und zu sichern (BGH aaO sowie NJW 1983, 998). Was im einzelnen als Verstoß gegen die Leistungstreuepflicht anzusehen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab, wobei strenge Anforderungen an die Leistungstreuepflicht des Schuldners dann zu stellen sind, wenn es sich nicht um einen alltäglichen Kauf (BGH aaO), sondern wie hier um den Kauf einer mehr als 20 000 Mark teuren Computer-Anlage nebst Software durch einen EDV-Laien handelt.

Zu den Lieferanten von Hard- und Software gegenüber seinen Kunden treffenden Pflichten gehört die Einweisung und Einarbeitung in die Anlage und in ihre Funktionen sowie in die für die Anlage gelieferte Software. Ohne eine derartige Einweisung und Einarbeitung ist ein Kunde, wenn er - wie recht häufig - über das erforderliche EDV-Know-how nicht verfügt, nicht in der Lage, die erworbene Anlage überhaupt zu nutzen. Erforderlich ist jedenfalls, daß der Käufer in die Funktionsweise der Anlage im Zusammenspiel mit der Software eingewiesen, in der Bedienung ihrer Elemente unterrichtet und ihm die Möglichkeit ihrer Nutzung vor Augen geführt wird, und zwar so, daß er dann anhand von Benutzerhandbüchern und -anleitungen in die Lage versetzt wird, die Anlage nebst erworbener Anwenderprogramme zu bedienen.

Notfalls ist - zumindest in der Anfangsphase - die Einarbeitung und Einweisung zu wiederholen, fortzuführen und zu vertiefen, wenn bei der Benutzung der EDV-Anlage nebst verkaufter Anwenderprogramme Schwierigkeiten und Unklarheiten auftreten sowie die Erteilung weiterer Erläuterungen in den Details erforderlich werden sollte. Nur so kann der Veräußerer eines Computers mit Anwender-Software den vertraglichen Leistungserfolg herbeiführen und sichern.

Eine derartige Einweisung und Einarbeitung durch die Verkäuferin ist - jedenfalls im Regelfall - bei EDV-Anlagen in der Größenordnung, wie sie an den Beklagten veräußert worden ist, sowie bei der hier mitverkauften Software im Verkehr allgemein üblich. So ist die Klägerin, soweit es um die Einweisung und Einarbeitung in das rnitveräußerte und gelieferte Finanzbuchhaltungsprogramm ging, unstreitig insoweit ihren Pflichten durch ihren Mitarbeiter K1 in ausreichendem Maße nachgekommen. Auch der Sachverständige hat die durch den Zeugen K1 für das Finanzbuchhaltungsprogramm durchgeführte Einarbeitung und Einweisung auf der gelieferten Hardware als im Verkehr üblich bestätigt.

Die Klägerin ist ihrer Einweisungs- und Einarbeitungspflicht hinsichtlich des mitveräußerten und gelieferten Programms "Symphony" schuldhaft und in grober Weise nicht nachgekommen. Nach der Aussage des Zeugen K2, Mitarbeiter der Klägerin, hat er eine Einweisung und Einarbeitung des Beklagten in dieses Programm auf dem O-Computer nicht durchgeführt, und zwar weil er hierzu fachlich nicht in der Lage gewesen ist. Unerheblich ist, zu welchem Zeitpunkt das Programm 'Symphony' bestellt worden ist."

Datenverarbeiter mögen sich über die Entscheidung entrüsten, daß die Vergütung für das Programm gar nicht die Kosten für ordnungsgemäße Schulung abdecke, geschweige denn, daß die Handelsspanne das täte. Bei Programmen für Mikrocomputer könne man keine Einweisung verlangen.

Argumentationen dieser Art sind häufig, die das Problem von der Vergütung her aufziehen. Der Jurist zieht das Problem typischerweise von der Frage her auf, welche Leistung der Anwender brauche. Die Höhe der Vergütung kann dann ein Anhaltspunkt für den Umfang der Leistung sein. Erst einmal geht es aber um die Frage, welche Leistung erforderlich sei. Insofern ist dem Gericht zuzustimmen, daß die Einweisung erforderlich ist. Will der Händler sie nicht erbringen, muß er den Kunden darüber aufklären.

Eine andere Frage ist die, ob der Lieferant für die Einweisung eine gesonderte Vergütung verlangen kann. Es gibt Urteile, die mangels besonderer Vereinbarung die Einweisung bei Programmen in der Größenordnung von 6000 Mark für durch die Überlassungsvergütung abgegolten angesehen haben. Ob das auch für Mikrocomputer-Programme angenommen werden kann, ist fraglich.

Der Lieferant kann dem Problem auf jeden Fall dadurch entgehen, daß er vereinbart, daß solche Lieferungen wie Einarbeitung oder Installationen gesondert zu vergüten sind.