Updates kommen über Nacht

26.04.2005
Von Denise Özdemir
Mit einer professionellen Lösung verteilt die Leipziger Sparkasse neue Software-Updates in ihre 91 Zweig-stellen. Auch die Installation der Kassenlösung "JCash" auf 800 Zielsystemen glückte damit in vier Wochen.

Die Sparkasse Leipzig ist in Sachsen nicht irgendwer. In Ostdeutschland die Nummer drei, zählt sie mit einer Bilanzsumme von rund 8,1 Milliarden Euro zu den 20 größten unter den 489 Sparkassen in Deutschland. Um ihre Stellung zu verteidigen und auszubauen, muss sie im wettbewerbsintensiven Retail-Geschäft schnell sein. Bietet das Kreditinstitut seinen Kunden etwa neue Produkte zur Baufinanzierung, Altersvorsorge oder Vermögensbildung, dann brauchen die Finanzberater in den 91 Filialen schnellstmöglich entsprechend angepasste Software und die aktuellsten Daten.

Dass Zeit ein knappes Gut ist, merkten die DV-Betreuer des Bankhauses immer dann, wenn ein Software-Update oder ein Wechsel des Betriebssystems anstand. Die Aktualisierung der zentralen Schalter- und Kassenanwendung, der Vorgängerversion von JCash, brachte das IT-Team oft genug ins Schwitzen. Dann war "Stress angesagt", erinnert sich Dietmar Taubert, Abteilungsdirektor Organisation bei der Sparkasse Leipzig.

Aufwändige Installation

Nur die Hauptstelle in Leipzig mit ihren 600 Mitarbeitern verfügte über ein System zur Softwareverteilung. Dabei handelte es sich jedoch um eine Insellösung, für die Filialen in der Stadt und die im Landkreis verstreuten Zweigstellen mussten die IT-Experten jeweils "aufwändige Installationsskripte schreiben", erinnert sich Witold Malberg, Chef der Malberg-EDV-Systemberatung. Sie betreut seit 1996 die Sparkassen-IT auf dem kurzen Dienstweg: Die Firma hat ihren Sitz im Haus des Finanzinstituts.

Wo die Programme nicht weiterhalfen, fuhren die Administratoren mit den passenden Datenträgern im Gepäck zu den jeweiligen Filialen. Turnschuhverteilung nennt der Experte diese Methode des althergebrachten Rollouts. Ein zeitraubender Weg: Weil das Geschäftsgebiet der Sparkasse über 3000 Quadratkilometer groß ist, waren die Techniker ständig auf Achse. Ein Update oder Release-Wechsel bedeutete ein Projekt mit vielen Beteiligten und einem Vorlauf von wenigstens zwei bis drei Monaten. Nur: So lange konnten die Finanzberater nicht warten.

Die Sparkasse Leipzig suchte daher nach einer Lösung zur Beschleunigung der Softwareverteilung. "Wir wollten die Geschwindigkeit, aber auch die Zuverlässigkeit der Distribution erhöhen", erklärt Malberg. Das künftige technische Rückgrat im Retail-Geschäft des Finanzdienstleisters - JCash - sollte auch bei Änderungen "den Beratern zeitnah zur Verfügung stehen". Mit der Kassenlösung verwaltet das Kreditinstitut sämtliche Kunden- und Kontodaten sowie seine Finanzprodukte - von Sparbüchern bis hin zu Pfandbriefen.

JCash ist eine Standardanwendung der Finanz-IT in Hannover, die sie künftig in allen von ihr verwalteten Bankhäusern einsetzen will. Mit 180 betreuten Sparkassen, 2600 Mitarbeitern und einem Umsatz von zuletzt 715 Millionen Euro ist sie der größte IT-Dienstleister für Sparkassen und Landesbanken sowie Outsourcing-Partner der Sparkasse Leipzig. Die Sachsen hatten 1999 ihre 24 Mann starke DV-Abteilung aufgelöst und ihre gesamte Informationstechnik der Finanz-IT übergeben, die mit Systemhäusern vor Ort kooperiert.

Für den Rollout von JCash wurden die Leipziger bei der Asdis Software AG aus Berlin fündig. Mit diesem Hersteller macht auch die Finanz-IT täglich gute Erfahrungen: Sämtliche Selbstbedienungssysteme (Kontoauszugsdrucker, Geldautomaten) aller von ihr betreuten 180 Geldinstitute werden beispielsweise mit "Asdis Enterprise Management" aktualisiert und bei Systemfehlern wieder startklar gemacht.

Dokumentierung inklusive

Auch die für Finanzdienstleister wichtigen Sicherheitsanforderungen erfüllt der Anbieter: Die Lösung bietet revisionsgerechte Dokumentation aller Änderungen, Inventarisierung von Lizenzen und die sichere Fernwartung gestörter Rechner: "Wir wussten daher, welche Qualität wir einkaufen", so Malberg.

Anfang November 2004 fiel die Entscheidung für die Berliner Softwareschmiede. Und dann ging?s rasend schnell. Nach einem einwöchigen Einführungsseminar für das IT-Team in Asdis Enterprise Management folgte am 15. November die Implementierung von 100 Depot-Servern (IBM-Server E-Series mit der Open-Source-Plattform Linux) in der Hauptstelle und den 90 Filialen. Linux bietet mehrere Vorteile, darunter einfache Festplattenverwaltung und geringe Softwarekosten. Über das Wide Area Network (WAN) der Sparkasse wurden anschließend Images für die Softwareinstallation auf diesen Servern abgelegt.

Am 22. November erfolgte das Überspielen der für Immobilien- oder Kreditfachleute individuell geschnürten Parameter auf die Depot-Server. Am 30. November bereiteten sich die IT-Experten auf die Generalprobe vor: Per E-Mail baten sie die Mitarbeiter einer Geschäftsstelle, ihre PCs über Nacht nicht auszuschalten. In der Nacht zum 1. Dezember wurden die Zielrechner in der ersten Filiale mit Windows XP als Betriebssystem vollautomatisiert mit JCash versorgt.

Am Morgen des 1. Dezember arbeiten die ersten Mitarbeiter mit der Lösung, anschließend erfolgt eine zweitägige Testphase. Die Kassensoftware funktioniert fehlerlos. Daraufhin wiederholt sich diese Prozedur am 3. Dezember bei zwei weiteren Zweigstellen, auch hier läuft JCash einwandfrei. Ab dem 6. Dezember steigern die Spezialisten das Tempo, zunächst versorgen sie sechs bis acht Geschäftsstellen, schließlich 30 bis 35 pro Nacht mit neuer Software. Am 13. Dezember erreichen die übers WAN geschickten Daten ein Volumen von insgesamt 25 Gigabyte. Am 15. Dezember schließlich freut sich die Sparkasse über eine vorweihnachtliche Bescherung: Alle Filialen arbeiten mit JCash.

Rollout ohne Stress

Die Lösung erfüllte die Erwartungen des Kreditinstituts. Dazu trug vor allem die gute Vorbereitung bei. "Dann ist der Rest ein Selbstläufer", ergänzt der Chef des Systemhauses. Denn JCash muss vorab auf die jeweiligen Anwender in den Servicebereichen, auf die Kassierer mit Tresorzugang und auf die Berater in den fünf Immobiliencentern zugeschnitten werden. Dafür schnürten die Programmierer generische Pakete (Paketierung) mit Parametrisierung. Sie mussten dabei auch die jeweilige Hardwarekonfiguration von Kontoauszugs- und Sparkassenbuchdruckern sowie die unterschiedlichen Kassentresormodelle für die Kassierer berücksichtigen.

Inzwischen bewährt sich die System-Management-Lösung bei der Sparkasse Leipzig fast täglich beim Einspielen von Sicherheits-Patches für Windows und den Internet Explorer. Fallen Rechner in den Zweigstel- len aus, müssen keine Techniker hastig in Autos springen, losrasen und etliche Kilometer fah- ren (die Nord-Süd-Ausdehnung des Geschäftsgebiets beträgt 120 Kilometer). Stattdessen übernehmen die Depot-Server in den Filialen diesen Job. Sie dienen als eine Art Tankstelle, wo die individuell geschnürten Anwendungspakete hinterlegt sind.

Somit können die Administratoren bei Systemabstürzen Software auch in der entlegensten Niederlassung bequem installieren, zentral über Asdis. Der Erfolg entspannt: Kommenden Updates für JCash - sechs bis acht Aktualisierungen pro Jahr fallen an - sehen Malberg und Taubert gelassen entgegen. "Das schaffen wir heute mit zwei Mann", sagt Malberg - ein- em Drittel der früheren Besetzung. (ave)