makeITfair

Unwürdige Bedingungen in der Elektronik-Branche

12.03.2009
Von pte pte
Das NGO-Netzwerk makeITfair prangert die Arbeitsbedingungen bei chinesischen Zulieferern namhafter Hersteller von Unterhaltungselektronik wie Apple, Microsoft, Sony, Motorola und Philips an.

Das von der EU gestützte NGO-Netzwerk makeITfair prangert menschenunwürdige Arbeitsbedingungen bei Zulieferern namhafter Hersteller von Unterhaltungselektronik an. Branchenriesen wie Apple, Microsoft, Sony, Motorola oder Philips sollen bei der Produktion von Geräten wie Spielkonsolen, MP3-Playern oder mobilen Medienplayern zu wenig auf die Arbeitsrechte bei chinesischen Zuliefer-Firmen achten. "Bei den Unternehmen wurde eine ganze Latte an eklatanten Problemen festgestellt", erklärt Cornelia Heydenreich, Referentin für Unternehmensverantwortung bei Germanwatch und makeITfair-Deutschland-Koordinatorin, im Gespräch mit pressetext. Der Arbeitsrechtskampagne zufolge sollen sie gegen nationale Gesetze, Konventionen der internationalen Arbeitsorganisation und selbst konzerneigene Verhaltenskodizes verstoßen. Ein Kaufboykott stelle jedoch keinen Lösungsansatz dar.

"Ein wesentliches Problem ist die hohe Zahl an Überstunden, die die Arbeiter leisten müssen. Teilweise übersteigt diese mehr als das Doppelte als vom chinesischen Arbeitsrecht erlaubt", verdeutlicht Heydenreich die Missstände. Gleichzeitig würden die Angestellten in einem ungesunden Umfeld und bei Niedriglöhnen arbeiten, die die Lebenshaltungskosten kaum decken. Nach Arbeitsfehlern führen die Zulieferer zusätzliche Lohnabzüge durch. "Bei zwölf Stunden Arbeit am Stück sind Fehler jedoch verständlich", meint Heydenreich.

Darüber hinaus seien verschiedene Praktiken bei der Einstellung der Arbeiter diskriminierend und unwürdig. So müssten sie etwa Gesundheitstests und Blutuntersuchungen nach Krankheiten wie Hepatitis B durchführen und selbst dafür aufkommen. "Bei Arbeitnehmern mit freien Verträgen sind die Bedingungen noch schlechter", erläutert die Expertin. Die Mitarbeiter seien sich ihrer Rechte häufig nicht bewusst und wüssten über die Existenz von Gewerkschaften nicht ausreichend Bescheid.

"Wir versuchen, die Konzerne durch Öffentlichkeitsarbeit über unsere Erkenntnisse unter Druck zu setzen, sich an Gesetze sowie an die eigenen Verhaltenskodizes zu halten und mehr Verantwortung zu übernehmen. Die Einkaufspraktiken in den Konzernstrukturen müssen deutlich verbessert werden", fordert Heydenreich gegenüber pressetext. Die Unternehmen erhielten im Vorfeld die Möglichkeit, zu den Vorwürfen der makeITfair-Kampagne Stellung zu nehmen. Teilweise hätten sie mit Ablehnung, teilweise hingegen mit Versprechen nach Besserung reagiert.

"Verbesserungen sind jedoch bestimmt nicht von heute auf morgen möglich. Für die Arbeitnehmer sind Gewerkschaften und ausreichende Informationen über ihre Rechte besonders wichtig", so Heydenreich. Wie bei Zulieferern von Handykonzernen, bei denen makeITfair ähnliche Missstände aufzeigte, würden in den meisten Fällen jungen Frauen ihre Grundrechte vorenthalten.

Schätzungen zufolge werden rund 30 bis 40 Prozent der weltweit vertriebenen MP3-Player in China produziert. Zudem hat der Markt für Unterhaltungselektronik und insbesondere Spielkonsolen in den vergangenen Jahren einen Boom erlebt. "Ein Kaufboykott dieser Produkte bietet keine sinnvolle Lösung des Problems. Schließlich sind die betroffenen Arbeiter darauf angewiesen, dass ihre Arbeitsplätze erhalten bleiben", betont Heydenreich. Stattdessen müssten die Konzerne dafür Sorge tragen, dass ihre Zulieferer künftig faire Arbeitsbedingungen bieten. (pte)