Sybase will Schnittstellen zu Produkten des Mitbewerbs forcieren

Unternehmensweite DV erfordert Kooperation mit der Konkurrenz

25.01.1991

SAN FRANCISCO (CW) - Unter dem Motto "Building the Online-Enterprise" stand die zweite Anwendertagung der Sybase Inc., Emeryville/Kalifornien. Getreu dieser Lösung bekannte sich das kalifornische Software-Unternehmen zu einer Strategie, die auf Kooperation mit anderen Herstellern abzielt.

Unternehmensweite Datenverarbeitung erfordert nicht nur die Integration heterogener Rechner- und Netzumgebungen, sondern vor allem auch den wechselseitigen Zugriff auf unterschiedliche Datenbanksysteme und Anwendungssoftware. "Niemand kann es sich leisten, all diese Software allein zu entwickeln. Wir müssen den Zugriff zu den Teilen erlauben, die andere Leute besser machen", begründet Robert Epstein, Executive Vice-President und Mitbegründer der Sybase Inc., die Maxime seiner Geschäftspolitik.

Innerhalb der kommenden fünf Jahre werde das Unternehmen vor allem in die Software-Architektur und die "Application Programming Interfaces" (API) investieren. Mit Hilfe dieser Schnittstellen könne der Anwender die Produkte anderer Hersteller - einschließlich fremder Datenbank-Management-Systeme (DBMS) - in eine Sybase-Umgebung einbeziehen. Ein Oracle-Interface ist bereits vorhanden.

Als ein die kommenden Jahre bestimmendes Thema bezeichnete Epstein das Client-Server-Computing. In dieser Hinsicht stecke die System- und Service-Industrie noch in den Kinderschuhen: Um der Kernforderung einer zentralen Kontrolle über dezentrale Umgebungen nachzukommen, arbeitet Sybase an einem sogenannten Client-Server-Repository auf Unix- und VMS-Basis.

Anläßlich der User-Konferenz gab Stewart Schuster, Vice-President of Marketing, auch die vorläufigen Ergebnisse des am 31. Dezember beendeten Geschäftsjahres 1990 bekannt: Nach eigenen Angaben überschritt Sybase im vergangenen Jahr die Umsatzgrenze von 100 Millionen Dollar, was gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung um mehr als 80 Prozent bedeuten. 1989 hatte Sybase 57 Millionen Dollar umgesetzt.

Dieses Wachstum nimmt sich im Vergleich zu Konkurrenzunternehmen wie Oracle und Ingres sicherlich eindrucksvoll aus. Angesichts der Tatsache, daß Sybase erst seit 1987 am Markt operiert, sind solche Gegenüberstellungen allerdings nur bedingt zulässig.

Die Zahl der Sybase-Mitarbeiter stieg etwa proportional zum Umsatz. Derzeit umfaßt die Gehaltsliste des Unternehmens rund 900 Namen, Ende 1989 waren es 558. Im vergangenen Sommer hatte es kurzfristig so ausgesehen, als werde Sybase vom Abwärtstrend der Datenbank-Branche erfaßt: Im August setzte der kalifornische Software-Anbieter 50 Mitarbeiter auf die Straße und verkleinerte so vor allem die Unternehmensbereiche Marketing und Nordamerika-Vertrieb.

Wie Sybase-President Mark Hoffman einräumte, waren die nordamerikanischen Umsätze hinter den Erwartungen zurückgeblieben. "Wir mußten Nordamerika stutzen, um den anderen Abteilungen Raum zum Wachstum zu geben." Überdurchschnittliche Umsatzsteigerungen hätten das internationale Geschäft sowie der Anfang vergangenen Jahres akquirierte Service-Anbieter SQL Solutions verzeichnen können.

Für die nächsten Jahre plant das Sybase-Management laut Hoffman ein "aggressives, aber vorsichtiges Wachstum", worunter er eine jährliche Umsatzsteigerung von 50 Prozent verstehe. Das Personalwachstum werde etwas geringer ausfallen.

Angesichts der oft beschworenen Sättigung des DBMS-Marktes sowie der IBM-Ankündigung eines relationalen Datenbanksystems unter AIX mutet eine solche Prognose eher kühn an. Schuster setzte diesem Einwand gedämpften Optimismus entgegen: "Ich kann damit ruhig schlafen."

Andere leitende Sybase-Mitarbeiter äußerten im Gespräch, daß sie das Argument der Marktsättigung als billige Entschuldigung für schlechtes Management betrachteten. Das geplante IBM-Produkt hingegen könne dem Mitbewerb nur dann gefährlich werden, wenn AIX offiziell als Teil des SAA-Konzeptes bestätigt würde. Im übrigen seien weder Oracle noch Sybase länger als reine DBMS-Hersteller zu begreifen.