"Unser Geschäft bleibt Technologie"

15.02.2005
Marcel Schneider, Geschäftsführer von Sun Microsystems in Deutschland, sprach mit CW-Redakteur Martin Bayer.

CW: Bedeuten Suns jüngste Ankündigungen in Sachen Utility-Computing einen Wechsel der Strategie weg vom Technikanbieter hin zum Dienstleister?

Schneider: Aus unserer Sicht entwickelt sich die IT auf ein Utility-Computing-Modell zu. In der Vergangenheit haben die Kunden ihre Rechenzentren selbst gebaut. Dann sind sie dazu übergegangen, Best-of-Breed-Komponenten zu integrieren, was jedoch zu hohen Integrationskosten geführt hat. Der nächste Schritt war, Referenzarchitekturen, also bereits erprobte Architekturen, einzuführen. Darauf folgte das selektive Outsourcing. Der letzte Evolutionsschritt ist das Utility-Computing. Strategisch richten wir uns eindeutig darauf aus.

CW: Wie stehen Sie zum Thema Outsourcing, mit dem viele Ihrer Wettbewerber serfolgreich sind?

Schneider: Ein Gesamt-Outsourcing nach dem Motto, hier hast du für zehn Jahre meine IT, ist nicht mehr gefragt. Der Trend geht eher in die Richtung, einzelne Teile auszulagern. Unser Geschäft bleibt aber Technologie. Es ist nicht unsere Kernkompetenz, ein ganzes Rechenzentrum zu verwalten und zu betreiben. Das werden wir auch nie tun.

CW: Das gilt auch für das Utility-Modell?

Schneider: Sun will die Architektur dafür bauen und liefern. Das heißt jedoch nicht, dass wir die Grid-Netze und Utility-Datenzentren selbst betreiben werden.

CW: Wer wird das tun?

Schneider: Wir wollen hier mit den großen Dienstleistern wie beispielsweise EDS zusammenarbeiten.

CW: Was sind die Vorteile für den Kunden?

Schneider: Mit dem Konzept des Utility-Computing wollen wir Rechenzentrumskapazität mit einem einfachen Preismodell anbieten. Zum Beispiel CPU-Leistung für einen Dollar pro Stunde.

CW: Wie lässt sich dieser Preis realisieren?

Schneider: Heute liegt die durchschnittliche Auslastung im Rechenzentrum bei etwa 17 Prozent. Dieser Wert lässt sich mit Hilfe des Utility-Computing-Konzepts auf zirka 80 Prozent steigern. Das zugrunde liegende Prinzip entspricht dem Stromnetz. Ressourcen, die man in einer Region benötigt, können aus einem anderen Bereich über ein Grid-Netz bezogen werden.

CW: Aber macht dann nicht der Dienstleister, der das RZ betreibt, das Geschäft?

Schneider: Hewlett-Packard und IBM setzen auf Kundendurchdringung, wollen den Mehrwert durch Dienstleistung schaffen. Dell macht sein Geschäft, indem es auf effiziente Art Standardprodukte in den Markt drückt. Suns Fokus liegt dagegen ganz klar auf der Technik, die in der Gesamtlösung zum Tragen kommt. Deshalb sind wir auf Partner angewiesen.

CW: Sun ist vor rund einem Jahr eine Partnerschaft mit Microsoft eingegangen. Gibt es Schwierigkeiten, auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen?

Schneider: Auf der einen Seite sind wir Partner, auf der anderen Seite harte Wettbewerber. Für diese durchaus übliche Konstellation läuft die Zusammenarbeit hervorragend. Wer gedacht hat, jetzt umarmen sich Sun und Microsoft und alles läuft wie am Schnürchen, hatte vielleicht eine zu hohe Erwartungshaltung.

CW: In der Vergangenheit ist es Sun selten gelungen, Kapital aus seinen Technologien zu schlagen. Wie wollen Sie, wenn Sie am Technikfokus festhalten, die wirtschaftliche Talfahrt stoppen?

Schneider: Wir sprechen hier von einem Weg. Zwar können wir heute schon Utility-Computing anbieten. Trotzdem wird in den kommenden Monaten nicht die gesamte Industrie sofort darauf umschwenken. Das ist ein Prozess.

Viele Kunden werden innerhalb der nächsten zwölf Monate bereits etwas als Utility beziehen, allerdings noch nicht die Business-kritischen Bereiche ihrer IT.

CW: Derzeit machen nach wie vor die Server den Löwenanteil des Sun-Geschäfts aus. Doch dieser Markt wird schwieriger. Was tut Sun, um die Verkäufe wieder anzukurbeln?

Schneider: Sie können bei Dell Server um 20 Prozent günstiger einkaufen. Dafür brauchen Sie aber 50 Administratoren mehr, die Ihre Systeme betreiben. Unsere Philosophie lautet, die Komplexität zu reduzieren. Wenn Sie die Zahl der Administratoren und den Integrationsaufwand für Sun-Architekturen gegenüber Microsoft-Umgebungen betrachten, dann entdecken Sie hier die relevanten Kosteneinsparungen.