E-Mails checken, Nachrichten lesen, ins soziale Netzwerk klicken: Gerade auf der Arbeit lassen wir uns nur allzu gerne ablenken. Christiane Stenger, ihrerzeit jüngste Abiturientin des Landes und jetzt Fernsehmoderatorin bei ZDF Neo, kennt das selbst. In ihrem Buch "Lassen Sie Ihr Gehirn nicht unbeaufsichtigt" hat sie die Ursachen und Probleme analysiert - und Techniken entwickelt, die einem selbst wieder mehr Zeit und Konzentration bringen sollen. Wir haben mit der Autorin über besseres Zeitmanagement, positiven Stress und Multitasking gesprochen.
Frau Stenger, Sie schreiben in Ihrem Buch, der Informationsüberfluss im Internet werfe uns gedanklich zurück. Müssen wir nun alle offline gehen?
Nein, auf gar keinen Fall. Es ist nur wichtig, sich bewusst zu machen, welches Ablenkungspotential das Internet hat.
Wie zum Beispiel?
Beim Schreiben des Buches habe ich mich oft dabei erwischt, dass ich schnell etwas im Internet recherchieren wollte und eine Stunde später den 17. spannenden Artikel gelesen hatte. Das ist zwar interessant, hält aber definitiv von der Arbeit ab.
Aber das Internet braucht man doch auch für die Arbeit.
Klar. Wenn ich mich vom reizvollen Angebot des Internets weder ablenken lasse noch mich gestresst fühle, dann ist es natürlich super. Aber wenn ich merke, dass ich mich nicht mehr so gut konzentrieren kann, dann ist es sinnvoll, mein Verhalten zu überdenken und zu ändern.
Was schlagen Sie vor?
Man sollte darauf achten, ob man in den Pausen wirklich Nachrichtenseiten oder soziale Netzwerke besuchen will oder sich nicht doch lieber mal in Ruhe einen Tee macht. Unser Gehirn kann nicht permanent zur Hochform auflaufen. Es braucht zwischendurch Pausen, um alle Eindrücke und Informationen zu verarbeiten. Wenn ich das Gehirn den ganzen Tag nur zuballere, dann fehlen diese Ruhezeiten.
Sollte der Arbeitgeber Facebook und Twitter dann nicht ganz abschalten, um seine Mitarbeiter nicht in Versuchung zu bringen?
Das könnte eine Möglichkeit sein. Besser ist es aber, wenn ich, also der Mitarbeiter, mir selber mal ein paar Tage Auszeit von den sozialen Netzwerken verordne. Es geht hier vor allem darum, dass ich mich selbst in dieser Zeit beobachte und vielleicht bemerke, dass ich viel disziplinierter und konzentrierter bin, wenn ich nicht alle zehn Minuten auf Facebook klicke.
- Bücher lesen
Lesen Sie mehr Bücher. Das ist sehr, sehr gut für Ihr Gehirn. - Pausen einplanen
Machen Sie nach etwa 90 Minuten eine kurze Pause. - Ordner anlegen
Legen Sie Ordner für Ihre Mails an, wenn Sie es nicht schon tun, um schnell einen Überblick zu gewinnen. - Aufgaben bündeln
Bünden Sie Ihre Aufgaben wie zum Beispiel die Beantwortung von E-Mails, und machen Sie das nur zwei- oder dreimal am Tag. - Strukturen schaffen
Schaffen Sie effektive Arbeitsstrukturen: Beginnen Sie Ihren Tag mit dem Setzen von Prioritäten, je nach Typ auch kurz vor Feierabend für den folgenden Arbeitstag oder kurz vor Arbeitsbeginn am Morgen, und schaffen Sie sich Zeiten, in denen Sie offline sind - zumindest ab und zu. - Nachrichtenseiten reduzieren
Entwickeln Sie feste Routinen, um in der Nachrichtenflut nicht unterzugehen, indem Sie sich zum Beispiel auf ausgewählte Nachrichtenseiten beschränken und diese auch nur zu bestimmten Zeiten am Tag checken. - Quelle
Christiane Stenger, "Lassen Sie Ihr Hirn nicht unbeaufsichtigt! - Gebrauchsanweisung für Ihren Kopf", 252 Seiten, EAN 9783593500126, ISBN 978-3-593-50012-6
Warum dann nicht ganz ausschalten?
Ganz abblocken würde ich die sozialen Netzwerke nicht. Manchmal kommt man nicht weiter oder steckt in einer kleinen Denkblockade. Da kann zielloses im-Internet-rumklicken - ein Abschweifen vom Thema - sogar zu ganz neuen Gedanken und Ideen führen.
Aber ich sage ja nicht: Ich mache jetzt eine Pause und klicke 15 Minuten im Internet rum.
Nein, meistens zumindest. Oft wird es mir gar nicht bewusst. Aber wie gesagt, manchmal kann eine solche Ablenkung auch sinnvoll sein. Doch eine optimale Pause sieht anders aus.
"Ich habe keine Zeit für solche Sperenzchen"
Was wäre denn eine gute Art von Pause?
Mittagspause sollte man auf jeden Fall machen und auch in Ruhe essen. Am besten geht man noch kurz an die frische Luft und bewegt sich. Natürlich ist man oft aber lieber faul und geht schnell in die Kantine und dann gleich wieder an die Arbeit.
Gerade, wenn man viel zu tun hat.
Ja, man denkt: Ich habe keine Zeit für solche Sperenzchen. Aber aus persönlicher Erfahrung weiß ich, dass es total viel bringt, wenn man noch mal ein paar Schritte geht, ein bisschen Frischluft schnappt und die Gedanken schweifen lässt.
Sie schreiben in Ihrem Buch auch, morgens mal nicht die Mails zu lesen, sondern sich direkt den wichtigen Aufgaben zu widmen.
Ich würde nicht sagen, dass man die E-Mails gar nicht lesen soll. Man sollte sie auf jeden Fall überfliegen und die wirklich Wichtigen schnell erledigen. Doch darum geht es gar nicht.
Sondern?
Mir geht es darum, dass ich mich nicht den ganzen Vormittag damit beschäftige, Mails zu beantworten, die teilweise einfach banal sind. Auch, wenn ich es gerne mache, weil Mails schreiben nicht so anstrengend ist. Aber die Gefahr besteht, dass ich deswegen nicht mehr dazu komme, meine richtig wichtigen Projekte in Angriff zu nehmen.
- Zufrieden sein
Lernen Sie, mit dem, was Sie erreichen, zufrieden zu sein, auch wenn es von außen keine Anerkennung gibt. Loben Sie sich also auch einfach mal selbst, und erkennen Sie Ihre Leistungen an. - Erfolge registrieren
Nehmen Sie Ihre Erfolge wahr, nicht nur das, was schief gegangen ist. - Aufgaben ablehnen
Sagen Sie öfter Nein. - Über Stress reden
Wann immer Sie wieder gestresst sind: Geteilter Stress ist halber Stress. Also reden Sie darüber. - Rituale schaffen
Versuchen Sie, ein Ritual zu finden, das den Job klar von Ihrem Feierabend und vor allem dem Wochenende abgegrenzt. - Quelle
Christiane Stenger, "Lassen Sie Ihr Hirn nicht unbeaufsichtigt! - Gebrauchsanweisung für Ihren Kopf", 252 Seiten, EAN 9783593500126, ISBN 978-3-593-50012-6
Das kann ich doch auch nachmittags machen …
Aber nachmittags bin ich schon müde. Deswegen kann ich den Rest der Mails eher dann beantworten oder in einer Ruhepause.
Nun stören ja nicht nur Mails den Arbeitsfluss, sondern auch mal der Kollege. Wie kann ich damit am besten umgehen?
Optimal ist es, wenn es in einem Büro Rückzugsmöglichkeiten gibt, also Räume, in denen sich ungestört arbeiten lässt. Den netten Kollegen kann man höflich fragen, ob es total dringend ist oder ob er noch mal in einer Stunde wiederkommen kann.
Und wenn der Chef neben mir steht?
Da hilft es nichts. Da muss die Arbeit eben warten.
Mails, Kollegen, das piepende Handy - das alles erfordert auch Multitasking. Kann sich mein Gehirn da überhaupt auf eine Sache fokussieren?
Solche Muster haben sich inzwischen eingeschlichen: Ich fange an, eine E-Mail zu schreiben, telefoniere, schaue dabei noch schnell etwas nach und dann fällt mir ein, dass ich eigentlich vorhatte, einen anderen Vorgang zu bearbeiten.