Unklare Haltung der Sponsoren Neues Taligent-Konzept gegen notorische Untergangsgeruechte

24.11.1995

MUENCHEN (CW) - Seit der Aufgabe der Arbeit an einem eigenen Betriebssystems wird Taligent, dem Joint-venture von IBM, Apple und HP, immer wieder der Untergang prophezeit. Neue Nahrung haben diese Geruechte nun durch den Weggang des Taligent-Chefs Joe Guglielmi erhalten. Ihnen versucht das Unternehmen mit einem neuen Geschaeftsplan entgegenzutreten.

Besonders schwer tut sich Taligent mit den Spekulationen, wonach die Sponsoren ihrem Technologielieferanten zunehmend den Geldhahn zudrehen. Taligent darf nicht ueber die Hoehe der Zuwendungen von IBM, Apple und HP sprechen.

Die bisher eingegangenen Gelder reichen jedoch, so versichert Chief Executive Officer Dick Guarino gegenueber dem britischen Branchendienst "Computergram", um das Jahr 1996 zu ueberstehen, selbst wenn jede weitere Hilfe ausbleibt.

Wichtiger als die Geruechte nimmt Guarino sein neues "Business- Model", das bereits Anfang 1996 greifen soll. Im Zentrum steht dabei die Schaffung eigener Einnahmequellen auf Basis der bereits ausgelieferten Module fuer die Anwendungsumgebung "Commonpoint". Dabei verlasse man sich nicht auf die von IBM, HP und Apple verkauften Implementierungen, sondern konzentriere sich vielmehr auf die eigenen Produkte fuer Windows 95 und Windows NT.

Hinzu kommt eine Cairo-Variante, deren Auslieferungstermin allerdings noch in den Sternen steht. Zwar sei Cairo derzeit fuer Anfang 1997 vorgesehen, aber Windows 95 sei urspruenglich auch schon fuer Ende 1993 versprochen gewesen. Trotz dieser Seitenhiebe loben Taligent-Techniker aber schon jetzt das robuste Dateisystem, mit dem Cairo ausgestattet werde.

Weitere Lizenzeinnahmen erhofft sich Guarino von der Erstellung einer Lite-Version des zur Zeit 103 Frameworks umfassenden Commonpoint. Er beschreibt das geplante Produkt als eine Art Lernsoftware fuer Unternehmen, "die sich noch nicht oder erst am Rande mit objektorientierter Entwicklung befasst haben". Damit soll dem Problem abgeholfen werden, dass die Taligent-Technik bei Kennern zwar gute Noten bekommt, fuer Neulinge aber nur schwer zu bedienen ist.

Aufgegeben wurde die urspruengliche Hoffnung, Drittentwickler wuerden Commonpoint durch massenhaft damit entwickelte Anwendungen zum Durchbruch verhelfen. Bislang verkauft nur IBM das Produkt, fuer das es rund 50 Applikationen gibt. Daher will sich Taligent nun um Loesungen und Entwicklungshaeuser fuer spezifische Branchen bemuehen.

Der Erfolg soll sich einstellen, wenn die fuer Anfang 1996 angekuendigte zweite Version von Commonpoint auf den Markt kommt. Diese verfuegt ueber die besonders unter Marketing-Gesichtspunkten wichtigen grafischen Funktionen "People, Places and Things".

An diesen drei als Icons dargestellten Objekten laesst sich das als fortschrittlich und einfach zu bedienende Konzept fuer Benutzerfuehrung und Anwendungsintegration demonstrieren. Ebenfalls fuer Anfang naechsten Jahres angekuendigt ist eine erweiterte Entwicklungsumgebung fuer Commonpoint.