Geschenkt ist nicht geschenkt

Unklare Details machen Angebote von Free-PCs zur Augenwischerei

29.10.1999
MÜNCHEN (jm) - PC geschenkt, Internet abonniert - so und ähnlich werben Anbieter sogenannter Free-PC-Systeme um Kunden. Auch in Deutschland kommt das Geschäft mit den angeblichen Schnäppchen langsam in Schwung. Bei genauerem Hinsehen stellt sich so mancher gute Deal aber als Taschenspielertrick heraus.

Der PC-Anbieter Archtec Computerhandels mbH kooperiert beispielsweise mit den Internet-Service-Providern Mannesmann Arcor und Gigabell aus Frankfurt/Main. Archtec will einen PC zum eher symbolischen Preis von einer Mark an den Käufer bringen. Das Unternehmen wird insgesamt 15000 Rechner mit Intel-Celeron-Prozessor (400 MHz Taktrate), 64 MB Arbeitsspeicher, 8,4 GB großer Festplatte, Disketten- und CD-ROM-Laufwerk und 56-K-Modem über die Massenvertreiber Pro Markt, Kaufhof, Interfunk, Expert, Sigma Bürowelt, Globus sowie weitere Handelsunternehmen anbieten.

Allerdings hat die Offerte einen Haken: Als Betriebssystem wird Linux eingesetzt, als Anwendungsprogramme installierte das Unternehmen aus Niederaichbach nahe Landshut "Staroffice 5.0".

Ferner muß der Kunde dafür einen sogenannten Preselection-Internet-Kombivertrag abschließen. Dieser beinhaltet eine monatliche Grundgebühr sowie einen Obulus für die Internet-Nutzung. Wie hoch diese jeweils sein werden, wollte das Unternehmen, das als IPC Archtec AG im Februar 2000 seinen Börsengang an den Neuen Markt plant, der COMPUTERWOCHE nicht sagen. Erste Details würden auf einer Pressekonferenz am 29. Oktober bekanntgegeben.

Auch AOL Europe, das Joint-venture zwischen America Online Inc. und der Bertelsmann AG, verhandelt nach einer Meldung des "Wall Street Journal" mit der Fujitsu Siemens Computers BV über ein alimentiertes Computersystem. Danach würden deutsche PC-Käufer ein Multimedia-System zu einem nicht definierten Preis erhalten, wenn sie sich für drei Jahre an AOL als Internet-Service-Provider (ISP) binden und darüber hinaus 50 Mark pro Monat zahlen.

Judith Grindal, bei Fujitsu Siemens Computers in Bad Homburg für die PR-Koordination der europäischen Konzernaktivitäten zuständig, bestätigte diese Meldung allerdings nicht. Sie sagte lediglich, man sei mit verschiedenen Unternehmen, unter ihnen auch ISPs, im Gespräch. Weitere Details dazu, wann Fujitsu-Siemens gemeinsam mit einem anderen Unternehmen einen subventionierten Rechner auf den Markt bringen könnte, wollte sie nicht bekanntgeben.

Augenwischerei ist, was PC-Primus Compaq in Deutschland gemeinsam mit der Ibexnet AG als sogenannten Fair-PC auf den Markt bringen will. Ab Ende Oktober können Interessierte entweder über die Ibexnet-Homepage (www.ibexnet.de) oder deren 01 80-Telefonnummer (01 80-500 60 04) unter zwei "Presario"-Modellen von Compaq wählen. Diese sind mit einer Pentium-III-CPU (500 MHz Taktrate) oder einem Intel-Celeron-Chip (500 MHz), einem 48fach-CD-ROM-Laufwerk, einem 56-K-Modem, Windows 98, Word/Works sowie der Encarta-Enzyklopädie ausgestattet. Unterschiedlich groß sind die Festplatten (10/15 GB), der Arbeitsspeicher (64/128 MB), sowie die Grafikkarte (16 oder 32 MB Grafikspeicher).

Zusätzlich gewähren Compaq/Ibexnet einen kostenfreien Internet-Zugang über MCI Worldcom/Uunet. Die Verbindungskosten belaufen sich auf 5,9 Pfennig pro Minute rund um die Uhr. Die Mietkosten ließen sich zudem reduzieren, wenn der Kunde Werbung von noch nicht näher bezeichneten Geschäftspartnern über sich ergehen läßt.

Für das kleinere Modell legt sich der Käufer auf eine monatliche Mietzahlung von 50 Mark für den PC und weiteren zwölf Mark für einen Monitor fest. Dies für satte vier Jahre. Erst nach zwei Jahren kann ein Kunde ohne weitere Kosten ein neues Gerät ordern. Tut er dies, verlängert sich die Mietdauer allerdings um weitere vier Jahre (ab Lieferung des Neugeräts). Der PC-Käufer ist bei diesem Deal an Compaq als PC-Lieferanten gebunden. Für den PC zahlt er an reinen Hardwarekosten fast 3000 Mark - und damit erheblich mehr, als er für ähnlich konfigurierte Systeme heute auf den Tisch legen müßte.

Attraktives Angebot mit Fußangeln

Ein attraktives Angebot mit Fußangeln bietet auch Karstadt. Deren Internet-PC, ein "Euroline"-Minitower von Fujitsu, mit geringfügig minderer Ausstattung als Compaqs kleinerer Fair-PC, kostet 799 Mark. Nirgendwo steht allerdings, daß das Angebot ohne den Preis für einen Monitor errechnet wurde. Zudem legt sich der Käufer auf einen 24monatigen Vertrag mit Internet-Service- und Telekom-Provider Talkline fest. Von diesem bezieht er den Internet-Zugang über "Talknet 1000" für 34,90 Mark pro Monat. Enthalten sind in diesem Preis 16,66 Stunden Verbindung im Internet pro Monat. Außerdem muß man seinen Telefon-Festnetzanschluß ebenfalls über Talkline und deren "Easyline-C24"-Tarif abwickeln und zusätzlich 15 Mark pro Monat an Gebühren zahlen. Summa summarum zahlt der Kunde eines vorgeblich billigen Internet-PCs von Karstadt also auch mindestens rund 2600 Mark und muß sich dafür an einen ISP und Telekom-Anbieter binden.

Fazit: Free- oder Fair-PCs stellen bei weitem nicht die im Namen vorgegaukelte günstige Offerte dar. Zudem binden sie den Käufer auf Jahre an einen ISP und Telekom-Anbieter.