Unix-Umgebung integriert Windows-Arbeitsplaetze Eine Open-Systems-Anwendung informiert Investment-Manager

20.05.1994

Von Ellen Vakily

Wenn die Fonds-Manager der Adig-Investmentgesellschaft schnell auf ein guenstiges Boersenangebot reagieren muessen, befragen sie zuvor ihr Fonds-Management-Informationssystem "Fomis" ueber den Ist- Zustand der Investment-Fonds. Dank der praezisen Information aus dem PC gewinnen sie heute mehr Zeit fuer Prognosen und Analysen als vor der Einfuehrung des Systems.

Schon 1985 hatten die DV-Experten der Adig-Muttergesellschaft in Muenchen neben dem Grossrechner PCs fuer Einzelarbeitsplaetze installieren lassen. Eine PC-Loesung stand auch zur Diskussion, als die Fonds-Manager in der Frankfurter Niederlassung ein neues massgeschneidertes Branchenprogramm suchten.

DV/Org-Leiter Herbert Merkel erinnert sich: "Fuer uns stand fest, dass wir zur Entwicklung der vorgesehenen Software ein Datenbanksystem mit einer handhabbaren Programmiersprache benoetigten, das sich auch auf leistungsfaehigen PCs installieren liess." Die Anwender entschieden sich nach der Begutachtung unterschiedlicher Produkte fuer das Datenbanksystem Progress: "Wir kamen auf Anhieb gut mit der 4GL-Programmiersprache zurecht. Als Pluspunkt bewerteten wir unter anderem die Moeglichkeiten zur Wahrung und Wiederherstellung der Datenintegritaet."

Auch der begrenzte Funktionsumfang entsprach den Wuenschen der Adig-Profis: "Das war ein wirklich handhabbares System." Ausserdem war die Software fuer viele Hardware- und Betriebssystem- Konfigurationen verfuegbar.

Anfang 1991 startete ein vierkoepfiges Entwicklerteam die Programmierarbeit in der Frankfurter Niederlassung. Als Basis fuer das mehrplatzfaehige Branchensystem waehlten die Planer eine vernetzte Unix-Umgebung mit Interactive Unix. Dank einer Koppelung des Unix-ueblichen TCP/IP-Protokolls mit Novells SPX/IPX liess sich das neue Branchenprogramm in die vorhandene Windows-Umgebung ueberfuehren.

Fuer die Fonds-Manager, die fast alle mit dem PC arbeiteten, war es wichtig, dass sie die Informationen aus dem kuenftigen Datenbanksystem in die bereits eingesetzten Programme uebernehmen konnten. Zum Beipiel war es unerlaesslich, das staendig genutzte Echtzeit-Informationssystem von Reuters in eine multifunktionale Umgebung zu integrieren.

Endgueltig installiert wurde Fomis im Dezember 1992. Der Zentralrechner ist ein 486-DX/66-Prosignia von Compaq mit 40 MB Hauptspeicher und einer 1-GB-Festplatte. Fuer das taegliche Backup steht ein 5-GB-DAT-Tape zur Verfuegung. Als Novell-Server dient ein mit 33 Megahertz getakteter 486-DX-Compaq-Systempro, der mit 24 MB Hauptspeicher und einer 840-MB-Festplatte ausgestattet ist. Generell sind alle rund 30 PCs der Mitarbeiter ueber die Terminalemulation an das neue Datenbanksystem angebunden.

Der Umstieg auf die neue Loesung wurde vor allem durch die schnell begreifbare Menuefuehrung erleichtert. Nach nur wenigen Tastenbefehlen kann sich der Benutzer die Anwendung auf den Bildschirm holen.

Fuer den Laien sind die saeuberlich in Tabellenspalten aufgelisteten Zahlenkolonnen und Wortkuerzel in den Eingabefeldern natuerlich erst einmal verwirrend - aber, so versichert Adig-Mitarbeiter Norbert Schepers, der die Entwicklungsarbeit geleitet hat und auch heute noch fuer die Systembetreuung zustaendig ist, "fachlich versierte Anwender finden sich schon nach ganz kurzer Einarbeitungszeit gut im System zurecht".

Unter anderem geben die Zahlen dem Betrachter schnelle Auskunft ueber die Liquiditaet der einzelnen Fonds, den Wert eines Fondsanteils oder eine kuerzlich ausgefuehrte Order. Fuer den Zugang zu bestimmten Informationen muessen Codes eingetippt werden: "Zum Beispiel benutzen unsere Anwender bei der Suche nach einer Aktie das allgemein in der Finanzwelt gebraeuchliche Reuters-Kuerzel", erklaert Schepers.

Andere Daten liessen sich im System mit Standardschluesseln wie dem ISO-Code fuer Waehrungen aufrufen. Schepers lobt die Hilfsfunktionen, die Fomis dazu bietet: "In der Regel haben die Fonds-Manager mehr als 400 Codes im Kopf, doch im Notfall ist unsere ueber die F1-Taste aufrufbare Hilfetabelle ganz praktisch."

Aber auch andere Leistungen des Programms werden inzwischen geschaetzt. Zum Beispiel stoppt das System mit Hilfe seiner internen Regelautomatismen die Eingabe einer unrealistischen Zahl oder ergaenzt laengere Standardbegriffe. Redundante Aktionen lassen sich vermeiden, weil der Blick auf die entsprechende Fomis-Seite den User darueber informiert, ob ein Kollege in einem von ihm anvisierten Geschaeft bereits taetig war.

Das System teilt sich auf in drei Bestandsebenen:

- der disponierte Bestand, der mit der Ordereingabe des Fonds- Managers entsteht;

- dieser wird in den Bestand der ausgefuehrten Orders ueberfuehrt, sobald die betreffende Bank den Auftrag erfuellt hat;

- daraus entsteht ein Buchungsbestand, wenn die angezeigte Ausfuehrung im Buchungssystem der Muenchner Adig-Zentrale registriert wurde.

Die Buchungsdaten werden aus Muenchen sofort ueber ISDN an das Fomis-System in Frankfurt geschickt. Ausserdem fliessen taeglich die von den Banken erfassten Zahlen ueber alle Kaeufe und Verkaeufe von Adig-Anteilscheinen in die Datenbank ein. Somit erhaelt der Anwender jeden Tag einen genauen Ueberblick ueber die aktuelle Bewegung in allen Fonds. Er kann aber auch anhand der gespeicherten aelteren Daten rueckblickend die Entwicklung bestimmter Kennzahlen beobachten.

Die im System gespeicherten Wertpapierportfolios koennen flexibel strukturiert und sortiert werden. Wenn es um Statistiken oder Simulationen geht, lassen sich die Fomis-Daten mit simplem Kopierbefehl in das bei Adig eingesetzte Tabellenkalkulationsprogramm Excel transferieren, wo sie der Anwender dann fuer das Durchspielen unterschiedlicher Marktszenarien oder Ordersituationen verwenden und auch modifizieren kann.

Grundsaetzlich, so versichert Schepers, ist Fomis nach allen Seiten hin gegen Manipulation abgesichert. Der Grossteil des Programms dient der reinen Information, hier kann niemand eine Zahl oder ein Wort veraendern. Nur das Auslagern (sprich Kopieren) der Daten ist erlaubt. Die Anwendungen zur Dateneingabe sind dreifach abgeschottet durch Passwort, Benutzeridentifikation und eine zusaetzliche persoenliche Kennziffer. Als weitere Sicherheitsmassnahme fungiert eine abgestufte Zugangsberechtigung im Netz.

Nach einem Jahr Praxis sind die Anwender ueberzeugt, dass sich die Investition in das neue Datenbanksystem gelohnt hat. DV/Org.-Chef Merkel versichert: "Es bleibt jetzt einer weiteren Entscheidung ueberlassen, ob wir kuenftig in der 4GL-Sprache von Progress weiterarbeiten oder ob wir Natural als Programmiersprache mit SQL- Schnittstellen zu Progress benutzen werden."

Das Geschaeft vom

Adig-Investment

Derzeit werden in der Frankfurter Niederlassung der Adig- Investment-Gesellschaft 32 unterschiedliche Investmentfonds gemanagt. Das Vermoegen vieler Fonds setzt sich aus mehr als 100 Werten zusammen, das koennen je nach Schwerpunkt ueberwiegend Aktien oder Renten aus unterschiedlichen Branchen sein. In internationalen Aktienfonds wie "Fondis" sind bisweilen an die 150 Unternehmen vertreten. Praktisch kann jeder Normalbuerger, der sein Geld gewinnbringender anlegen will als auf dem Sparbuch, einen Anteilschein zum aktuellen Ausgabewert kaufen. Zusammen mit dem Schwesterunternehmen A.L.S.A in Luxemburg verfuegt die 1949 gegruendeten Adig Investmentgesellschaft heute ueber ein Fondsvermoegen von mehr als 30 Milliarden Mark.