Unix-OLTP: Ein Anachronismus?

11.06.1993

Nach ueber zwanzig Jahren scheint es den Unix-Anbietern nun gelungen zu sein, ihr Produkt vom

Image einer rein technischen DV-Umgebung zu befreien. Am Ende der proprietaeren Mainframe-Aera erscheint das offene Multiuser- Betriebssystem inzwischen selbst professionellen Anwendern kommerzieller Systeme als gangbarer Pfad in eine herstellerunabhaengigere Zukunft.

Der Schluessel fuer die Akzeptanz dieser bisher auf Grossrechner festgelegten Benutzergruppe liegt in der Verfuegbarkeit von zuverlaessigen Systemen fuer Online-Transaktionsverarbeitung. Nur mit deren Hilfe glauben viele Mainframe-Anwender, ihre gewohnten Sicherheitsstandards auch in offenen Systemumgebungen einhalten zu koennen. Obwohl solche OLTP-Systeme schon eine geraume Zeit unter Unix verfuegbar sind, vermochte erst die im Herbst vergangenen Jahres erfolgte IBM-Ankuendigung, CICS fuer die RS/6000- Workstations freizugeben, das Misstrauen der IBM-Grossanwender zu zerstreuen.

Selbst heute blieben viele der DV-Chefs lieber bei den vertrauten Techniken, draengte nicht die eigene Geschaeftleitung aus Kostengruenden zum Downsizing. Diese Chance haben die Unix-Anbieter ergriffen und praesentieren Unix-OLTP nun als sanften Migrationspfad vom Grossrechner zum Client-Server-Computing. Sanft ist dieser Uebergang nicht zuletzt deshalb, weil auf diese Weise die Geschaeftsleitung ihren Willen bekommt, ohne dass die DV- Abteilung auf vertraute OLTP-Funktionalitaet verzichten muss.

An diesem Punkt stellt sich jedoch die Frage, ob mit OLTP nicht eine moeglicherweise unzeitgemaesse Grossrechner-Technik in eine sich grundlegend veraendernde Datenverarbeitung ueberfuehrt wird. So meinen nicht wenige Fachleute, dass moderne Datenbanksysteme laengst ebensogut in der Lage sind, Online-Transaktionen zu realisieren und zu ueberwachen wie das IBM-CICS. gfh