Unix: Mehr als ein Spielzeug für Unifreaks

04.07.1986

MÜNCHEN(kul) - Den Durchbruch von Unix im kommerziellen Bereich prognostiziert die Deutsche Olivetti GmbH. Dabei setzen die Frankfurter vor allem auf Kooperationen mit Software- und Systemhäusern. Unter diesem Aspekt steht deshalb auch eine Unix-Softwaremesse, die der Hersteller am 7. und 8. Juli 1986 in München veranstaltet.

Für die Deutsche Olivetti hat es sich nach Worten von Günter Schneider, Leiter der Vertriebsdirektion des Herstellers, als unwirtschaftlich erwiesen, sich selbst im Anwendungsbereich zu engagieren. Bereits seit über einem Jahr kooperieren die Frankfurter deshalb mit Software- und Systemhäusern, die für diverse Kundenzielgruppen Unix-Applikationen entwickeln. Eine Möglichkeit zu weiteren Diskussionen mit potentiellen Interessenten soll die Softwarebörse bieten, die am ersten Tag der Münchner Unix-Messe stattfindet.

Am 8. Juli sind dann Fachbesucher aus verschiedenen Branchen eingeladen, die sich über die Entwicklung in der Unix-Welt informieren wollen, vor allem auch unter dem Aspekt der kommerziellen Datenverarbeitung. OEM/VAR-Partner von Olivetti zeigen an diesem Tag eine Auswahl ihrer Programmpakete auf 3B-Superminis unter Unix V.

Einsatzmöglichkeiten nehmen weiterhin zu

Ihre Teilnahme an der Veranstaltung haben bisher 18 System- und Softwarehäuser zugesagt, etwa 15 000 Unternehmen sind laut Schneider eingeladen worden.

Vehement dementiert die Deutsche Olivetti die in der DV-Branche weitverbreitete Meinung, Unix eigne sich nur schlecht für den Einsatz im CAD/CAM-Bereich und in der kommerziellen Datenverarbeitung. Auch die These, daß das Betriebssystem nicht benutzerfreundlich sei, könne nicht länger aufrechterhalten werden.

Vielmehr, so Winfried Kraus, Gruppenleiter der Betriebsdirektion Großkunden, zeichne sich bei Unix eine starke Wandlung ab: Galt das System lange Zeit als "Universitäts-spi(...)ug" und sahen Experten die Einsatzmöglichkeiten vor allem auf den technisch-wissenschaftlichen Sektor beschränkt, so gehören inzwischen weltweit 90 Prozent aller Applikationen dem kommerziellen Bereich an.

US-Markt reagiert anders als Europäer

Im Zuge dieser Entwicklung, so Kraus weiter, haben Olivetti und der Kooperationspartner AT&T einen Softwarekatalog herausgebracht, in dem über 200 Programme für diverse Branchen und Anwendungen aufgeführt sind. All diese unter Unix V lauffähigen Produkte sind für die AT&T-Rechnerfamilie 3B konzipiert. Da nach Aussage von Vertriebsleiter Schneider ständig neue Applikationspakete getestet und darin ins Verzeichnis aufgenommen werden, wurde der Katalog in Form einer Loseblattsammlung gestaltet.

Die Programme sind Entwicklungen der Kooperationspartner aus dem Software- und Systembereich, die mit Olivetti/AT&T einen OEM/ VAR-Vertrag über Mehrplatz-Superminicomputer der Serie 3B abgeschlossen haben. Es überwiegen kommerzielle Standard-/Branchenprogramme sowie Software für kaufmännische Routineaufgaben. Die Tatsache, daß Unix in amerikanischen Benutzerkreisen innerer noch nicht auf vollen Zuspruch stößt (siehe CW, Nr. 26 vom 27. 6. 1986, Seite 4), erklärt Vertriebsleiter Schneider mit der Unterschiedlichkeit des US-Marktes im Vergleich zur "Alten Welt".

In den Vereinigten Staaten stelle Unix um seiner selbst willen das große Schlagwort dar; passende Applikationen würden vielfach als zweitranging erachtet. Europäische und vor allem deutsche Kunden verlangten hingegen in erster Linie fertige Lösungen, vor allem unter dem Gesichtspunkt der Mehrplatzfähigkeit. Die Nachfrage gelte also nicht primär Unix.

Ebenfalls unter dem Zeichen des AT&T-Betriebssystems steht das Abkommen zwischen Olivetti und der Universität Bremen. Das Projekt "Asup" (Academic Support Unix Program) des Herstellers sieht eine Unterstützung mehrerer westeuropäischer Hochschulen vor. Die kooperierenden Institute werden Unix-Entwicklungsvorhaben verfolgen und das Betriebssystem auf Superminicomputern von Olivetti/AT&T in Forschung und Lehre einsetzen, Ziel von "Asup" ist es Olivetti-Angaben zufolge, zu den Universitäten eine langfristige Partnerschaft aufzubauen und Unix als herstellerunabhängiges Standardbetriebssystem weiter zu verbreiten.

Für ihre Projekte erhalten die Hochschulen von Olivetti Rechner des Typs Olivetti/AT&T 3B2 mit Unix System V als Betriebssystem. Ein europaweites Kommunikationsnetz, das all diese Universitätsrechner miteinander verbinden soll, wird ebenfalls bereitgestellt. Das Sponsorenprogramm soll noch in diesem Jahr zwölf akademische Institutionen unterstützen.