Die Anbieter proprietärer Systeme passen sich an

Unix hat den Umgang mit der Datenverarbeitung revolutioniert

14.02.1992

MÜNCHEN (CW) - Im vergangenen Jahr setzten die Anbieter von Unix-Produkten europaweit acht Milliarden Dollar um. Auch für die Zukunft erwarten die Marktforscher von Frost & Sullivan bei Wachstumsraten um 20 Prozent ein Anhalten des derzeitigen Unix-Booms. Die Analysten warnen jedoch vor überzogenen Erwartungen, daß Unix die proprietären Betriebssysteme ganz verdrängen könnte.

Die Konfrontation Unix versus proprietäre Systeme wird in der Studie "The European Market for Unix-Systems" als eine unzulässige Vereinfachung bezeichnet. "Unix hat die Anwender ermutigt, ihre Anforderungen an die Datenverarbeitung grundlegend zu überdenken", beschreiben die Marktbeobachter von Frost & Sullivan die Rolle des Multiuser-Betriebssystems.

Konkret habe Unix die Anwender mit der Idee vertraut gemacht, daß auch bei professionellem DV-Einsatz die Möglichkeit besteht, Softwarepakete für unterschiedliche Hardware ebenso einfach zu kaufen wie Musikkassetten für Rekorder verschiedener Hersteller. Großanwender schätzen vor allem die Interoperabilität der offenen Software in vernetzten heterogenen Umgebungen.

Trotz dieser Möglichkeiten konnten die Anbieter von Unix-Produkten erst ab 1990, so die Studie, erwähnenswerte Absatzzahlen in Europa erzielen. Bereits im Folgejahr setzten sie acht Milliarden Dollar um. Als Gründe für diesen Boom nennen die Marktforscher:

- die Bewährung des Betriebssystems auf den für den technischen Einsatz optimierten Workstations von Hewlett-Packard und Sun Microssystems sowie

- die in den 80er Jahren eingesetzten Bemühungen der europäischen Industrieunternehmen, die als anfällig erkannten propiertären Systeme zu ersetzen.

Die Schaffung von Interessenvereinigungen wie Unix International, Open Software Foundation und Advanced Computing Environment (ACE) hat bei den Anwendern nach Ansicht der Analysten vor allem Verwirrung hervorgerufen. Die gleichzeitigen Bemühungen um allgemein verbindliche Standards, wie sie etwa von der X/Open-Gruppe forciert wurden, hätten dagegen die Aktzeptanz von offenen Systemen gefördert.

Offenheit auch bei propritären Systemen

Diesen Trend zu offenen Systemen haben aber auch die Hersteller proprietärer Systeme für sich entdeckt. Unternehmen wie Bull, IBM und Digital Equipment sind nach den Erkenntnissen von Frost & Sullivan längst dabei, ihre Betriebssysteme an die offenen Systemanforderungen anzupassen. Zudem habe sich gezeigt, daß proprietäre Anbieter der Unix-Konkurrenz bei besonders komplexen Applikationen überlegen seien.

Die Studie gibt auf 350 Seiten sowohl eine Einführung in den Unix-Markt als auch einen Überblick über die 29 wichtigsten Anbieter sowie über die einzelnen nationalen Unix-Märkte, die Deutschland am Absatz gemessen anführt. Der Preis für die Studie liegt bei 3900 Dollar.