Universitaetsinstitut demonstriert Verfahren zum aerztlichen Ferneingriff Telediagnose auf hoher See mit Hilfe von Satellitenverbindung

02.12.1994

Von Hadi Stiel*

BREMEN - Es war der gewohnt steife Herbstwind, der am Morgen des 18. Oktobers auf dem Flughafen in Bremen an Maenteln und Roecken zerrte. Nur diesmal an hochherrschaftlicher Livree. Die Bundesregierung hatte 60 hochrangige Beamte aus europaeischen Wirtschafts- und Forschungsministerien eingeladen. Sie alle wollten sich im Biba (Bremer Institut fuer Betriebstechnik und angewandte Arbeitswissenschaft an der Universitaet Bremen) ein Bild von deutscher Forschung und Technologie machen.

Besonders gespannt war man auf eine Demonstration: Zwischen dem Biba und dem Forschungsschiff "Polarstern", gerade im Kanal vor den Scilly-Inseln unterwegs, war eine 64-Kbit/s- Satellitenverbindung via Inmarsat-A DHSD (Duplex High Speed Data Service) aufgebaut worden. Dabei sollte vorgefuehrt werden, wie man bei Krankheitsfaellen auf einem Schiff von Land aus eine Ferndiagnose stellen kann.

Der Bordarzt fertigt ein Roentgenbild an und schickt es via Satellitenverbindung an einen Kollegen an Land - im Demonstrationsfall in das Biba-Auditorium. Daraufhin wurde ueber die gleiche Satellitenverbindung eine Videokonferenz geschaltet. Beide Aerzte konnten sich nun unter Verwendung des Roentgenbildes von Angesicht zu Angesicht beraten, um so zu einer Diagnose zu kommen.

Bleibt die Frage nach dem technischen Ablauf im Hintergrund. Kommuniziert wurde via TCP/IP. Ein Access-Router vom Typ Cisco 2000 uebernahm auf der Polarstern die Protokollpakete des Netzwerkrechners und schickte sie ueber seine serielle synchrone Schnittstelle (V.36) an ein Codec, von wo aus die Daten gemeinsam mit den Audio- und Videosignalen (CCITT H.221) via Multiplexer und Satellitenuebertragung gebuendelt und transportiert wurden. Der Codec auf Biba-Seite nahm die Signale entgegen und trennte sie in LAN-Daten- beziehungsweise Audio- und Videosignale. Von dort aus wurden Bild und Ton direkt an die Projektionswand uebertragen, waehrend die LAN-Daten ueber die serielle Schnittstelle eines zweiten Cisco-Routers an den Rechner im Biba-Netzwerk uebermittelt wurden.

In gleicher Weise wurde in der Gegenrichtung kommuniziert, nur dass an Bord des Polarforschungsschiffes ein auf DHSD aufgeruestetes Satcom-Terminal (Magnavox MX2400) ueber eine Radom-Antenne direkt die LAN-Daten entgegennahm. Als netzwerkverbindendes Betriebssystem kam Windows fuer Workgroups 3.11 zum Einsatz. Die Multimedia-Technik wurde ueber eine Demo-Version des Programms Vis- a-Vis des Herstellers Worldlinx Telecommunications realisiert.

Evren Eren, beim Biba fuer den Bereich Integrierte Kommunikation verantwortlich, aeusserte sich zufrieden mit dem Demonstrationsablauf des modellhaften Kommunikationsverbundes, dessen Router-Einsatz vom Netzwerkintegrator Telemation konzipiert wurde. Router-Satellitenverbindungen koennen aber noch viel mehr Anwendungsperspektiven erschliessen, etwa Rechner in weit voneinander entfernten Netzen partnerschaftlich an aufwendigen Rechenaufgaben arbeiten lassen.

Ein vergleichbares Szenario ist uebrigens an Bord der Polarstern laengst Realitaet: Stationen am Sued- und Nordpol tauschen via Router und Satellitenverbindung Messdaten mit dem Forschungsschiff aus. Die Daten werden dann von Rechnern auf der Polarstern und im Bremer Alfred-Wegener-Institut fuer Polarforschung gemeinsam verarbeitet. Auf diese Weise kommt man zu Ergebnissen, die weiteren Aufschluss ueber die ewigen Eisregionen unserer Erde geben.

* Hadi Stiel ist verantwortlich fuer den Bereich Oeffentlichkeitsarbeit bei Telemation Gesellschaft fuer Datenuebertragung mbH in Oberursel.