Universitaet Stuttgart bekommt einen Superrechner fuer 30 Millionen Mark Das Fundament fuer ein neues Hochleistungs-RZ ist gelegt

18.04.1995

Von Uwe Harms*

MUENCHEN (CW) - Ende Juli haben die Universitaet Stuttgart, das Bundesland Baden-Wuerttemberg sowie Debis Systemhaus und Porsche die Betreibergesellschaft fuer das Hochleistungsrechenzentrum (HLRZ) Stuttgart gegruendet. In der ersten von zwei Stufen werden die Gesellschafter 30 Millionen Mark investieren, um voraussichtlich einen Supercomputer "Triton T90" von Cray zu beschaffen. Die Posten der Geschaeftsfuehrer sind noch vakant - im Gespraech sind Roland Ruehle vom Rechenzentrum der Universitaet und Michael Heib vom Debis Systemhaus.

Das HLRZ in Stuttgart ist in der deutschen Forschungslandschaft nicht unumstritten. Auf dem Supercomputer-Seminar von Hans Meuer in Mannheim trafen die Widersacher aufeinander: die Befuerworter um Roland Ruehle und die Kritiker wie Hans-Martin Wacker von der Deutsche Forschungsanstalt fuer Luft- und Raumfahrt (DLR) in Koeln.

Fuer Ruehle hat die Rechnerkonzentration an einem Ort wie dem HLRZ in Stuttgart ganz handfeste Vorteile:

- Fuer den Preis von zwei Cray-"C90"-Rechnern mit jeweils vier Prozessoren erhaelt man ein Zwoelf-Prozessor-System, das sich ausserdem noch vergleichsweise billig mit weiteren CPUs ausstatten laesst.

- Im HLRZ wuerde die Kompetenz von Forschung und Industrie verbunden.

- Die anstehenden grossen Probleme lassen sich mit kleineren Systemen nicht angehen.

- Ein Superrechner veraltet in etwa zwei bis drei Jahren, so dass die Neuanschaffungs- und Unterhaltskosten besser auf ein RZ konzentriert werden.

Fuer Wacker ist dagegen die Naehe des Superrechners zu den Benutzern entscheidend. Wenn deutschlandweit auf die Rechner in Stuttgart zugegriffen werde, entstehe buerokratischer Zusatzaufwand, und das Know-how bleibe an einer Stelle konzentriert. Mehrere kleinere Rechenzentren waeren wesentlich kostenguenstiger. Die Koppelung von Rechner und fachspezifischem Wissen funktioniere in einzelnen verteilten Einrichtungen besser, wie das Klimazentrum in Hamburg oder das Physik-Zentrum in Juelich zeigten. Ausserdem befuerchtet Wacker, dass die Regierungen der anderen Bundeslaender in Zukunft nicht mehr in Rechenzentren investieren, wenn sie statt dessen die Kapazitaeten des HLRZ in Stuttgart preiswert nutzen koennten.

Die Wahrheit liegt in der Mitte. Nur wenige grosse Zentren ohne eine ausreichende Infrastruktur mit mittelgrossen Parallel- und Vektorrechnern sind sicher wenig sinnvoll. In den grossen RZs sollten auch Spezialisten sitzen, die die Anwender innerhalb der Hochschule beraten koennen. Auch das DLR hat ein Zentrum in Goettingen eingerichtet, das mit einem 13 Gigaflops leistenden NEC- Vektorrechner ausgestattet ist, waehrend im bayrischen Oberpfaffenhofen ein leistungsschwaecherer Vektorrechner, eine "J90" von Cray, und eine "Powerchallenge" von Silicon Graphics (SGI) stehen. Hinzu kommen weitere SGI-Systeme in Koeln, Braunschweig und Goettingen.

Ein wichtiger Aspekt, der in der Mannheimer Diskussion unterging, ist die weitere Zusammenarbeit mit der Industrie. Deren Vorstellungen in puncto Vertraulichkeit und Datensicherheit muessen erst noch mit dem offenen Hochschulkonzept in Einklang gebracht werden, wenn die versprochenen Synergieeffekte zum Tragen kommen sollen.

* Uwe Harms ist Berater fuer Supercomputing in Muenchen.