Intel-Server im Verbund steuern Data-Warehouse

Unisys bastelt am RZ unter Windows 2000

26.11.1999
LAS VEGAS (CW) - Das "Data Center of the next Millennium" stellte Unisys Corp. auf der Comdex 99 vor. Anders als in den Hochzeiten der Mainframes baut die altehrwürdige Computerschmiede ihr Rechenzentrum der Zukunft aus Intel-Prozessoren und Microsofts angekündigtem Betriebssystem Windows 2000 zusammen.

Anläßlich einer Technologiedemonstration auf dem eigenen Messestand erklärte Unisys-CEO Lawrence Weinbach, man wolle mit dem System Unternehmen ansprechen, die "hybrid" ausgerichtet seien. Darunter versteht er Firmen, die ihr traditionelles Geschäft mit einer modernen Electronic-Commerce-Infrastruktur kombinieren möchten. Auch für sogenannte Dot.com-Startups, die an einer kostengünstigen IT-Ausstattung interessiert sind, sei das RZ aus Standardkomponenten eine Alternative. Für diese Kunden plant Unisys, in Zukunft eine Komplettlösung mit dem Namen "Interstellar Outfitters" anzubieten.

Der Hersteller aus Blue Bell, Pennsylvania, hat sich dazu der Unterstützung weiterer Branchengrößen versichert: die Speichersysteme stammen von EMC, Storagetek und Imation, die High-speed-Cluster-Technik von Giganet. Cisco liefert die Netzinfrastruktur. Außerdem mit an Bord: Die Softwarehäuser Mercury Interactive (Load Testing Software) und Net IQ (Application Management). Q-Logic stellte die Host-Bus-Adapter zur Verfügung.

Das präsentierte System bestand aus einem 9 Terabyte fassenden Data-Warehouse auf Basis von Microsofts "SQL Server 7". Für die Rechenleistung sorgten 20 Intel-basierte "ES-5000"-Maschinen von Unisys.

Laut Weinbach erreiche das Cluster eine Verfügbarkeit von 99,99 Prozent. Ferner liege der Durchschnittspreis eines vergleichbaren Unix-Systems etwa drei- bis fünfmal höher als die Ausgaben für die Windows-2000-Installation. Mit der nächsten Server-Generation, den "ES-7000"-Maschinen, die im Februar kommenden Jahres in den Verkauf gelangen sollen, peilt Weinbach eine Verfügbarkeit von 99,998 Prozent an. Damit läge der Hersteller schon recht nahe bei den in dieser Rechnerklasse bisher unerreichten Verfügbarkeitswerten klassischer Großrechnersysteme.

Weinbach erklärte ferner, das Windows-2000-basierte Data Center werde auch anderen Partnern offenstehen. Kein Unternehmen verlasse sich heute auf Produkte nur eines Herstellers: "Wenn jemand Oracle als Backend installiert hat, können wir natürlich auch mit diesem Hersteller zusammenarbeiten", so der CEO.

Die Rechenanlage, die auf der Comdex ihre Feuerprobe bestehen mußte, könne 4000 Transaktionen pro Sekunde und mehr als drei Milliarden Web-Zugriffe pro Tag bearbeiten, rührte der Unisys-Chef die Werbetrommel. Das System bewältigte während der fünf Messetage ein 30mal größeres Datenvolumen, als während des gesamten letztjährigen Vorweihnachtsgeschäfts in den USA angefallen war.

Nach der Lesart von Unisys bildet das Datenzentrum die "stärkste Rechnerumgebung für E-Business, die je unter Windows 2000 gelaufen ist". Nachdem das neue Betriebssystem von Microsoft allerdings erst vor wenigen Tagen offiziell vorgestellt worden ist, darf man den verantwortlich zeichnenden Unternehmen wohl ohne größere Bedenken Glauben schenken.

Microsoft-President Steve Ballmer mußte anläßlich der Vorstellung einräumen, daß sich seine Company mit der neuen Windows-Software verspätet hat. Am 17. Februar 2000 soll das neue Betriebssystem offiziell auf den Markt kommen.

Einmal mehr versuchte Ballmer, Bedenken hinsichtlich der Skalierbarkeit und Robustheit des Windows-NT-Nachfolgers in unternehmenskritischen Umgebungen zu zerstreuen: "Wir haben die Zuverlässigkeit von Systemen, die unter Windows laufen, verbessert, die Verwaltbarkeit vereinfacht und Services geschrieben, die die Entwicklung von Anwendungen für das Data Center erlauben", so der Manager.

Auch EMCs Chef Michael Ruettgers gab sich optimistisch, daß das Microsoft-Betriebssystem trotz einiger Anlaufschwierigkeiten den Durchbruch schaffen werde: "Man hat angenommen, daß NT Unix im Datenzentrum ersetzen würde; die Verzögerungen in puncto Skalierbarkeit haben diese Entwicklung jedoch aufgehalten." Mit der Freigabe von Windows 2000 könne Microsoft aber dennoch an der Unix-Welt vorbeiziehen. Anwender hätten kein Interesse, ihre Programme auf 45 Unix-Derivate zu portieren. Die Mehrzahl der Software würde künftig für Windows 2000 geschrieben.

Ruettgers versäumte auch nicht, den Beitrag seines Unternehmens zum Windows-Rechenzentrum hervorzuheben. "Wie in den Mainframe- und den Unix-Welten erfordert es eine Gruppe von Herstellern, um ein Datenzentrum dieser Klasse aufzubauen." EMCs Plattenspeicher ("Symmetrix") und die eigenentwickelte Speicher-Management-Software spielten dabei eine wichtige Rolle.

Der IDC-Analyst Dan Kuznetzki beurteilt die Erfolgschancen des Microsoft-Systems hingegen weniger euphorisch. IDC-Umfragen hätten ergeben, daß Unternehmen mit der Einführung von Windows 2000 mindestens sechs Monate nach der Markteinführung warten wollen. IT-Manager großer Firmen planten größere Installationen zum Teil erst in ein oder zwei Jahren, wenn die Technik ihrer Meinung nach ausgereift sei und Microsoft die ersten Service-Packs anbiete.