Unisys: Aufkaufgerüchte

13.09.1991

Die Washington Post berichtet über Pläne im Hause Unisys, den Bereich Rüstungselektronik zu verkaufen. Dies würde den Weg für die Übernahme der Kapitalmehrheit von Unisys durch einen ausländischen Investor freimachen. Als Folge dieser Meldung zog der Aktienkurs noch einmal deutlich auf knapp sechs US-Dollar an und liegt jetzt drei Dollar über dem Tiefstkurs von Anfang l991.

An dieser Stelle wurde im Februar darauf hingewiesen, daß - falls es zu einem Verkauf des Bereiches Verteidigungstechnik käme - Unisys-Papiere zu den DV-Aktien mit dem größten Kurspotential gehören würden. Der Hintergrund für diese - optimistische - Annahme ist klar: Zum einen würde ein solcher Spartenverkauf zur Entschuldung der Unisys Corp. beitragen, zum anderen würde durch den Verkauf der sicherheitspolitisch sensiblen Rüstungsaktivitäten der Weg für einen ausländischen Mehrheitsaktionär freigemacht.

Der Kursanstieg der vergangenen Wochen wurde von stark steigenden Umsätzen begleitet. Börsengerüchte wollen von Käufen der japanischen Toshiba wissen. Nach dem Verkauf der Sparte Rüstungselektronik soll angeblich ein Übernahme-Angebot von Toshiba an die freien Aktionäre zu sieben Dollar je Unisys-Aktie folgen.

Als Käufer für die Rüstungselektronik sieht die Washington Post eine Investorengruppe um den ehemaligen US-Verteidigungsminister Carlucci, die bereit sein soll, zwischen fünfhundert Millionen und einer Milliarde US-Dollar zu bieten. Im Rüstungselektronik-Bereich setzte Unisys zuletzt 2,5 Milliarden US-Dollar um und erwirtschaftete zirka l00 Millionen Dollar Profit. Der Verkauf dieser Sparte würde die Unisys-Zinslast um zirka ein Viertel reduzieren. Der Zinsersparnis auf der einen Seite stünde jedoch der Verlust des Gewinnpotentials der Rüstungsaktivitäten gegenüber.

Ob der Verkauf der Sparte Rüstungselektronik das Überleben von Unisys bis zum nächsten Aufschwung sichern könnte, ist unsicher. Nach dem Verlust von 1.2 Milliarden Dollar allein im zweiten Quartal des laufenden Geschäftsjahres dürften die Verbindlichkeiten von Unisys insgesamt bei zirka vier Milliarden US-Dollar liegen. Selbst bei einem günstigen Verkauf der Rüstungselektronik-Tochter wäre nur eine Teilentschuldung möglich. Die prekäre finanzielle Situation könnte so nicht von Grund auf bereinigt werden.

Nach der Kursverdoppelung seit Jahresanfang sollte man jetzt nicht mehr auf den fahrenden Zug aufspringen. Wer Anfang l991 bei Unisys eingestiegen ist, sollte einen Teil des Engagements zur Disposition stellen und bei Kursen in Richtung sechs US-Dollar Gewinne mitnehmen. Die zweite Hälfte des Engagements kann vor dem Hintergrund der Übernahmegerüchte gehalten werden.

*Arnd Wolpers ist Geschäftsführer der Vermögensverwaltungsgesellschaft CMW GmbH in München