CP-Ring für die schnelle Daten- und Sprachübertragung

Uni Saarbrücken: Glasfasern holen Cantus ein

28.10.1988

SAARBRÜCKEN (sch) - Das von der Universität Saarbrücken und Siemens initiierte Großprojekt "Innovative Informations-Infrastruktur" - kurz I.I.I - läuft Ende des Jahres aus. Auf dem Campusgelände der Hochschule ist damit noch lange nicht aller Tage Abend: Künftig sollen dort Lichtwellen-Leiter mit CP-Technik Einzug halten als Medium für das Uni-Netz Cantus.

"Auf längere Sicht ist zu erwarten, daß in einer ersten Stufe Teile von Cantus(-campus-überdeckendes Netz der Universität Saarbrücken) durch Glasfaser ersetzt werden, prognostiziert Jean Schweitzer, Leiter des Siemens-Projektbüros an der Hochschule des Saarlandes. "Wir haben gerade auf dem I.I.I-Forum Gespräche geführt, die ein sehr starkes Interesse in dieser Richtung gezeigt haben. Angedacht war das Ganze aber schon länger."

Zunächst ist eine Lichtwellenleiter-Verkabelung dort vorgesehen, wo der größte Bedarf für eine schnelle Datenübertragung herrscht, wie zum Beispiel im Bereich Informatik mit dem RZ der Saarbrückener Hochschule und dem im Entstehen begriffene KI-Zentrum. Die kommenden Aktivitäten werden nicht mehr unter der Bezeichnung I.I.I weitergeführt, sondern als eigenständige Projekte.

Cantus in seiner jetzigen Ausbaustufe mauserte sich seit seinem Start im Jahr 1983 zu einem zweistufigen Punkt-zu-Punkt-Netz, das Großrechner, Workstations, PCs sowie herstellerspezifische Inhouse-LANs der einzelnen Institute integriert (siehe CW Nr. 46 vom 14. November 1986, Seite 5). Projektleiter Schweitzer räumt - ohne genaue Einzelheiten zu nennen - ein, daß es hier und da zu Verzögerungen gekommen sei und man die ursprünglich gesteckten Ziele habe zurückschrauben müssen. Sein Einwand: "Cantus ist zwar jetzt richtig in der Betriebsphase. Wir hoffen aber, daß noch mehr ausgereifte Anwendungen über das Netz laufen."

Erste Gehversuche mit Glasfasern, die später einmal Übertragungsraten von bis zu 100 MBit pro Sekunde erlauben, begannen vor zirka zwei Jahren. Hierzu wurden drei Ethernet-Segmente und einige PCs über einen Glasfaser-Sternkoppler miteinander verbunden. Das zweite Vorhaben, den CP-Ring (CP:Circuit/Packet-Switch) als fehlertolerantes breitbandiges LAN, schleppt die saarländische Hochschule nach Worten von Schweitzer schon länger mit sich herum. Der Mangel an geeigneter Software für die Multibus-Schnittstelle blockierte bis vor einem dreiviertel Jahr die Aktivitäten für die Netzinstallation.

Inzwischen wurde jedoch ein CP-Ring mit hybridem Zugriffsprotokoll aufgebaut, der zwei LANs miteinander verbindet. Im Rahmen des jetzigen Entwicklungsschritts gehen MX-2 und BS2000-Rechner per Direktanschluß an das neue Medium. Die Weiterführung des Projekts soll darauf hinauslaufen, den CP-Ring auch zur Vernetzung von größeren Rechenanlagen einzusetzen, die ihre Daten sowohl im C- als auch im P-Teil übermitteln, wobei der C-Teil als Backbone für Nebenstellen-Anlagen dient. Für die Leitungsvermittlung müssen die Siemens- und Uni-Softwerker ebenfalls noch fehlende Protokollelemente "kreieren". Schweitzer über die neue Form der Paket- und Leitungsvermittlung: "Je größer der Anteil der Datenverbindung ist, desto eher wird man sich für den CP-Ring entscheiden, weil er im Gegensatz zu ISDN mit 64 KBit pro Sekunde eine hohe Leistung entwickelt."

Cantus-Protokollwelt

- Ebene 2: TTY, HDLC, LSV1, MSV1, Ethernet sowie KE (bedient ein schnelles eigenentwickeltes Kanalinterface)

- Ebene 3: Datagramm-Dienst, der entsprechend den Routing-Vorschriften ein Datenpaket zu seinem Ziel transportiert.

- Ebene 4: Broadcast-Funktion, die die entsprechenden Netzadressen einfügt und Nachrichten im Netz versendet.

Cantus-Konfiguration im Überblick

- 16 Knotenrechner

- 67 Stationscontroller

- 7 Ethernet-Inhouse-Netze

- 4 BS2000-Anlagen

- 2VAX/Unix-Maschinen

- 300 PCs (Sinix PC-X, Sinix PC-MX, IBM-PC und Kompatible

sowie Atari

- 400 Terminals und Drucker

- Backbone-Verbindung über Twisted-Pair-Kabel mit

Übertragungsraten von mehr als 1 MBit pro Sekunde

- Dienste: Remote Dialog und 9750-Emulation zwischen PC beziehungsweise Terminals und BS2000- sowie Vax-Rechnern, Remote Spool im Druckerbereich, File-Transfer sowie das Backup- und Archivierungssystem.