Maspar-System mit 16 000 Prozessoren geht in Betrieb

Uni Karlsruhe malt Zukunftsbild paralleler Hochleistungsrechner

03.07.1992

KARLSRUHE (pi) - Parallelverarbeitung gilt als zukunftsträchtig - für die Universität Karlsruhe ein Grund, sieh mit dieser Technologie wissenschaftlich zu beschäftigen. Die Fakultät für Informatik und das Rechenzentrum der Universität arbeiten seit Ende Mai 1992 mit einem massiv-parallen Rechner des Typs "Maspar 1216A".

Der hochgradige Parallelismus dringt in nahezu alle Bereiche der Informatik ein, erklärt die Universität. Dabei handelt es sich um Computersysteme, die über sehr viele zusammengeschüttete Recheneinheiten verfügen - beim Maspar-Modell der Universität seien es 16 000 parallel operierende Prozessoren Diese Recheneinheiten bearbeiten gleichzeitig (parallel) ein Programm. Dadurch sei es zum ersten Mal innerhalb einer vertretbaren Zeitspanne möglich, komplexe und aufwendige Aufgabenstellungen wie Wettervorhersage, Flugsimulation, Arzneimittel-Entwicklung sowie die Simualtion von Crash-Tests im Fahrzeugbau zu bewältigen.

Die Wissenschaftler weisen aber darauf hin, daß Parallelrechner ein Überdenken aller gewohnten Ansätze und eine Änderung in der Organisation sowie die Aufteilung der Arbeit erfordern. Deswegen sei auch die Frage zu klären, ob und wozu diese aufwendigen Supercomputer nützlich sind Für Projekte, die auf bereits existierenden Rechnersystemen zufriedenstellend gelöst würden, benötige man keinen Parallelrechner, stellen die Fachleute fest.

Die Forschung stehe dagegen Problemen gegenüber, die sich erst mit parallelen Anlagen angehen ließen. Eine Wettervorhersage verliere ihren Sinn, wenn ein Computer dafür eine Woche benötige. Deswegen würde man sich heute noch mit ungenauen Berechnungen zufriedengeben, nur um rechtzeitig ein Resultat zu erhalten Parallelrechner können jedoch so ausgebaut werden, daß das Ergebnis nach acht bis neun Stunden vorhanden ist. Zudem erfordern auch künstliche Neuronennetze, die die Funktionsweise von Nervensystemen nachbilden die Parallelverarbeitung

Parallelrechner mit mehr als 16 000 Recheneinheiten

Vergleiche mit den ebenfalls leistungsstarken Vektorsystemen lassen sich bei diesen Anwendungen kaum ziehen. So installierte die Universität einen Hochleistung-Vecktorrechner, der eine Leistung von 5 Gflops bietet. Mit dieser Performance könne, so die Fachleute, der neue Parallelrechner nicht aufwarten Das Maspar-System sei aber durch die parallele Architektur in der Lage, vollkommen neue, für Vektorrechner unlösbare Aufgaben zu bearbeiten. Der Parallelcomputer bietet 256 MB Arbeitsspeicher, einen I/O Durchsatz von 22 MB/s zu 11 GB-Disk-Arrays und umfaßt auch eine Decstation, Modell 5000/200, als Vorrechner

Heute sind bereits von mehreren Herstellern Parallelrechner erhältlich, die mit mehr als 16 000 Recheneinheiten arbeiten. Die Geräte - groß wie Schränke - kosten aber noch viel Geld. Die Wissenschaftler vermuten jedoch, daß eine ähnliche Entwicklung wie im Mikroprozessor-Bereich eintritt. Trifft diese Einschätzung zu, werden kleine Computer auf den Markt kommen, die verhältnismäßig preiswert sind und dennoch eine riesige Rechenleistung voll bringen.

Wie diese Systeme der Zukunft einmal genutzt werden - dies vorherzusagen fällt den Wissenschaftlern schwer. Es werde vielleicht "intelligente" Autos, Roboter und Telefongeräte geben, orakeln die Universitätsleute. Autos etwa, die Personen führerlos ans Ziel bringen, Roboter, die sehen und hören, oder Telefone, die automatisch in andere Sprachen übersetzen seien denkbar. Bis solche Anwendungen Realität würden, müsse sich aber der Computerbau weiter verbessern, wobei die Karlsruher der Softwarebranche die entscheidende Fortschritte abverlangen.