Uni Essen bildet Sicherheitsexperten aus

08.10.2002
Von Evelyn Fischer
IT-Sicherheitsexperten sollten solide mathematische und informatische Grundlagen gleichermaßen mitbringen. Solche Experten gehen jetzt aus dem Bachelor-Studiengang Mathematical Engineering der Universität Essen hervor.

Seit dem Wintersemester 1999/ 2000 bildet das Institut für Experimentelle Mathematik (IEM) der Universität Essen mit dem Bachelor-Studiengang Mathematical Engineering in dreieinhalb Jahren Studenten unter anderem für den Bereich der Datensicherheit berufsqualifizierend aus. Das interdisziplinäre Studium vermittelt solide mathematische und informatische Grundlagen sowie Spezialwissen in einem der möglichen Vertiefungsgebiete Datensicherheit, numerische Simulation und Beherrschung verteilter Systeme. In einem dreimonatigen Pflichtpraktikum setzen die Studenten die erlernte Theorie in die Praxis um und lernen potenzielle Berufsfelder kennen. Diese liegen vor allem im Bereich der IT-Sicherheit.

So betreut die Gelsenkirchener CV Cryptovision GmbH, Spezialist für Verschlüsselungsverfahren auf Basis elliptischer Kurven, zurzeit den ersten Praktikanten des Studiengangs Mathematical Engineering. Holger Fey hat sich wie viele andere seiner 90 Kommilitonen auf den Studienschwerpunkt Datensicherheit spezialisiert und setzt sein mathematisches Know-how innerhalb eines Projektes bei Cryptovision um. In diesem Rahmen implementiert Fey Algorithmen auf Mikroprozessoren für Smartcards, die heute zur Personenidentifikation, zur E-Mail-Verschlüsselung und für die elektronische Unterschrift benötigt werden.

Diese mathematischen Verschlüsselungstechnologien ermöglichen es, Daten abhör- und fälschungssicher über öffentliche Netze zu transportieren. "Absolventen wie Holger Fey werden in Zukunft verstärkt benötigt", so Uwe Krieger, Leiter des Bereichs Research bei Cryptovision. "Daten sind das Kapital der Unternehmen. Sie müssen in allen Belangen und gerade beim Transfer geschützt werden." Der ideale Mitarbeiter für diesen Bereich braucht eine solide wissenschaftliche Ausbildung, kann eigenständig Probleme bearbeiten, beherrscht das mathematische Handwerk und hat ein Gefühl für Technik. "Er weiß, was realisierbar ist und was nicht", so Krieger weiter.

Frühe Spezialisierung

Auch Professor Gerhard Frey, Lehrstuhlinhaber und Leiter der Arbeitsgruppe Zahlentheorie am IEM, sieht einen steigenden Bedarf an Verschlüsselungsexperten: "Große Unternehmen mit komplexen Systemen und hohen Sicherheitsanforderungen benötigen individuelle Lösungen." Die Studenten der Fachrichtung Mathematical Engineering lernen, welche Algorithmen verwendet und wie die Datenmengen mit Kryptosystemen behandelt werden. Sie können einen Gesamtentwurf für ein Sicherheitssystem erstellen und die einzelnen Bausteine der Kryptografie passend zusammensetzen. "Grundlage hierfür ist ein solides Mathematik- und Informatikwissen, das in die Praxis umgesetzt werden kann", sagt Frey.

Studieninhalte des Vertiefungsgebiets Datensicherheit sind die anwendungsbezogene Zahlentheorie, Numerik und Statistik, Kryptografie, Codierungstheorie und die Verlässlichkeit von Rechensystemen. Alle Inhalte sind praxisnah und keine abstrakte Theorie. "Meine Tätigkeit bei Cryptovision hat viele Inhalte meines Studiums auf den Tagesplan gerufen, und ich konnte mein Wissensspektrum immer mehr erweitern", resümiert Fey. Als Kooperationspartner der Universität Essen wird Cryptovision auch in Zukunft den Studenten des Mathematical Engineering die Möglichkeit bieten, die Praxis der Datensicherheit und speziell die ECC-Technologie kennen zu lernen. Denn das Unternehmen pflegt seit seiner Gründung 1999 eine Kooperation mit dem Essener Institut für Experimentelle Mathematik. Sowohl die beiden Gründer Andreas und Markus Hoffmeister als auch Thomas Mai und Uwe Krieger, die von Beginn an im Unternehmen sind, haben dort studiert oder wissenschaftlich gearbeitet.

Die Arbeitsgruppe Zahlentheorie von Professor Frey ist Mitglied des ECC-Brainpools, einer Initiative des Gelsenkirchener Unternehmens zur Verbreitung der ECC-Technologie, an dem viele Unternehmen beteiligt sind. Auch sie werden wie Cryptovision in Zukunft von der praxisorientierten Qualifikation der Absolventen des Mathematical Engineering profitieren. "Mathematical Engineering ist ein kurzes, berufsqualifizierendes Studium. Man entscheidet sich früh für eine Spezialisierung und damit für den Bereich, in dem man später arbeiten möchte", betont Fey.

Ein auf den Bachelor aufbauender dreisemestriger Master-Studiengang Wissenschaftliches Rechnen ist beim Bildungsministerium beantragt. Er wird den Studenten die Möglichkeit zu wissenschaftlichem Arbeiten, eigenen Forschungsbeiträgen und einer Promotion geben. Promovieren möchte Fey - zumindest aus heutiger Sicht - jedoch nicht. "Erst einmal schreibe ich meine Abschlussarbeit, und dann bin ich für alles offen."