Debatte um die Rolle der Frauen in der IT

Ungenutzte Chancen auf dem Zukunftsmarkt

13.07.2001
Die Anzahl der Ausbildungsgänge in IT- und Medienberufen hat sich in den vergangenen Jahren fast verdoppelt, doch nur 29 Prozent der Auszubildenden sind Frauen. Die großangelegten Kampagnen der Bundesregierung, des Bundesamtes für Arbeit und Interessengruppen scheinen nicht greifen zu wollen. Nun muss mühsame Kleinarbeit geleistet werden. Von CW-Mitarbeiterin Katja Müller

Nach den Zielen der Bundesregierung soll der Frauenanteil an den Studiengängen Informatik und Ingenieurwissenschaften bis zum Jahr 2005 bei 40 Prozent liegen. Dazu hatte das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) zahlreiche Großprojekte gestartet, unter anderem die Aktion "Frauen ans Netz", die von der Deutschen Telekom AG, der Bundesanstalt für Arbeit und der Zeitschrift "Brigitte" initiiert wurde. Mehr als 50 000 Frauen konnte mit diesem Programm die Internet-Nutzung nahe gebracht werden. Doch ob solche Maßnahmen langfristig den Frauenanteil in den IT-Berufen steigern können, bleibt fraglich. Deshalb lud Ende Juni der neu gegründete Münchner Verein "Kompetenz für Frauen" etwa 45 Frauen, darunter IT-Trainerinnen, Mitglieder kooperierender Vereine und Frauen vom Schulreferat, zu einer Podiumsdisskussion ein.

"In den Köpfen gibt es immer noch gute und schlechte Technik, dabei verlangt heute das Kochen an einem modernen Herd ebenso viel Programmierkenntnisse wie das Bedienen eines Videorecorders", sagt die Diplominformatikerin Angelika Wittek. Zudem gelte Technik als hart, langweilig und schmutzig, und nur Männer könnten damit umgehen. Auch trage das Elternhaus oft dazu bei, dass Frauen eher eine Abneigung gegen technisch orientierte Berufe entwickeln. Später werde den Frauen dann vorgeworfen, dass sie der Technik distanziert gegenüberstehen. Dass es in Ostdeutschland einmal anders war, erzählt eine weitere Diskussionsteilnehmerin. "In der DDR war es normal, wenn die Frau Ingenieurwissenschaften studiert hat, denn Technik war in den 70ern ein Zeichen für Vorwärtskommen." So avancierte die Mathematik in diesen Jahren zum Mädchenfach und wurde auch von Fachlehrerinnen unterrichtet.

Damals war schon bekannt, dass Frauen eine zumindest ebenso starke Affinität zu diesem Berufsfeld haben wie Männer. In der Branche würden genau die Skills verlangt, über die Frauen ohnehin verfügen: Durchhaltevermögen, Frustrationstoleranz und logisches Denkvermögen. "Frauen denken pragmatisch, lassen sich aber noch zu sehr beeinflussen", erklärt eine andere Teilnehmerin. Obwohl die Berufe in dieser Branche spannende Perspektiven, flexible Arbeitszeiten und eine gute Bezahlung bieten. Gründe, weshalb auch die Mehrzahl der Diskussionsteilnehmerinnen ein technisches Studium absolvierten. "Ich wollte nicht ins Leere studieren, die Aussicht, einen Job zu bekommen, war mir außerordentlich wichtig", sagt Wittek.

Ebenso entscheidend sei eine Art Initialzündung gewesen. "In der Schulzeit hatte ich nur negative Erfahrungen mit dem Fach Informatik gemacht, während meines Politikwissenschaftsstudiums bin ich aber dann auf den Geschmack gekommen", erzählt die Systemingenieurin Gisela Schiele. Die Programmiererin Rosemarie Fischer, die seit zwölf Jahren selbständig in der Erwachsenenbildung arbeitet, fand während ihrer Umschulung zur DV-Kauffrau vor allem Gefallen an der Kombination von Programmierungstechnik und den betriebswirtschaftlich-kaufmännischen Inhalten. Damals galt sie als schwer vermittelbar, bekam jedoch durch die zunehmenden Möglichkeiten in der IT-Branche eine Chance.

Hier setzt auch der Münchner Verein an. In Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt für Arbeit werden Mädchen-Computer-Tage veranstaltet und geförderte Kurse für Wiedereinsteigerinnen und Grafikerinnen angeboten. Zudem hat "Kompetenz für Frauen" mit der Initiative Trainerinnenoffensive Tele-Teaching (Tott) Kontakt aufgenommen, wo sich selbständige Frauen berufsbegleitend weiterqualifizieren können. Daneben bildet der Verein Trainerinnen im IT-, Medien- sowie spezialisierten und vertiefenden Bereichen aus, beispielsweise in technischen Netzwerken, Online-Programmierungen und -Anwendungen.