Technische Spezialsysteme kranken an der Benutzerführung, aber:

Unflexibilität ist oft der Preis für Ergonomie

27.06.1986

Für kleine bis mittlere Ingenieur- und Beratungsgesellschaften stellt die SW-Produktion immer noch einen entscheidenden Kostenfaktor dar. Vor allem die Entwicklung spezialisierter technisch-wissenschaftlicher Anwendungssysteme ist schwer kalkulierbar. Im Rahmen der Implementierung von Applikationssoftware zum Aufbau geografischer Informationssysteme wurde jetzt bei der Geomess Ingenieurgesellschaft mbH, Essen die Dialogführung in fachspezifischen Zusammenhängen analysiert.

Eine kostengünstige SW-Entwicklung scheitert immer noch oft an der Unkenntnis oder Gleichgültigkeit gegenüber DV-Normen. Ein weiterer Faktor ist die geringe Bereitschaft, für grundlegende Problemlösungen Allgemeingültigkeit anzustreben und den scheinbaren Mehraufwand der Modularisierung zu leisten.

Bei fachtechnischen Spezialsystemen zeigt sich immer wieder, daß gerade die Interaktion zwischen Programmen und Anwendern, die Benutzerführung also, bei der Implementierung stiefmütterlich behandelt wird. Doch gerade hier treffen die unterschiedlichsten Probleme und Hindernisse zusammen:

- unzureichende Möglichkeiten der Ein-/Ausgabe in den meisten

Programmiersprachen (Fortran)

- Unterschätzung der Bedeutung von Plausibilitätsanalysen ( "lästig und unnötig")

- Schwierigkeiten bei Koordination von Programmverzweigungen und Bildschirmpräsentation

- unterschiedliche Eigenschaften und Schnittstellen von System, Leitung und Terminals

Tatsächlich erfordert die Realisierung eines sicheren und ergonomischen Benutzerdialogs großen Aufwand, der sich bei Verwendung auf dem Softwaremarkt erhältlicher Dialogsysteme oft nur gegen den Preis der Unflexibilität reduzieren läßt.

Generell gilt: Der Entwickler soll bei der aufwendigen und fehleranfälligen Individualprogrammierung von Positionierung, Präsentation und Eingabeverarbeitung befreit werden; er muß jederzeit Plausibilität prüfen und Programmverzeigungen durchführen können; letztendlich besteht als Postulat, daß die Anforderungen an System und Peripherie minimal bleiben.

Die Untersuchungen führten zu der Definition einer Dialog-Metasprache, deren Elemente zusammen mit Elementen der Programmiersprache gemischt werden können. Ein Compiler-Präprozessor generiert normgerechten Quellcode, der keinerlei Rechner- und Terminalabhängigkeit enthält. Eine zugehörige Unterprogrammbibliothek stellt die notwendigen Dialog-Grundfunktionen zur Verfügung.

Die Metasprache ermöglicht nicht nur die format- und attributgesteuerte Präsentation und Eingabe klassischer Datentypen (Texte, numerische Daten) an beliebigen Positionen, sondern auch die Selektion eines Vertreters aus einer Auswahlmenge. Ein Labelkonzept gestattet individuelle Verzweigung auf Elemente der Metasprache entweder durch explizite Sprungbefehle oder automatisch und abhängig von der Art, mit der der Benutzer eine Dialogeingabe abgeschlossen hat.

Der Compiler-Präprozessor, selbst ein rechnerneutrales Programm, generiert aus den Elementen der Metasprache umgebungsinvarianten Quellcode. Das Einbetten in Verzweigungs- oder Schleifenkonstruktionen ist somit gewährleistet.