Lateinamerika und Asien sind wichtigste Wachstumsregionen

Uneinheitliche Prognosen zum globalen IT-Markt

09.08.1996

Nach ihrer Analyse von Auftragseingängen und Jahresberichten wichtiger DV-Unternehmen kommt die Federal Reserve zu dem Schluß, die Nachfrage nach Computern werde aller Voraussicht nach sinken. Die zuletzt hohe Zahl an Rechnerkäufen begründet die "Fed" mit der zurückliegenden wirtschaftlichen Aufschwungsphase, in der hohe Investitionsbereitschaft bestanden habe. Dieser Trend, so zitiert der Nachrichtendienst "vwd" die Notenbank, sei noch verstärkt worden, weil in allen Segmenten enorme Preisnachlässe gewährt wurden.

Ganz andere Prognosen wagen die Analysten der International Data Corp. (IDC). Die Nachfrage steige, vor allem in Ländern, die bisher niemand auf der Rechnung hatte: Indien, Brasilien oder Malaysia. Anläßlich der Veranstaltung "IT Opportunities Around the Globe" präsentierten die Analysten vor zahlreichen Herstellern ihre Untersuchungsergebnisse aus 55 Ländern.

Die Zuschauer bekamen Statistiken zu sehen, die ihnen einen Anhaltspunkt darüber geben sollten, in welche Märkte es sich künftig lohnt, zu investieren. Im vergangenen Jahr, so war beispielsweise zu erfahren, gaben die Israelis pro Kopf am meisten Geld für IT-Equipment aus. In der Türkei stieg die Zahl der ausgelieferten PCs im gleichen Zeitraum um 61 Prozent. Der Markt für Netzhardware wuchs in China am stärksten - um 104 Prozent. Zum Vergleich: In Japan wurde in diesem Segment ein 57prozentiges Wachstum erzielt.

Interessant war für die Marketiers der anwesenden Hersteller auch die Erkenntnis, warum die Geschäfte in Japan so schwierig verlaufen. Mehr als in allen anderen Nationen wird im Land der aufgehenden Sonne darauf geachtet, einen Marken-PC zu erwerben. Dabei legt ein erheblicher Teil der Käufer Wert auf einheimische Produkte. Taiwanische Käufer sind dagegen offen gegenüber dem Markt: Nur zu 15 Prozent haben sie sich bereits auf eine Marke fixiert, wenn sie einen neuen PC anschaffen wollen.

Obwohl in den - aus marktwirtschaftlicher Sicht - exotischen Ländern die Nachfrage rasant wächst, ziehen viele US-Unternehmen nach wie vor das "sichere Geschäft" in klassischen Handelsregionen wie Westeuropa oder Japan vor.

Lateinamerika etwa umfaßt wegen struktureller und ökonomischer Einschränkungen nur rund zwei Prozent des weltweiten IT-Marktes. Allerdings, so die IDC-Analysten, wird sich diese Region in den kommenden fünf Jahren sehr stark entwickeln.

Wirtschaftliche Probleme hatten in Mexiko dazu geführt, daß der im Jahr 1994 gehaltene 25prozentige Anteil am lateinamerikanischen PC-Markt auf 14 Prozent zusammenschmolz. Brasilien konnte seinen Anteil dagegen von 32 auf 40 Prozent erhöhen. "Mexiko wird drei Jahre oder mehr brauchen, um auf das alte Niveau zurückzukehren", urteilt Paul Pastrone, als Vice-President von IDC für den lateinamerikanischen Raum zuständig.

Weitere IDC-Erkenntnisse:

- 17 Prozent der großen und mittleren Unternehmen weltweit planen, das World Wide Web sehr stark zu nutzen.

- Europäische und japanische Unternehmen werden im nächsten Jahr zu 25 bis 30 Prozent auf ISDN umgestellt haben in den USA hegen nur ausgesprochen wenige Firmen solche Pläne.

- Die Vereinigten Staaten stellen nur fünf Prozent der Weltbevölkerung, aber 42 Prozent der weltweiten IT-Ausgaben. Rund 56 Prozent der Menschheit lebt in Asien, wo lediglich 24 Prozent aller IT-Investitionen erfolgen.

- In den Staaten sind 28 Prozent der Home-User weiblich - in Indien sind es gerade mal zwei Prozent.

- Chinesische PC-Besitzer geben zu 100 Prozent an, sie nutzten ihr System auch zum Spielen. Deutlich weniger unterhaltungsorientiert zeigten sich malaysische Anwender, die nur zu 23 Prozent Games verwenden.