Umstellung auf R/3 mittelfristig geplant Das R/2-Vertriebsmodul hilft Bahlsen beim Re-Engineering

05.08.1994

HANNOVER (CW) - Der hannoversche Keksfabrikant Bahlsen KG hat seine Vertriebs- und Distributionslogistik neu organisiert - auf Basis des Standardsoftware-Veteranen R/2 von der SAP AG, Walldorf. Mit Hilfe des in Sulzbach bei Frankfurt ansaessigen Beratungshauses Andersen Consulting wurde die funktionale Sachbearbeitung durch eine prozessorientierte abgeloest.

Kundennaehe ist zur Zeit das Credo der Beratungsbranche - Bahlsen zaehlt zu den Unternehmen, die sich ueberzeugen liessen. Gemeinsam mit Andersen setzten die Norddeutschen das Projekt "Skala" (System fuer kundengerechte Auftrags- und Logistikabwicklung) um. Ein Team aus 40 Beratern und Bahlsen-Mitarbeitern reorganisierte in den vergangenen 20 Monaten die Vertriebs- und Distributionslogistik und setzte dabei auf die Vertriebskomponente der Grossrechner- Standardsoftware R/2.

Ziel des Projektes war die Einfuehrung einer an Kundenbeduerfnissen ausgerichteten Sachbearbeitung sowie die Integration der bereichsuebergreifenden Logistik. Eine bislang arbeitsteilige Kundenbetreuung wurde in eine durchgaengige Vorgangsbearbeitung ueberfuehrt, die Verantwortung fuer Kunden auf die Sachbearbeiterebene verlagert.

Geschaeftsprozess-Optimierung geht fuer Manfred Hoernlein, Leiter der Anwendungsentwicklung, nicht zwingend mit der Dezentralisierung der Datenverarbeitung einher. Im Gegenteil: "Wir haben unsere Kundenbetreuung zentralisiert, heute gibt ein Mitarbeiter Auskuenfte von der Debitoren-Buchhaltung ueber Lieferauftraege bis hin zur Reklamationsbearbeitung."

Auf der anderen Seite sei die Pflege der Stammdaten dezentralisiert worden - je nachdem, wo sie anfallen, lassen sich die Daten aktualisieren. Der Artikelstamm etwa werde sowohl vom Controlling als auch von Forschung und Entwicklung sowie der Produktion in Stand gehalten. Frueher hatte Bahlsen diese Informationen an zentraler Stelle zusammengefasst und ueber Formulare auf den neuesten Stand gebracht - heute lasse sich diese Aufgabe elektronisch am SAP-Bildschirm erledigen.

Der Keksfabrikant setzt derzeit noch in allen operativen Geschaeftsfeldern die SAP-Software R/2 ein. Investitionsschutz und die Tatsache, dass die Client-Server-Alternative R/3 zu Projektbeginn noch nicht vollstaendig verfuegbar war, gab den Ausschlag fuer diese Entscheidung. Ein Wechsel in die R/3-Welt ist jedoch mittelfristig angedacht.

Die SAP-Mainframe-Software R/2 laeuft nahezu vollstaendig auf einem IBM-Host (3090) unter MVS/ESA. Die Hannoveraner arbeiten mit dem neuesten

R/2-Release 5.0 sowie mit PCs als Endgeraeten, die im naechsten Jahr eine CUA-Oberflaeche erhalten sollen.

Gegen einen flaechendeckenden Einsatz von Standardsoftware hat Hoernlein keine Bedenken. "Aus der Abwicklung von Distribution und Vertrieb erwirtschaftet man keine Wettbewerbsvorteile", erklaert der DV-Verantwortliche. Auch Produktionsplanung und -steuerung sind nach Ansicht von Hoernlein mit Standardsoftware abzudecken. Das gelte aber nicht fuer Vertriebs- und Marketing- Informationssysteme. Hier nutze Bahlsen eigenentwickelte Systeme, die unter anderem Ergebnis- sowie Kunden- und Artikel- Deckungsbeitragsrechnung einbezoegen.

Dort, wo sich das Skala-Projekt mit Logistik befasst, geht es darum, den Verkehr zwischen sechs Werken, 16 Ausfuehrungs- und vier Zentrallagern zu regeln. Distribution, Nachschubversorgung und Versand waren zu optimieren. Diese Aufgabe liess sich nicht auf Basis des SAP-Standards allein loesen, Bahlsen musste die Standardsoftware - mit Unterstuetzung der SAP - anpassen.

Bahlsen

Die Bahlsen-Gruppe hat 1993 weltweit einen Umsatz von 1,8 Milliarden Mark erzielt, davon wurden 969 Millionen Mark in Deutschland erwirtschaftet. Der 9000-Mitarbeiter-Konzern betreibt etwa 20 Produktions- und Distributionsfirmen in Europa, Kanada und den Vereinigten Staaten. Bahlsen sieht sich als weltweit viertgroessten Hersteller von Dauerbackwaren.