Offshoring und Cloud Computing

Umbrüche im Servicemarkt

23.04.2011
Von 


Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.

SaaS-Anteil wächst beständig

Die wohl tiefgreifendste Veränderung für den gesamten IT-Markt geht vom Cloud Computing aus. Die Analysten von Forrester schreiben in einer Studie über die Zukunft des IT-Servicemarktes ("The Comming Upheavel In Tech Services"), die Bereitstellungen von IT-Diensten nach Bedarf werde zur Regel. Sie verweisen auf die kontinuierlichen Zuwächse des SaaS-Anteils (Software as a Service) am Anwendungsmarkt in den USA. Er stieg in den Jahren 2006 bis 2009 von zwölf Prozent auf 21 Prozent.

Zwar erwarten Marktbeobachter nicht, dass Unternehmen sofort ihre gesamte IT in die Cloud verlagern, zumal die Infrastrukturangebote (IaaS = Infrastructure as a Service) weniger ausgereift sind als ihre Software-Pendants. Doch in den kommenden zwei bis drei Jahren werden Anwender immer mehr isolierte IT-Segmente und von Altlasten unabhängige Neuinstallationen an Cloud-Provider übertragen.

Vordergründig ähnelt das Cloud-Betriebsmodell dem herkömmlichen Outsourcing. In beiden Fällen werden IT-Services einem externen Anbieter übergeben. Insbesondere in einer extern betriebenen Private Cloud stellt der Provider dem Anwender eine geschlossene Umgebung bereit (die er möglicherweise mit Geschäftspartnern teilt) und kann ihm transparent darstellen, wo beispielsweise Daten gespeichert werden. So behält der Eigentümer die Hoheit über seine Informationen.

Private Cloud verändert das Outsourcing-Geschäft

Ananth Krishnan, CTO bei Tata Consultancy Services: "Das ökonomische Cloud-Modell unterscheidet grundlegend von dem des Outsourcings."
Ananth Krishnan, CTO bei Tata Consultancy Services: "Das ökonomische Cloud-Modell unterscheidet grundlegend von dem des Outsourcings."
Foto: Tata Consultancy Services

"Private Cloud ist eine evolutionäre Weiterentwicklung des Outsourcings, ergänzt um neue Technologien etwa zur Virtualisierung und zur einfacheren Nutzung und verbrauchsabhängigen, granularen Abrechnung", betont Ananth Krishnan, Chief Technology Office (CTO) bei Tata Consultancy Services (TCS) in Chennai, Indien. "Der Unterschied lässt sich an drei besonderen Attributen festmachen", erläutert der Manager. Erstens liege der Cloud die Virtualisierungstechnik zugrunde, die völlig neue Möglichkeiten der IT-Auslastung schaffe. Zweitens werde der IT-Bedarf schnell und exakt nach Anforderung befriedigt.

Änderungen etwa bei Speichermengen und Qualitätsanforderungen können Anwender in Self-Service-Portalen selbst umsetzen. Drittens bezahlten Anwender im Cloud-Betrieb nur für tatsächlich verbrauchte IT-Ressourcen, sie kaufen beispielsweise keine IT-Ressourcen mehr auf Vorrat ein. "Damit unterscheidet sich das ökonomische Cloud-Modell grundlegend von dem des Outsourcings", fasst Krishnan zusammen.

Die Anbieter verlieren damit den Komfort fester Rahmenverträge, wie sie es im Outsourcing gewohnt sind. Sie müssen schneller reagieren und bekommen weniger Geld je IT-Einheit. Der Trend hat Auswirkungen auf das gesamte Geschäft der Betriebsdienstleister, Sie können sich dem Begehren ihre Kunden nach mehr Flexibilität und günstigeren Kosten nicht dauerhaft widersetzen. TCS virtualisiert nach und nach die Rechenzentren, die der Provider für seine Kunden betreibt.

Damit könne man dem Kunden schneller zeitweilig benötigte Installationen etwa für Testumgebungen oder geschlossene IT-Pools für die Kunden und deren Partner oder Kunden bereitstellen, wirbt Krishnan für das Modell. Darüber hinaus wendet sich der Provider mit neuen Public-Cloud-Offerten an die vielen kleine indische Firmen ohne IT-Ausstattung. "TCS ist traditionell ein Unternehmen, das sich auf Großkunden konzentriert. Mit der öffentlichen Cloud können wir völlig neue Kundengruppen erschließen", beschreibt Krishnan die Vorteile des Modells für die Dienstleister.

Cloud Computing stärkt die großen Anbieter

Der IT-Bezug aus der Wolke wird das Anbieterspektrum verändern. Weil der Aufbau entsprechender Infrastrukturen teuer ist, begünstigt der Cloud-Trend vor allem die großen Provider. Sie nehmen den Kunden das Risiko eines schwankenden IT-Bedarfs ab und gleichen Lastspitzen zwischen verschiedenen Abnehmern aus. Je mehr Anwender sich virtualisierte IT-Ressourcen teilen, desto besser gelingt das. "Cloud Computing wird zu einem Service, den die Provider anbieten müssen, mit dem sie sich allerdings auch nicht differenzieren können", blickt Carsten Rossbach, Partner bei der Roland Berger Strategy Consultants GmbH, in die Zukunft.

"Provider sollten in den Regionen Europa, Asien und Nordamerika eine Position unter den Top drei anstreben, um langfristig profitabel wachsen zu können. Daneben wird es ausreichend Platz für Spezialisten in regionalen und funktionalen Nischen geben", beschreibt Rossbach das Zukunftsszenario. "Spannend wird es sein, wie sich das Mittelfeld sortiert." Möglicherweise ergeben sich neue Ökosystems und Partnerschaften. Wichtig sei es, eine relevante Rolle in der Cloud-Nahrungskette zu besetzen.