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Offene Detailfragen weitgehend geklärt

Ultimatum bringt das Herkules-Projekt voran

11.06.2004
Das 6,5 Milliarden Euro schwere Outsourcing-Projekt der Bundeswehr scheint nach einem Ultimatum aus dem Verteidigungsministerium endgültig an das Konsortium Isic 21 zu gehen.

Das 6,5 Milliarden Euro schwere Outsourcing-Projekt "Herkules" der Bundeswehr scheint nach einem Ultimatum aus dem Bundesverteidigungsministerium endgültig an das Industriekonsortium "Isic 21" zu gehen. Insider-Informationen zufolge wurden offene Fragen zum Ausschreibungsvolumen sowie zur Zukunft von 1500 Fernschreibern der Bundeswehr jetzt geklärt.

Für Außenstehende waren die Verhandlungen zwischen dem Bund einerseits und den in der Isic 21 verbundenen Firmen - dem Systemhaus CSC Ploenzke, dem Rüstungskonzern EADS sowie dem Telekommunikationsanbieter Mobilcom - zunehmend undurchsichtig geworden. Das Konsortium war bereits im Juni 2002 auf einer so genannten Setzliste vom Bund und dem Bundesverteidigungsministerium (BMVg) als favorisierter Anbieter benannt worden. Damit hatte das zweite Bieterkonsortium TIS (Deutsche Telekom, IBM und Siemens) das Nachsehen.

Seit zwei Jahren aber schien sich in den andauernden Verhandlungen keine Einigung bezüglich der Leistungs- und Forderungskataloge des Herkules-Projekts erzielen zu lassen. Von Sommer 2002 bis zum Herbst des vergangenen Jahres arbeiteten beide Verhandlungsparteien in einer so genannten Due-Diligence-Phase daran, eine Bestandsaufnahme der kompletten bei der Bundeswehr vorhandenen IT-Ausstattung vorzunehmen.

Auf Basis dieser Inventarisierung konnten die Partner überhaupt erst einen Überblick erhalten, welchen Umfang zum einen die Kompletterneuerung der Informationstechnologie annehmen würde und wie hoch zum anderen der Betriebs-, Betreuungs- und Wartungsaufwand für das Konsortium Isic 21 sein würde. Die Due-Diligence-Phase war im Spätherbst 2003 abgeschlossen.

Erst danach - also vor zirka acht Monaten - begannen die eigentlichen Verhandlungen zwischen Bund und Isic 21, um einen so genannten Business Case aufzustellen. In diesem werden die finanziellen Rahmenbedingungen wie auch die funktionalen Anforderungen der aufzubauenden zivilen IT-Topologie der Bundeswehr in einer Grobplanung festgehalten. In diesem Masterplan zurren die Parteien den Leistungsumfang genauso fest wie die Wartungs- und Haftungsverpflichtungen. Der Business Case stellt allerdings nur fest, dass das Herkules-Projekt in dem hier definierten Rahmen für beide Partner machbar ist. Er nennt noch keine definitiven Zahlen etwa zu den Gesamtkosten des über zehn Jahre laufenden, auf momentan 6,5 Milliarden Euro begrenzten Projekts.

Rechtsanwälte verdienten gut

Die Verhandlungen über einen tragbaren Business Case haben dazu geführt, dass sich - wie es ein Beteiligter ausdrückt - "insbesondere Rechtsanwälte eine goldene Nase verdienen". So hatte der Bund etwa darauf gedrängt, dass die aufzubauende PC-Landschaft alle zwei Jahre erneuert wird, Isic 21 wollte einen Vier-Jahres-Zyklus durchsetzen. "Probleme dieser Art gibt es zu Tausenden" und sie erfordern alle eine juristische Prüfung.

Nach drei Verhandlungsrunden sind sich die Verhandlungsparteien jetzt offensichtlich sehr nahe gekommen. Hier scheint insbesondere ein Ultimatum aus dem Verteidigungsministerium seine Wirkung zu tun. Danach muss sich Isic 21 bis zum 30. Juni 2004 endgültig zu dem jetzt auf dem Tisch liegenden Business Case positiv äußern. Verstreicht der Termin ohne eine Zusage von CSC Ploenzke, EADS und Mobilcom, will der Bund ausschreibungsgemäß mit dem Konkurrenzkonsortium TIS in Verhandlungen treten.

Letztlich ging es, wie Verhandlungsbeteiligte sagten, vor allem noch um zwei Diskussionspunkte: Im Zuge der Auslagerung von Bundeswehrangestellten - Zivilpersonal ebenso wie Soldaten - an die zu gründende IT-Gesellschaft wollte Isic offensichtlich von den 5000 in Rede stehenden Armee-angestellten 1500 Fernschreiber nicht übernehmen. Sie seien nicht mehr für die anstehenden neuen Aufgaben qualifizierbar. Diese Forderung ist, wie es die SPD-Haushaltsexpertin Elke Leonhard in einem Schreiben an Verteidigungsminister Peter Struck ausdrückte, vom Tisch.

Ferner hatte Isic 21 offensichtlich gepokert und versucht, auf die über zehn Jahre in gleichen Teilen gestreckten Kosten von insgesamt 6,5 Milliarden Euro noch einmal eine Milliarde Euro aufzusatteln. Unter dem Eindruck des BMVg-Ultimatums hat sich das Industriekonsortium aber nach den vorliegenden Informationen von diesen Vorstellungen wieder verabschiedet. (jm)