Wenn Chefs Mitarbeiter schlecht behandeln
CW: Kann man denn als Angestellter etwas tun, wenn der Chef einen herablassend behandelt?
Knigge: Sagen Sie ihm, dass Sie nicht herablassend behandelt werden wollen. Seien Sie direkt, aber senden Sie die Botschaft vorsichtig. Sagen Sie nicht: "Sie behandeln mich wie den letzten Dreck", sondern "Ich fühle mich von Ihnen schlecht behandelt. Wollen Sie das, wollen Sie mich angreifen?" Was soll denn passieren? Das schlimmste, das passieren kann, ist, dass Ihr Chef sagt: "Ja, das stimmt." In 99 Prozent der Fälle reagiert der andere aber so: "Um Gottes Willen, das ist ein Missverständnis, das wollte ich nicht. Lassen Sie uns noch einmal drüber reden."
CW: Viele trauen sich aber nicht, ihrem Chef direkt die Meinung zu sagen.
Knigge: Das ist ein ganz großes Problem in der Kommunikation. Viele Führungskräfte sagen zwar zu ihren Mitarbeitern: "Kommen Sie zu mir und reden Sie offen." Aber es wird ihnen nicht geglaubt. Ein Chef muss erst beweisen, dass er Offenheit aushalten kann. Wer das schafft, glaubhaft zu vermitteln, der wirkt souverän. Und souveräne Menschen, sind fast immer Menschen, mit denen man sich gerne umgibt und für die man gerne arbeitet. Es wäre schön, wenn es mehr solche Führungskräfte gäbe.
CW: Wie bringen Sie denn Chefs, die einen härteren Ton am Leibe führen, wertschätzende Kommunikation bei?
Knigge: Die kommen gar nicht zu mir. Die sagen zwar, wertschätzende Kommunikation hört sich gut an und das brauchen unsere Leute, aber sie machen nicht mit. Das ist schade.
CW: Gibt es einen Unternehmer, von dem Sie sagen würden, er kann wertschätzend kommunizieren?
Knigge: Götz Werner, Gründer und Geschäftsführer von dm, ist richtig gut. Seine Haltung strahlt auf den Betriebsklima ab, bis in die kleinste Filiale. Das merken Sie sofort, wenn Sie zuerst zu Schlecker gehen und dann zu dm. Auch Google scheint eine gute Führung zu haben. Dort herrscht ein sehr ansprechendes, offenes Klima. Das zeigt sich an der Art und Weise, wie Mitarbeiter dort Fragen an die Führungskräfte stellen.
- 1. Behandeln Sie Ihre Mitarbeiter ...
... freundlich - unabhängig von der Tagesform. - 2. Respektieren Sie Ihre Mitarbeiter ...
... als Menschen mit eigenen Zielen und Wünschen, die Beruf und Privatleben in Einklang bringen müssen. - 3. Kontrollieren Sie nur da, wo Kontrolle nötig ist.
Lassen Sie Verantwortung und Kompetenz beim Mitarbeiter. - 4. "Deckeln" Sie Ihre Mitarbeiter nicht!
Seien Sie offen für konstruktive Kritik und schaffen Sie ein Forum für den fairen Meinungsaustausch. - 5. Lassen Sie Ihre Mitarbeiter wissen, woran sie sind.
Informieren Sie offen über die Lage des Unternehmens und im Einzelgespräch auch, wie Sie die Leistung des Einzelnen einschätzen. - 6. Ein guter Chef ist ein gerechter Chef.
Verteilen Sie Aufgaben, Lob und Kritik gemäß nachvollziehbarer Maßstäbe. - 7. Führen Sie Protokoll ...
... über Ihre Entscheidungen und Arbeitsaufträge. Nur konsistente Entscheidungen schaffen eine gute Grundlage für die Zusammenarbeit. - 8. Stören Sie Ihre Mitarbeiter nicht!
Sie haben Ihre Mitarbeiter ausgewählt, weil diese Experten für ihren jeweiligen Aufgabenbereich sind. Lassen Sie die Experten ihre Arbeit tun und beschränken Sie sich auf Unterstützung und Beratung. - 9. Sorgen Sie für eine angstfreie Atmosphäre, . . .
... in der die Mitarbeiter Fehler und Probleme eingestehen können, ohne Angst vor Strafe zu haben. - 10. Bleiben Sie menschlich!
Wer als Chef die Größe hat, einen beruflichen Fehler zuzugeben, wächst in der Achtung der Mitarbeiter und ist zugleich Vorbild.
CW: Wie sollen Führungskräfte diesen Spagat schaffen - einerseits stehen sie unter Druck, andererseits sollen sie ohne Druck kommunizieren?
Knigge: Da müssen Führungskräfte durch. Sie haben auch selbst etwas davon, denn es senkt die Reibungsverluste, den Ärger und baut Druck ab. Konflikte sind Zeitfresser, sind unwirtschaftlich und hinterlassen Wunden. Es kann nicht im Sinne eines Unternehmers sein, wenn er in seinem Unternehmen viele Konflikte hat. Man geht übrigens davon aus, dass in Deutschland jeder vierte Angestellte so schlecht motiviert ist, dass er bewusst destruktiv im Job handelt. Weil er frustriert ist, lässt er irgendeine Arbeit liegen, klaut, meldet sich krank oder redet schlecht über das Unternehmen.