Typisch Benedetti

21.07.1989

Von einer "Scheidung auf italienisch" war bisweilen die Rede, wenn es um die unglückliche Ehe zwischen AT&T und Olivetti ging. Doch anders als im Film ging die Affäre unblutig zu Ende: Der amerikanische Telekom-Riese ließ sich von der Tochter scheiden und heiratete statt dessen die Mamma.

Der große Drähtezieher von Mailand, Carlo de Benedetti, hat damit wieder einmal alles in seinem Sinne gedeichselt, obwohl es zeitweilig schlecht für ihn zu stehen schien. Hätte nämlich AT&T die Olivetti-Anteile über die Börse unter die Leute gebracht, wäre wohl die Kontrolle des Magnaten über den norditalienischen Computerhersteller dahin gewesen - eine Schmach für Benedetti, der seit seinem Einstieg Anfang der achtziger Jahre aus dem notleidenden Schreibmaschinenwerk einen profitablen Konzern gezimmert hatte. Aber Don Carlo kann zufrieden sein - das US-Kapital bleibt nicht nur im Lande, sondern kommt sogar seinen vielfältigen eigenen Aktivitäten in anderen Branchen zugute. Wie es heißt, hat sich de Benedetti dieses Entgegenkommen des AT&T-Boards damit verdient, daß er still im Hintergrund die Weichen für den Deal der Amerikaner mit der staatlichen Telecom-Gruppe Italtel gestellt hat.

Die Amerikaner, die 1983 nach der Abspaltung ihrer regionalen Telefongesellschaften ein neues Expansionsfeld außerhalb der Vereinigten Staaten gesucht hatten, kommen mit blaßblauem Auge davon: Dank der Mitarbeit von Benedettis rechter Hand Vittorio Cassoni hat der New Yorker Fernmeldegigant etwas von europäischem Management und vom Computergeschäft gelernt - was im Hinblick auf den Unix-Boom bitter nötig war.

AT&T kann zwar den Kursgewinn ihrer Olivetti-Aktien nicht versilbern, doch der dafür eingehandelte Anteil an de Benedettis CIR hat einen hohen Gegenwert. Typisch Carlo: Auch wenn AT&T-Boß Bob Allen mit der CIR-Beteiligung eine Kröte schlucken mußte, sind doch alle Beteiligten mehr oder weniger zufrieden. Am meisten freilich Benedetti selbst . . .