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Schlusskurs $44,90

Twitter besteht Börsengang mit Bravour

08.11.2013
Twitter hat aus dem verpatzten Börsengang von Facebook gelernt. Nichts überstürzen, nicht übertreiben beim Preis, den richtigen Börsenplatz wählen. Das hat sich gelohnt.

Die simple Idee von 140 Zeichen langen Kurznachrichten hat Twitter zum milliardenschweren Börsenstar gemacht. Die Aktie stand am Donnerstag zum Handelsschluss in New York bei 44,90 Dollar - und damit um 73 Prozent über dem Ausgabepreis. Das Unternehmen hatte die Aktien zu 26 Dollar auf den Markt geworfen und damit bis zu 2,1 Milliarden Dollar eingenommen.

Dabei verdient das sieben Jahre junge Unternehmen bis heute kein Geld. Die Investoren setzen voll auf zukünftiges Wachstum. Es war der zweitgrößte Internet-Börsengang nach Facebook und noch vor Google.

Die Gesamtbewertung von Twitter lag zum Start bei annähernd 25 Milliarden Dollar oder grob gerechnet rund 19 Milliarden Euro. Das ist mehr als traditionsreiche deutsche Großkonzerne wie der Sportartikel-Hersteller Adidas oder der Energieversorger RWE auf die Waage bringen.

Zwischenzeitlich stieg der Kurs sogar über 50 Dollar. Analysten warnten, dies sei nicht gerechtfertigt. "Twitter ist einfach zu teuer", schrieb Brian Wieser von Pivotal Research seinen Klienten. Das "Wall Street Journal" zitierte Finanzprofessor Anant Sundaram mit den Worten: "Ich bin verloren, wenn ich auch nur eine zarte Verbindung zu den fundamentalen Daten erklären sollte."

In den ersten neun Monaten des Jahres hatte sich der Twitter-Umsatz zwar auf 422 Millionen Dollar verdoppelt. Gleichzeitig lief aber ein Verlust von 134 Millionen Dollar auf. Grund waren hohe Investitionen etwa in die Technik oder ins Marketing. Die Hoffnung ist, dass Werbeanzeigen im Nachrichtenstrom der Nutzer künftig mehr einbringen und am Ende einen Gewinn abwerfen.

"Die tolle Sache an Twitter ist: Wenn Du anfängst, wird es unersetzlich für Dich", sagte Firmenchef Dick Costolo zu Handelsbeginn auf dem Parkett der New York Stock Exchange. Er erschien im grauen Anzug mit weißen Hemd und hatte sich zur Feier des Tages ungewohnterweise eine Krawatte umgebunden.

Twitter nahm beim Börsengang bis zu 2,1 Milliarden ein, abzüglich der Gebühren für die beteiligten Banken. Das war mehr, als der Suchmaschinen-Primus Google bei seinem Börsengang 2004 kassierte. Facebook hält den Rekord bei Internetfirmen mit Einnahmen von 16 Milliarden Dollar im vergangenen Jahr.

Twitters Schatz sind die mehr als 230 Millionen aktiven Nutzer, Tendenz steigend. Diese können über den Dienst sogenannte Tweets verschicken: 140 Zeichen lange Kurznachrichten, denen auch Bilder, Videos oder Links zu Webseiten anhängen können (das tut auch @COMPUTERWOCHE).

Das Unternehmen nutzt seinen Dienst selbst gerne: Twitter verkündete sowohl den Beginn der Börsenvorbereitungen vor zwei Monaten als auch den Ausgabepreis von 26 Dollar am Mittwochabend per Kurznachricht. Mitgründer Jack Dorsey twitterte am Donnerstag direkt vom Börsenparkett: "Richten gerade unser TWTR ein." Das ist das Börsenkürzel.

Twitter gilt als vielleicht wichtigstes Medium für schnelle Nachrichten, wie sich beim Bombenanschlag auf den Marathon in Boston oder bei der Notwasserung eines Airbus-Jets im New Yorker Hudson River zeigte. Twitter-Nutzer schlugen mehrfach die klassischen Medien, die erst Teams an den Ort des Geschehens schicken mussten.

Der Kursprung bei Twitter steht im krassen Gegensatz zum Börsenstart von Facebook im Mai vergangenen Jahres. Der Kurs des Online-Netzwerks konnte sich am ersten Tag nur durch Stützungskäufe der beteiligten Banken halten und brach dann um mehr als die Hälfte ein. Grund waren technische Pannen zum Handelsstart und die Sorge der Investoren vor schwachen Werbeeinnahmen auf Smartphones. Mittlerweile liegt die Facebook-Aktie aber 26 Prozent im Plus.

Twitter hatte aus dem verpatzten Börsenstart von Facebook gelernt: Das Unternehmen wählte die altehrwürdige New York Stock Exchange statt der rein elektronischen Technologiebörse Nasdaq als Handelsplatz. "Es sieht gut aus", vermeldete NYSE-Chef Duncan Niederauer. Zudem betonte Twitter, dass bereits 70 Prozent der Werbeeinnahmen von mobilen Geräten stammen. Die Investoren hoffen, dass sich das am Ende auszahlt. (dpa/tc)