Harmonie zwischen den Anforderungen und der bereitgestellten Kapazität herstellen:

Tuning ist nicht eine Kiste voller Tricks

27.08.1982

ALLENSBACH - Die beachtliche Kapazitätssteigerung der Hardware in den letzten Jahren macht Tuningmaßnahmen heute erforderlicher als früher. Doch wie führt man Tuning erfolgversprechend durch? Tips von Michael Bauer*, die er seinem Handbuch entnommen hat.

CPUs wurden schneller, große Hauptspeicher erschwinglich und die Plattenkapazität vervielfacht. Man braucht nicht mehr mit Hardware zu geizen und kann eine Vielzahl von Anwendungen laufen lassen.

Doch genau dadurch entsteht das Problem: Die verschiedenen Anwendungen - speziell bei Online-Verarbeitung - konkurrieren um die gemeinsamen Betriebsmittel. Deswegen muß eine Harmonie zwischen den Anforderungen der Anwendungen und der bereitgestellten Kapazität hergestellt werden , um von jeder Hardwarekomponente annähernd die Leistung zu erhalten, wofür man die Miete zahlt.

Die Abbildung 1 stellt diese Zusammenhänge in Form eines Regelkreises dar: Von den Benutzern eines DV-Systems werden Verarbeitungsanforderungen in Form von Batch- und Online-Programmen gestellt. Die Arbeitslast dieser Programme muß von einem Computersystem, das aus Hardwarekomponenten und Systemsoftware besteht, bewältigt werden.

Schafft es dies nicht in befriedigender Form, muß durch Maßnahmen ein Ausgleich geschaffen werden. Hierzu gehören Programmoptimierung, Konfigurations-Tuning oder Hardware-Aufrüstung. Andererseits wirken die Kosten der Verarbeitung und die angebotene Performance (zum Beispiel Antwortzeitverhalten) wieder auf die Bedarfsbildung der Benutzer zurück.

Eine Aufrüstung der Hardware ist nicht immer die richtige, auf jeden Fall aber nicht die billigste Maßnahme gegen schwache Computerleistung. Viele Probleme lassen sich durch Tuning beheben. Dabei können die Tuningmaßnahmen in zwei Richtungen wirken:

1. Reduzierung der Belastung (workload) durch Optimierung von Anwendungsprogrammen und Systemsoftware - speziell von DB- und DC-Software.

2. Anpassung der Konfiguration an die Arbeitslast durch Rekonfiguration der Hardwarekomponenten.

Der letztere Fall läßt sich mit einem Beispiel gut verdeutlichen: Wenn ein Computersystem die erwartete Leistung nicht erbringt, so muß dies nicht unbedingt an einer zu schwachen CPU liegen. Oftmals ist das I/O-Subsystem das bremsende Element. Wenn Systemmessungen einen hohen Anteil an CPU IDLE TIME und CHANNEL ONLY BUSY ausweisen, so sind das Indizien dafür. Durch Umkonfiguration der Geräte an die Steuereinheiten und der Steuereinheiten an die Kanäle können Engpässe durch einzelne überlastete Datenpfade ausgeglichen werden. Oder wenn nur einzelne Geräte ungleichmäßig stark belastet sind, kann eine bessere Verteilung der Dateien über die Geräte Zugriffsengpässe abbauen. Dadurch wiederum kann die CPU mehr Arbeit abwickeln.

Die Abbildung 2 veranschaulicht eine systematische Vorgehensweise bei der Analyse des I/O-Subsystems. Abhängig von den Ergebnissen der gezielten Untersuchungen sind eine Vielzahl von Maßnahmen möglich.

Programme optimieren oder optimal programmieren?

Anwendungsprogramme tendieren oft dazu, unnötige Computerleistung zu verbrauchen, wenn man höhere Programmiersprachen nicht richtig anwendet. Dies kann sich auswirken in:

- unnötig zu durchlaufenden Instruktionen und Bibliotheksroutinen,

- hohem Speicherbedarf (und damit intensivem Paging),

- ungünstigen E/A-Operationen.

Durch richtige Ausnutzung der Sprachelemente von Cobol oder PL/I lassen sich oft erstaunliche Verbesserungen erzielen. Eine solche Programmoptimierung führt nicht nur zu besserem Laufzeit- oder Antwortzeitverhalten des betroffenen Programms, sondern setzt auch Computerleistung für andere Aufgaben frei.

Tuning ist nun nicht eine Kiste voller Tricks, in die man schnell mal hineingreifen kann, sondern das Ergebnis systematischer Arbeit. Hierzu werden vier Schritte durchlaufen:

1. Messen des Leistungsverhaltens und des Verbrauchs an Betriebsmitteln.

2. Analyse der Meßergebnisse, um anhand von Symptomen Schwachstellen aufzuspüren.

3. Diagnose der Ursache für eine erkannte Schwachstelle.

4. Therapie durch sinnvolle und schnelle Verbesserungsmaßnahmen.

*Michael Bauer, Leiter des Bereichs DV-Beratung, GES mbH, Allensbach