Holländer müssen erneut Verluste melden

Tulip beschuldigt Dell der Patentrechtsverletzung

01.12.2000
MÜNCHEN (CW) - Die erneut in finanzielle Schwierigkeiten geratene Tulip Computers International BV beschuldigt Dell, beim Bau von PC-Hauptplatinen Patentrechte der Holländer verletzt zu haben.

Tulip Computers, einer der letzten europäischen PC-Hersteller, sorgt derzeit in den USA für Schlagzeilen. Die Niederländer haben im US-Bundesstaat Delaware gegen Dell eine Millionenklage wegen Patentrechtsverletzung angestrengt. Technischer Streitpunkt ist das Riser-Board, das den Anschluss von PC-Erweiterungskarten ermöglicht und seitlich auf PC-Hauptplatinen statt in der Mitte angebracht ist. Die Vorteile dieser Anordnung sind unter anderem geringere Kühlprobleme und weniger elektrische Interferenzstörungen sowie eine bessere Ausnutzung der Platinenfläche. Tulip erhielt 1997 ein Patent auf AT-Platinen mit dieser Technik.

Tulip fordert 850 Millionen DollarJetzt soll Dell fünf Prozent der mit so ausgestatteten Rechnern erzielten Umsätze in Höhe von knapp 17 Milliarden Dollar an die Holländer zahlen. "Das ist die bei solchen Prozessen in den USA übliche Marge", erklärte Bernhard Schäfer, Tulips Senior Vice President für Sales und Marketing. Nach seinen Angaben hat sich Tulip bemüht, die Angelegenheit ohne Gerichte beizulegen, aber "bei solchen Größenordnungen ist ein Rechtsstreit kaum zu vermeiden". Schäfer will nicht ausschließen, dass anderen PC-Herstellern demnächst ebenfalls eine Klageschrift ins Haus flattern wird.

Soll Klage drohende Verluste ausgleichen?Tulip könnte die von Dell geforderten 850 Millionen Dollar gut gebrauchen, das Unternehmen kündigte erneut Verluste an. So wird man das Geschäftsjahr 2000 nicht wie ursprünglich geplant mit leichten Gewinnen abschließen, sondern rechnet mit einem Verlust in Höhe von 14 Millionen Euro. Als Hauptgründe dafür nennt Schäfer die Übernahme von 2L International in diesem Jahr, die zu doppelt besetzten Positionen geführt habe. Rund 40 Millionen Mark gab die Begemann Gruppe, mit einem Anteil von 60 Prozent der Hauptanteilseigner von Tulip, für 2L aus. Das ebenfalls in Holland ansässige Unternehmen stellt Notebooks und Kommunikationsgeräte her.

Zudem hatte Tulip nach Angaben von Schäfer unter dem hohen Dollar-Kurs und Lieferproblemen zu leiden. Als Konsequenz daraus will die Company, die von Jip van den Berg geleitet wird, organisatorische Änderungen umsetzen und beispielsweise die Value Added Reseller und Händler direkt beliefern. Bislang unterhielt die Company Läger in sieben Regionen. Außerdem soll der Firmensitz in sHertogenbosch verkauft und ein neues Gebäude bezogen werden, das näher an den Fertigungsstätten von 2L liegt. Die Umstrukturierung trifft auch das Personal, etwa 100 der insgesamt 300 Mitarbeiter müssen gehen. Für die Maßnahmen plant der angeschlagene Hersteller etwa 4,5 Millionen der 14 Millionen Euro Verluste ein.

Für die Zukunft gibt sich Schäfer, der zuvor hochrangige Positionen bei Philips, Compaq und Digital Equipment bekleidete, optimistisch: Das Server-Geschäft soll 2001 um 30 Prozent wachsen, das mit Kommunikationsgeräten sogar um 50 Prozent. "In Holland und Spanien sind wir in diesem Bereich Marktführer. Jetzt versuchen wir, auch in den anderen europäischen Ländern Fuß zu fassen."