TU München schafft das Diplom für Informatiker ab

04.07.2005
Von in Ingrid

Als weiteren Vorteil für Unternehmen präsentierte Informatikprofessor Broy die Möglichkeit, dass Studierende nach dem Bachelor-Abschluss zunächst einige Jahre Berufserfahrung sammeln und anschließend an die Universität zurückkehren, um ihren Master zu erwerben und tiefer in das wissenschaftliche Arbeiten und Forschen einsteigen. Später könnten sie dann in den Firmen Innovationen vorantreiben. Von dieser Kombination wollten einige Diskussionsteilnehmer überhaupt nichts wissen. "Wir brauchen Anwender, keine Wissenschaftler", wies Robert Berhof, Bereichsleiter Corporate Services, Konzernorganisation und Informatik der Bayern LB, den Vorschlag zurück. Auch Axel Röder, CIO von O2, wird für sein Unternehmen zukünftig wohl vermehrt Bachelor-Absolventen suchen. Die Rückkehr an die Universität, um einen weiteren Abschluss zu erwerben, sieht er problematisch. Andere Diskussionsteilnehmer wiesen auf die ungewisse Finanzierung, arbeitsrechtliche Fragen und das für die Firmen problematische Rückkehrrecht für die Aussteiger hin. Als Lösung bleibe den Wissbegierigen dann nur die Kündigung.

Professor Manfred Broy, TU München: "Der Master sollte der Regelabschluss sein." Foto: Joachim Wendler
Professor Manfred Broy, TU München: "Der Master sollte der Regelabschluss sein." Foto: Joachim Wendler

Für Informatikprofessor Broy verhindern solche Argumente Innovationen in den Unternehmen; es gebe durchaus Firmen, die ihren Mitarbeitern mittels langfristiger Personalentwicklungskonzepte beispielsweise die Option eröffneten, für eine Promotion an die Universität zurückzukehren. Andere Diskussionsteilnehmer sehen die ersten Jahre im Unternehmen als ausschlaggebend für die weitere Karriere an und weniger einen akademischen Titel. "Die Problemlösekompetenz ist uns wichtig, nach zwei bis drei Jahren Berufserfahrung entscheidet sich die Karriere", gibt Johann Fischer, Program Manager IS Anwendungsentwicklung der Allianz AG, zu bedenken. "In den Unternehmen werden sich zukünftig eigene Positionen für Bachelor-Absolventen entwickeln. Die Aufgaben werden sich allerdings signifikant von denen mit Master-Abschluss unterscheiden", vermutet Accenture-Mann Mang.

Zukünftig stehen Abiturienten, die sich für ein Informatikstudium an der TU München entscheiden, mehrere Wege offen. "Das Modulkonzept bietet den Studenten eine solide wissenschaftliche Ausbildung auf höchstem Niveau sowie flexible Spezialisierungs- und Kombinationsmöglichkeiten", wirbt Florian Matthes, Studiendekan der Fakultät für Informatik. Gleichzeitig wächst aber auch der Druck: "Die Studierenden haben nicht mehr vier Wochen Zeit, sich an der Universität zu orientieren; mit dem Punktesystem zählen die Noten ab dem ersten Semester für den Studienabschluss", erläutert Helmut Krcmar, Professor für Wirtschaftsinformatik und Prodekan, die neue Orientierung. Klaus Wigand, Leiter Communications der Siemens AG, wünscht sich, dass die Studierenden trotz kürzerer Studienzeiten mehr Wissen mitbringen. Dem entgegnet Krcmar: "Unsere Absolventen sollen noch nicht alles kennen, sondern durchaus erkennen, wo sie noch etwas dazulernen können." Die Diskussion über die Arbeitnehmer von morgen hat gerade erst begonnen.