TU Ilmenau: Informatikstudium für technisch Ambitionierte

08.10.2002
Von Katja Müller
Zukünftige Informatiker und Ingenieure erhalten an der TU Ilmenau fundiertes technisches Know-how. Moderne Lehr- und Forschungseinrichtungen sind weitere Gründe, warum es IT-Studenten an die TU zieht.

"Ein Ilmenauer Informatiker weiß zumindest, was ein Regelkreis ist", erklärt Horst-Michael Groß, Dekan der Fakultät Informatik und Automatisierung an der Technischen Universität Ilmenau. Die Informatikstudenten lernen hier, wie an keiner anderen vergleichbaren Einrichtung, die wichtigsten Grundlagen der Technik kennen, sagt der Professor. Bereits vor der Wende nahmen die Institutsleiter der ehemaligen "Hochschule für Elektrotechnik" unter anderem die Fakultäten Mikroelektronik, Informations- und Automatisierungstechnik sowie Neuroinformatik in ihr Studienangebot auf.

Dekan Groß, der sein Amt seit 1998 ausübt, und seine Vorgänger behielten den Kurs in Richtung Informationstechnologie bei. Dass sich die nützliche Konstellation der Fachgebiete herumgesprochen hat, beweist unter anderem die enorm gestiegene Zahl der Studierenden für die 14 Studiengänge. Waren es 1996 noch etwa 2000 Immatrikulierte, erhöhte sich deren Zahl inzwischen auf rund 7000. Davon studieren 865 Informatik und 347 Ingenieurinformatik.

Schneller als von vielen erwartet, wächst auch der Campus auf dem thüringischen Ehrenberg. Vor drei Jahren erfolgte der Spatenstich für das neue Technologiegebäude, ein rund 30-Millionen-Euro-Projekt, in dem sich das Zentrum für Mikro- und Nanotechnologien befindet. Für etwa 20 Millionen Euro entstand in unmittelbarer Nachbarschaft ein Hightech-Applikationszentrum, in dem junge, technologieorientierte Firmen, Spin-offs und Existenzgründer ihre Produkte entwickeln können.

TU leidet unter Wirtschaftsflaute

Einziger Wermutstropfen ist die schlechte Situation der Thüringer Wirtschaft. Laut Groß verlassen rund 95 Prozent der Absolventen Thüringen - allerdings nicht nur, weil es an adäquaten Jobs fehlt: Viele staatlichen Einrichtungen zahlen ihren Mitarbeitern lediglich Osttarif, der etwa 90 Prozent des westdeutschen Bundesangestellten-Tarifs entspricht. Auch die Unternehmen der Region entlohnen ihre Mitarbeiter im Vergleich zu den alten Bundesländern schlechter: Während zwischen Juni 1996 und Juni 2000 die Angleichungsquote zwischen Ost und West beim Bruttodurchschnittslohn der abhängig Beschäftigten bis zu 80 Prozent reichte, blieb eine weitere Anpassung zwischen Juni 2000 und Juni 2001 aus, berichtet das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung.

Schon die Suche nach einem Praktikumsplatz in der Umgebung gestaltet sich zunehmend schwierig. "Viele von uns haben bei Intershop ihr Praktikum gemacht. Damals freuten sich die Jenaer über jeden Studenten, der zu ihnen kam. Jetzt betreiben sie Auslese", erklärt der Informatikstudent Alexander König. Der 25-jährige Eisenacher stammt wie die meisten seiner Kommilitonen aus der Region und ist seit 1996 an der TU eingeschrieben. König hat sich auf Neuroinformatik spezialisiert und arbeitet mit selbst lernenden Systemen.

Vor allem von den niedrigen Lebenshaltungskosten ist der Informatikstudent angetan. Für sein Zimmer bezahlt König monatlich etwa 120 Euro Warmmiete. "Ilmenau ist besonders für Studenten aus weniger begüterten Familien geeignet", glaubt auch der 24-jährige Andreas Backhaus. Der Ingenieur-Informatiker aus Bad Salzungen ist im achten Semester und arbeitet an Computerprogrammen für technische Touring-Maschinen für Testverfahren. Sein Studium umfasst zu 40 Prozent Elektrotechnik und zu 60 Prozent Informatik. Im vergangenen Jahr absolvierte Backhaus ein 20-wöchiges Praktikum im Fraunhofer Institut Erlangen. "In einem Ilmenauer Praxissemester arbeiten die Studenten häufig an Themen, mit denen sie an anderen Einrichtungen erst während ihrer Diplomarbeit konfrontiert werden", erklärt Groß.

Damit die Studenten auch internationale Erfahrungen sammeln können, knüpfte die TU zahlreiche Kontakte zu renommierten Bildungseinrichtungen in der ganzen Welt. Auf der Liste stehen unter anderem die Fakultät der University Utah, an der sich Interessierte im Schwerpunkt Computergraphik weiterbilden können. In System- und Steuerungstechnik unterrichtet beispielsweise die renommierte Stanford University in Palo Alto. Für Computerrobotik können sich die Studenten an der Pittsburgh University einschreiben. Groß: "Es wird gewünscht, dass unsere Studenten ein Praktikum im Ausland machen."