Trotz Skepsis lagern Banken IT aus

12.08.2003
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Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Unter europäischen Banken hat sich das Outsourcing als Management-Werkzeug etabliert, wenngleich viele Anwender von den Ergebnissen enttäuscht sind. Zuallererst geht es den auslagernden Unternehmen nämlich um Kosteneinsparungen, die sich allerdings nur erzielen lassen, wenn die Verantwortlichen gut vorbereitet in die Diskussion mit dem Anbieter eintreten.

Der Status quo und die Entwicklung im Outsourcing-Geschäft mit europäischen Banken sind ermutigend - zumindest für Outsourcing-Befürworter. Jedes der 31 von der Unternehmensberatung McKinsey im Rahmen der Studie "ICT and Operations Outsourcing in Banking" befragten Finanzinstitute hat schon wenigstens einen Auslagerungsvertrag abgeschlossen. Outsourcing ist auf oberster Führungsebene demnach als brauchbares Management-Werkzeug akzeptiert, sei es zur Kostensenkung, Effektivitäts- oder Flexibilitätsverbesserung.

Ausgehend von 100 Prozent IT-Budget vor der Auslagerung und gewünschten Einsparungen von 15 Prozent muss der Provider IT-Leistungen zu 60 Prozent der ursprünglichen Kosten erbringen. Quelle: McKinsey
Ausgehend von 100 Prozent IT-Budget vor der Auslagerung und gewünschten Einsparungen von 15 Prozent muss der Provider IT-Leistungen zu 60 Prozent der ursprünglichen Kosten erbringen. Quelle: McKinsey


Allerdings äußerten sich auch 58 Prozent der befragten Anwender enttäuscht über die Ergebnisse des Outsourcing-Projekts. Damit bestätigt die nichtrepräsentative McKinsey-Umfrage die Erhebungen anderer Institute, die von rund 50 Prozent unerfüllten Erwartungen nach Auslagerungsprojekten sprechen: Entweder wurden die Kosten nicht in dem erwarteten Maße gesenkt, die Qualitätsansprüche verfehlt oder die Ziele nicht termingetreu erreicht - die Kritiker dürften die Klage über diese Mängel mit Genugtuung vernehmen.

Ziele im Vorfeld klar definieren

"Outsourcing ist ein valides Mittel zur Wertsteigerung, gerade im IT-Bereich", bilanziert Oliver Schein, McKinsey-Projektleiter und Co-Autor der Studie. "Es bietet aber die Möglichkeit, interne Probleme quasi durch einen Federstrich zu lösen, schon gar nicht, wenn zum Projektstart die Ziele nicht eindeutig definiert sind." Gerade Letzteres ist oftmals Ursache für späteren Verdruss über Outsourcing-Projekte. Weitere Fehlerquellen sind die unterschätzten Kosten für die Migration sowie für die auch nach dem Betriebsübergang erforderlichen internen IT-Aufwendungen.

Umgekehrt hat sich bei der Erhebung gezeigt, dass solche Unternehmen gute Ergebnisse mit dem Outsourcing erzielen, die im Vorfeld Kosten- und Prozesstransparenz geschaffen haben. McKinsey-Berater Schein rät, noch weiter zu gehen und einen Outsourcing-Geschäftsplan zu erstellen. Ein solches Papier listet beispielsweise Einsparziele auf und ermöglicht eine permanente Erfolgskontrolle. "Wer schwarz auf weiß formuliert, was er sich von einem Auslagerungsprojekt verspricht, dem fällt auch die Provider-Auswahl und die Vertragsgestaltung leichter", erläutert Schein. Denn - auch das ist ein Ergebnis der Befragung - viele Fehler sind in Folge einer falschen Anbieterwahl geschehen, weil Anwender sich von den Einsparversprechen der Provider haben locken lassen. Dieses Vorgehen versperrt möglicherweise den Blick auf andere und nützlichere Fähigkeiten der Service-Provider. Zum Beispiel könnten sie die Effektivität oder Flexibilität der Umgebung verbessern.

Trotz aller Diskussionen um Qualitätsverbesserung sind die Kosten nach wie vor das ausschlaggebende Argument für Outsourcing, seien es die Betriebsaufwendungen oder die erforderlichen Investitionen. Knapp drei Viertel der befragten Banken müssen sparen und betrachten die Auslagerung als geeignetes Mittel. Doch wer mit seinem späteren Anbieter in die Kostendiskussion eintritt, sollte verstehen, wie sein Gegenüber das Sparziel erreichen will. McKinsey hat dazu eine Modellrechnung erstellt: Ausgehend von einer gewünschten Kostenverringerung von 15 Prozent beim Anwender, muss der Anbieter nach dem Betriebsübergang die gleichen Leistungen zu 60 Prozent der ursprünglich beim Kunden entstandenen Kosten erbringen. Diese Quote kann der Anbieter erreichen, indem er Skaleneffekte nutzt, Personal abbaut (oder besser auslastet) sowie die übernommene Infrastruktur besser und billiger verwaltet.

Die Berechnung der McKinsey-Experten weckt allerdings auch die Begehrlichkeit der Outsourcing-Interessenten. Wenn die Anbieter Kosteneinsparungen von 40 Prozent erzielen, dem Anwender davon allerdings nur 15 Prozent bleiben, stellt sich naturgemäß jeder Manager die Frage, ob nicht aus eigener Kraft deutlich höhere Einsparungen für das Unternehmen möglich sind. "Die Frage nach Oursourcing-Alternativen ist legitim", meint Schein. "Die Unternehmen können durchaus selbst sparen, indem sie etwa konsolidieren und zentralisieren, Dienstleistungszentren errichten oder Teilaufgaben unter eigener Regie in Niedriglohnländer verlagern. Zum Teil ergeben sich auch Einsparungen, wenn Call-Center von Ballungszentren wie Frankfurt oder München in die Provinz verlagert werden." Den Weg zum Outsourcing versperren diese Maßnahmen nicht, im Gegenteil sind sie eine gute Vorbereitung auf die Auslagerung, denn so lassen sich zunächst einmal die in der internen IT schlummernden Verbesserungspotenziale und im Nachgang darüber hinaus die Spareffekte eines Outsourcing-Anbieter abschöpfen.