Dipl.-Ing. Martin Koldau analysiert den Markt für Betriebsdatenerfassungsgeräte in der BRD (2 Teil)

Trends bei BDE-Systemen

27.08.1976

3. Qualitative Merkmale des gegenwärtigen Marktes

Die qualitativen Merkmale werden in zwei Gruppen zusammengefaßt:

a) Allgemeine Merkmale wie Branchen, Betriebsgrößen, Fertigungsarten

von Anwendern abhängige Merkmale

Die Aussagen fassen die Ergebnisse der Befragung von Anwendern, potentiellen Anwendern und Herstellern zusammen. Die Aussagen weisen auf Faktoren hin., die die Entwicklung des BDE-Marktes maßgeblich beeinflussen.

Bedeutung der Branchen, der Betriebsgrößen und Fertigungsmerkmale für den BDE-Markt

a) Brachen

In der quantitativen Bestandsaufnahme wurde bewußt darauf verzichtet, die Branchen als Parameter der Analyse einzufahren. Der Grund: Die Branchen sind kein signifikantes Faktor für den BDE-Markt. Darüber waren alle befragten Hersteller und Anwender einer Meinung.

Hätte die quantitative Bestandsaufnahme die Branchen berücksichtigt, entständen vielleicht falsche Eindrücke, die mehr auf Zufällen als auf Gesetzmäßigkeiten des noch jungen BDE-Marktes beruhen würden.

Drei Merkmale, die in einzelnen Branchen unterschiedlich ausgeprägt sind, verdienen Beachtung:

der Zwang, Herstellungskosten genau zu erfassen,

die Verteilung aller Betriebe einer Branche auf Betriebsgrößenklassen (Branchenstruktur),

die Investitionsbereitschaft und Investitionsfähigkeit der Betriebe.

In einigen Branchen haben die Betriebe bis in die letzten Jahre relativ gut verdient, so z. B. in der chemischen Industrie. In diesen Branchen verspürten die Betriebe nur geringen Zwang, die Herstellungskosten genau zu erfassen. Die Bereitschaft, Geld für ein BDE-System auszugeben, war gering, obwohl die Unternehmen noch fähig waren, zu investieren.

Dagegen sind Betriebe anderer, Branchen z. B. der Textilindustrie oder der Kunststoffverarbeitung, schon länger gezwungene, sehr knapp zu kalkulieren. Die Bereitschaft, Geld in ein BDE-System zu investieren, war dementsprechend größer. Aber die Investitionsfähigkeit war geringer als in Branchen, deren Betriebe besser verdienten.

Der Zwang, die Herstellungskosten genau zu verfolgen,trifft allmählich alle Branchen in gleichem Maße. Ohne Rücksicht auf Branchen wird der Kostendruck die Bereitschaft fördern, Geld für BDE-Systeme zu investieren. Wie bisher wird diese Fähigkeit auch in Zukunft unterschiedlich bleiben.

b) Betriebsgrößen und Fertigungsmerkmale

Zwei Faktoren entscheiden über die Art des benötigten BDE-Systems und über seine Größe: die Merkmale der Fertigung und die Betriebsgröße. Dabei haben die Merkmale der Fertigung weit stärkeren Einfluß.

Die Größe des Betriebs begrenzt die Mittel, die er für ein BDE-System ausgeben kann. Diese Beschränkung wird gemildert, wenn das System gemietet oder im Leasing-Verfahren erworben wird. Ein direkter Zusammenhang zwischen Betriebsgröße (nach Zahl der Beschäftigten oder Umsatz) und der Größe des eingesetzten BDE-Systemes läßt sich nicht nachweisen, wenn die Betriebe mehr als 250 bis 300 Personen in der Fertigung beschäftigen. Die Erhebungen ergaben: Kleine Betriebe setzen zum Teil relativ große BDE-Systeme ein, und viele Großbetriebe begnügen sich mit bescheidenen BDE-Systemen.

Natürlich findet man die großen Steuerungssysteme im Werte von mehreren Mio. DM nur in Großbetrieben der Eisen- und Stahlindustrie sowie im Automobilbau. Aber in diesen Großbetrieben werden - je nachdem, wie sie gegliedert und fertigungstechnisch organisiert sind - auch mittlere und kleine BDE-Systeme eingesetzt.

Warum kein direkter Zusammenhang besteht zwischen der Betriebsgröße einerseits und der Art sowie der Größe des eingesetzten BDE-Systems anderseits, wird verständlich, wenn man die Merkmale der Fertigung beachtet. Drei Merkmale der Fertigung beeinflussen die Wahl eines BDE-Systems:

- Die Umgebungsbedingungen der Fertigung diktieren die Anforderungen an die Datenstationen und an die Datenübertragung.

-Art, Typ und Organisation der Fertigung bestimmen die vorrangige Aufgabe und das primäre Einsatzziel eines BDE-Systems.

- Die Geschwindigkeit (Taktzeiten) der Fertigung legt die Anforderungen an die Verarbeitungsgeschwindigkeit der erfaßten Daten und an das Übertragungsverfahren fest.

Die Anforderungen an die Datenstationen werden zusätzlich von der Qualifikation des Betriebspersonals beeinflußt.

Die Datenstationen sollen preiswert, leicht bedienbar und robust sein. Alle drei Forderungen sind und bleiben relativ. Ein Beispiel mag das verdeutlichen: In einem Betrieb werden die Datenstationen vom Hilfspersonal bedient, das zum Teil kaum lesen und schreiben kann. Der Anwender mußte die vielstelligen Auftragsnummern auf drei Ziffern reduzieren, um seinem Personal die Bedienung der Datenstationen zu ermöglichen. Ein anderer Anwender konnte sich damit begnügen, seinem Personal eine sorgfältig durchdachte und gut geschriebene Bedienungsanleitung in die Hand zu drücken. Die Mitarbeiter lernten ohne Einweisung, die Datenstationen richtig zu bedienen. Beide Anwender fordern leicht bedienbare Datenstationen. Ihre Forderungen können erst dann quantitativ erfaßt werden, wenn Mittel gefunden wurden, die leichte Bedienbarkeit objektiv zu messen.

Auch die Wünsche an die Bedienerführung hängen von der Qualifikation des Personals ab, das die Datenstationen bedient. Die Bedienerführung muß zumutbar sein. Das bedeutet:

Die Datenstationen dürfen ihre Bediener nicht überfordern und

die Bedienerführung darf nicht so kleinlich sein, daß die Bediener meinen, sie werden von den Datenstationen bevormundet.

Beispiele für beide Grenzfälle und ihre negativen Wirkungen sind bekannt.

Die Forderungen nach robustem Aufbau der Datenstation ist ebenfalls relativ. Einige Datenstationen arbeiten unter schwersten Industriebedingungen (Staub, Feuchte, Temperaturen, Vibration, Schock), andere unter Bedingungen, die dem Laborbetrieb nachkommen. Den robusten Aufbau einer Datenstation wird man eher objektiv messen können als ihre leichte Bedienbarkeit.

Weil die Forderungen nach leichter Bedienbarkeit, zumutbarer Bedienerführung und robustem Aufbau relativ bleiben werden, wird es auch in Zukunft ein breites Spektrum von Datenstationen geben müssen. Dadurch werden die Möglichkeiten begrenzt, Datenstationen in großen Stückzahlen preiswert zu fertigen.

Die Beziehungen zwischen den Merkmalen der Fertigung auf der einen Seite und den vorrangigen Angaben eines BDE-Systems sowie der Hauptziel seines Einsatzes auf der anderen Seite sind in der Tabelle 10 zusammengestellt. Diese Tabelle enthält auch Hinweise auf die Art des BDE-Systems, mit dem das Einsatzziel erreicht werden kann.

Die Art des BDE-Systems (siehe rechte Spalte der Tabelle 3), mit dem das Einsatzziel erreicht werden kann, hängt nicht allein von den Merkmalen der Fertigung ab, die in der Tabelle 3 erfaßt wurden. Die Taktzeiten der Fertigung wurden in der Tabelle 3 nicht berücksichtigt. Sie bestimmen die Häufigkeit, mit der Meldungen aus dem Betrieb abgesetzt werden. Die Häufigkeit, mit der Meldungen aus dem Betrieb abgesetzt werden, und die Häufigkeit, mit der die Betriebsleitung aufgrund dieser Meldungen steuernd in das Betriebsgeschehen eingreifen muß, bestimmen die Funktionen des BDE-Systems: Datensammelsystems Informationssystem oder Steuerungsystems.