IDC-Studie über den europäischen Plattenspeichermarkt:

Trend zu höheren Winchester-Kapazitäten

04.10.1985

ESCHBORN/MÜNCHEN (CW) - Die 51/4-Zoll-Winchester-Plattenlaufwerke haben innerhalb kürzester Zeit einen rapiden Preisverfall erfahren. Folge: Sie sind in vier von zehn im letzten Jahr ausgelieferten Mikrocomputersystemen zu finden. Das ist einer der Fakten, die der neueste EDP-Report der IDC Deutschland über den Disk-Markt auflistet.

Außerdem, so die IDC-Marktforscher, könne damit gerechnet werden, daß das Aufkommen von Festplatten-Laufwerken in 5?-Zoll-Slimline und die "Dreieinhalbzölligen"

dem allgemeinen "PC-Trend" weiterhin Schubkraft geben werden. Branchenkenner sprechen bereits von einer gewissen Nische, die sich im Bereich der Hochleistungs-51/4-Zoll-Winchester mit voller Bauhöhe herausbilden dürfte. Diese Laufwerke könnten somit im Markt kleinerer Multiuser-Systeme den traditionellen 8-Zoll-Drives den Rang ablaufen.

Nahezu alle 31/2- und 51/4-Zoll-Winchester-Laufwerke, die 1984 in Europa einen Kunden fanden, sollen IDC zufolge eine Kapazität von 20 oder weniger MB aufgewiesen haben; rund zwei Drittel davon waren 51/4-Zoll-Laufwerke mit voller Höhe. Bis 1987 rechnet man damit, daß rund 80 Prozent dieser Drives ein Speichervolumen von bis zu 20 MB aufweisen werden, und nur ein Viertel davon wird (volle Bauhöhe) ausgeliefert werden.

Im 31/2-Zoll-Marktsegment hat sich - mit entsprechender Unterstützung aus Nippon - ein wachstumsträchtiges Potential erhalten können, und man darf erwarten, daß sich durch den Einstieg von Big Blue in den OEM-Bereich ein weiterer Anstoß ergibt. Eine konkrete Chance wird hier im Sektor von 10 bis 20 MB gesehen. Aufgrund der Erstarkung des US-Dollars mußten in der Vergangenheit einige amerikanische Anbieter Einbußen bei Marktanteilen hinnehmen, und nun deuten Anzeichen auf ein weiteres Vordringen der Japaner in den nächsten zwei Jahren hin.

Einige Hersteller umgehen bereits den Markt der 5?-Zoll-Laufwerke voller Bauhöhe und setzen auf halbhohe Fünfeinviertel- und Dreieinhalb-Zoll-Drives. Vor 1986 rechnet man ohnehin mit keinen größeren Stückzahlen von Festplatten-Laufwerken mit 50 und mehr MB Speicherkapazität. So erwartet man immer höhere Kapazitäten der 5?-Zoll-Laufwerke in voller Bauhöhe am Markt, während parallel dazu ab etwa Anfang 1989 die gleichen Modelle in halber Bauhöhe sowie die 3?-Zoll-Drives mit bis zu 100 MB größere Stückzahlen erreichen dürften. Die 51/4-Zoll-Modelle könnten zum gleichen Zeitpunkt langsam in Bedrängnis kommen: Aus dem unteren Bereich durch die halbhohen und die Dreieinhalbzölligen und von oben her durch das weitere Vordringen der 8-Zoll-Laufwerke mit optimierter Zugriffszeit.

Für den mittleren und oberen Leistungsbereich rechnet man laut EDP-Report damit, daß die 8-Zoll-Festplatten-Systeme schnell zunehmend größere Kapazitäten aufweisen und ab 1986 das Segment von 50 bis 150 MB den 2 3/4 Zoll kleineren Schwestern überlassen werden. Abzuwarten sei dabei auch, ob die neuen 9-Zoll-Formate als Ersatz für die älteren 14-Zoll-Größen tatsächlich vom Markt akzeptiert werden - hier gibt es nach Ansicht von Kennern des Speichermarktes mittlerweile schon Indikatoren für das Gegenteil. Doch gebe es andererseits auch mit dieser Größe den Anreiz der höheren Speicherkapazität.

Innerhalb dieses Marktsegmentes scheint es so zu sein, daß das 8-Zoll-Format sowohl vom 5?-Zoll-Pendant als auch von der 14-Zoll-Variante marktmäßig in arge Bedrängnis gebracht wird. IDC allerding geht hier davon aus, daß die 8-Zoll-Größe im Wettbewerb dennoch Chancen hat, sich zu behaupten: Besonders für Supermini-Systeme scheint diese Größenordnung eine adäquate Speicherkapazität bieten zu können, die im nächstes Jahr bereits 200 bis 500 MB aufwärts liegen könnten.

Der Löwenanteil des 8-Zoll-Harddiskmarktes wird von IBMs herstellereigenen Auslieferungen in Verbindung mit dem System /36 bestimmt, doch konnte Fujitsu beispielsweise im OEM-Bereich ebenfalls gute Erfolge vorweisen. Doch bereits der 14-Zoll-Markt ist wieder eine Domäne von IBM: Hier dominiert ganz klar die 3380. Die Insider bei IDC lassen es allerdings auch nicht unerwähnt, daß das Gesamtauslieferungsvolumen in diesem Segment von 29200 im Jahre 1983 auf 27400 im vergangenen Jahr absank; aufgrund des höheren Volumens der 3380 blieb die akkumulierte Speicherkapazität jedoch nahezu konstant. Auf die 3380E wird laut IDC ein ähnlicher Run erwartet, wie dies beim Vorgängermodell zu beobachten war.

Im nicht-herstellereigenen Bereich ist es wiederum Fujitsu, die seit 1982 konsequent nach vorn dringen: Von bislang unbedeutenden Marktanteilen konnten sich die gewieften Japaner mittlerweile auf die höchste Position im Segment der 200-und-mehr-MB-Anbieter hinaufkatapultieren. Mit Ankündigung der Fujitsu-Laufwerke für die ICL-Serie 39 wird vermutlich der weitere Ausbau dieser Position - insbesondere zu Lasten von Control Data - außer Frage stehen. Die Lösung schlechthin für große DV-Installationen werden letztlich die 14-Zoll-Laufwerke bleiben, deren Nachfrage bezüglich erhöhter Speicherkapazität derzeit um bis zu 45 Prozent pro Jahr steigt.

Im Floppydisk-Laufwerkmarkt hat sich in bezug auf die 5?-Größe im Laufe der letzten Zeit gezeigt, daß den Slimline-Versionen der Vorzug eingeräumt wurde. "Szenenfüchse", gehen aber auch davon aus, daß der IBM-Vertrag mit Tandon über die Abnahme von 5? -Zoll-Laufwerken in voller Bauhöhe zum Einbau in Mikros - dieser läuft noch 1985 aus - das letzte größere Geschäft dieser Art gewesen sein dürfte. Nach Europa gelieferte Einheiten sin im übrigen unter dem Absatzkanal "indirekt" in der Tabelle erfaßt

worden.

Vor allem waren es die niedrigeren Arbeitslöhne, die den Japanern eine dominierende Stellung auf dem Floppydiskdrive-Markt beschert haben. Nach IDC-Schätzungen dürften die Anbieter aus Fernost das Dreieinhalb-Zoll-Marktsegment nahezu hundertprozentig abdecken. Den "richtigen Riecher" hatten die Söhne Nippons vor allem im Bereich des 8-Zoll-Floppydisk-Marktes: Aus der allgemeinen Rückzugsstimmung vieler US-Anbieter schlug man in Form von mehr Marktanteilen Kapital. Das muß jedoch laut der Studie nicht auf Dauer so bleiben. Die Prognosen, daß die Japaner in diesen Märkten auf der Hut sein müssen, werden mit einem Blick auf die vielen Billiglohnländer im südostasiatischen Raum deutlich: Aus Taiwan, Südkorea und Hongkong wird ein massiver Wettbewerb für die kommenden Jahre erwartet.

Als der Kodak-Eastman-Konzern den Einstieg in dieses Marktsegment wagte, war für den europäischen Markt jedoch eine gewisse Basis geschaffen worden. Ganz klar wird lDC zufolge aber der Massenmarkt für Floppydisk-Laufwerke in Zukunft vom Trend bestimmt, der zu immer höheren Speicherkapazitäten führt. Am wachstumsintensivsten soll da der Markt im 3?-Zoll-Bereich sein. Und die Prophezeiung, daß sich Big Blue in Kürze zu den Dreieinhalb-Zoll-OEM-Abnehmern gesellen wird, wird nicht mehr mit allzuviel Risiko behaftet sein.

Abschließend faßt der EDP- Report die wohl relevantesten Tendenzen und Aspekte folgendermaßen zusammen: Es wird mit einer Abwendung von den 8-Zoll-Floppys im Textverarbeitungsbereich gerechnet; zunehmende Bedeutung wird dem Einsatz von Floppy-Laufwerken im Home-/Hobby-Markt zugeschrieben. Bei den professionellen Mikrocomputern wird der Trend in Richtung Festplattenspeicherung gehen, bei den portablen Mikros rechnet man mit einer stärkeren Hinwendung zum

3?-Zoll-Format.

Auch werden vermutlich vermehrt Floppy- Laufwerke in Nicht-DV-Umgebungen zum Einsatz kommen. Ferner wird mit Verschiebungen in der Auslastung der Vertriebskanäle gerechnet.