Treiber fuer Oracle 7.1 fehlt bislang Powersoft-Anwender fuerchten um die DB-Neutralitaet des Tools

14.04.1995

MUENCHEN (CW) - Meinungsverschiedenheiten mit Oracle haben offenbar dazu gefuehrt, dass der neue Powersoft-Eigner Sybase den Anwendern von "Powerbuilder 4.0" keinen Treiber fuer "Oracle 7.1" anbieten kann. Gegenueber den CW-Schwesterpublikationen "Computerworld" und "Infoworld" aeusserten Betroffene Zweifel daran, dass das Entwicklungs-Tool alle Datenbanksysteme gleichermassen unterstuetzen werde.

Als die Sybase Inc., Emeryville, Kalifornien, im November vergangenen Jahres die Powersoft Corp., Burlington, Massachusetts, uebernahm, ahnten die Oracle-Kunden unter den Powerbuilder- Anwendern Schlimmes. Schliesslich sind Sybase und die Oracle Corp., Redwood City, Kalifornien, erbitterte Konkurrenten auf dem Markt fuer relationale Datenbank-Management-Systeme.

Nun sieht es so aus, als sollten die Skeptiker recht behalten. Wie die "Infoworld" meldet, enthaelt die aktuelle Version des Software- Werkzeugkastens Powerbuilder keinen Treiber fuer die juengste Ausfuehrung der Oracle-Datenbank. Statt Oracle 7.1 unterstuetzt Powerbuilder 4.0 lediglich Oracle 7.0 - und zwar ausschliesslich unter Windows 3.1, also auf 16-Bit-Basis. Mit anderen Worten: Anwender von Windows NT 3.5 koennen sich die Kombination von Powerbuilder und Oracle abschminken.

Gegenseitige Schuldzuweisung

Ein Softwareberater aus San Diego machte seinem Aerger Luft und informierte die US-Fachpresse. Er muesse fuer einen Kunden eine NT- basierte Anwendung auf Oracle erstellen, aber ihm fehle der dazu notwendige Datenbanktreiber. Mit seinem Versuch, Oracle und Sybase zur Abhilfe zu bewegen, habe er lediglich erreicht, dass sich die Anbieter gegenseitig die Schuld in die Schuhe geschoben haetten.

Das zumindest fuer NT-Anwender hoechst aergerliche Powerbuilder-Manko hat einen simplen Grund. Das Code-Sharing-Abkommen zwischen Oracle und Powersoft war kurz vor der Uebernahme des Tool-Anbieters durch Sybase ausgelaufen und wurde bislang nicht erneuert. Die Folge: Powersoft hat keinen Zugriff auf den Oracle-Code, der die Grundlage fuer den Treiber bilden soll.

Das Powersoft-Management machte keinen Versuch, diese Tatsache zu leugnen. Wie Technologiechef David Dewan beschwichtigend anfuehrte, wird jedoch innerhalb der kommenden zwei Wochen ein neues Abkommen mit Oracle unterzeichnet.

Laut "Infoworld" ist dies allerdings nicht das erste Mal, dass Sybase und Oracle sich wegen einer Entwicklerlizenz in die Haare bekommen. Anfang dieses Jahres habe Oracle die Unterstuetzung fuer eine andere Sybase-Tocher, die Micro Decisionware Inc. (MDI), aufkuendigen wollen. Nach der anfaenglichen Weigerung, die abgelaufene Code-Sharing-Vereinbarung zu erneuern, sei mittlerweile aber doch ein neues Abkommen in Arbeit.

Vorfaelle dieser Art sind geeignet, die Glaubwuerdigkeit der Powersoft-Commitments zu unterminieren. Die Tool-Company hatte ihren Kunden versprochen, sie werde auch nach ihrer Uebernahme die notwendigen Treiber fuer eine Native-Unterstuetzung von Sybase- Mitbewerbern liefern. Nun traegt sie die Beweislast. Immerhin sind nach ihren eigenen Angaben rund 30 Prozent der Powerbuilder- Anwender gleichzeitig Oracle-Kunden. Weniger Schwierigkeiten gibt es offenbar mit dem Dritten im Datenbankbunde: Mit der Informix Corp., Menlo Park, Kalifornien, hat Sybase vor wenigen Wochen eine Vereinbarung geschlossen, nach der die Powersoft-Entwickler Zugriff auf den Datenbankcode erhalten. In der Folge laeuft Powerbuilder 4.0 auf der Informix-Datenbank auch unter Windows NT 3.5.