Erfolgreiches Kapitalmanagement

Treasury als Querschnittfunktion für die Cash Culture

14.05.2015
Von 


Paul Moody ist als Direktor bei REL, einer Tochter der Hackett Gruppe, verantwortlich für die Projektentwicklung in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Schwerpunkte sind unter anderem Working Capital und Supply Chain Optimierung.
Cash Forecasting und Cash Visibility gewinnen für das Treasury immer mehr an Bedeutung und unterstützen die operativen Bereiche der Unternehmen. In der Praxis ergeben sich aus dieser Entwicklung jedoch zahlreiche Probleme.
  • Um ein exaktes Cash Forecasting sicher zu stellen, müssen sämtliche Prozesse eingebunden werden, die das Umlaufvermögen beeinflussen.
  • Voraussetzung dafür ist eine umfassende Cash Visibility, also der bestenfalls tägliche Abgleich der Bankguthaben und -verbindlichkeiten mit dem operativen Finanzbedarf, den nötigen Investitionen und den ausstehenden Forderungen und Zahlungen.
  • Treasury muss sich zudem in der Verantwortung sehen, die Verantwortlichen der Bereiche Finanzen, Einkauf und Vertrieb in die Planung einzubeziehen.

Ursprünglich bestand die Aufgabe des Treasury darin, die Finanzausstattung der Unternehmen durch geschickte Transaktionen zu verbessern. In den vergangenen Jahren hat sich dies geändert. Treasury übernimmt immer stärker eine Querschnittsfunktion, die die operativen Ebenen unterstützt und so ihren Teil zu einer erfolgreichen Cash Culture beiträgt. Erst dadurch können künftige Unternehmens- und Marktstrategien sinnvoll geplant werden.

Cash Forecasting als treibende Kraft

Dabei kommt dem Cash Forecasting als Element der Steuerung von Prozessketten eine hohe Bedeutung zu. Der Bedarf an finanziellen Mitteln ergibt sich einerseits aus Faktoren wie Löhnen, Sozialkosten, Mieten und Steuern. Dieser Teil lässt sich mit hoher Genauigkeit vorhersagen.

Mitarbeiter können nicht von heute auf morgen per Knopfdruck in Cash Management eingebunden und auf die dazu nötige Stringenz eingeschworen werden.
Mitarbeiter können nicht von heute auf morgen per Knopfdruck in Cash Management eingebunden und auf die dazu nötige Stringenz eingeschworen werden.
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Andererseits ist eine Schätzung der Forderungen und Zahlungen notwendig, ebenso von Umsatz und Ertrag. Diese Größen können im Voraus nur unter einer gewissen Unsicherheit ermittelt werden. Um die Unsicherheiten so weit wie möglich zu eliminieren, muss ein intensiver und regelmäßiger Informationsaustausch zwischen den operativen Geschäftseinheiten und dem Treasury stattfinden.

Um ein exaktes Cash Forecasting sicher zu stellen, müssen sämtliche Prozesse eingebunden werden, die das Umlaufvermögen beeinflussen. Wenn dies gelingt, kann Treasury zur treibenden Kraft in einer ausgeprägten Cash Culture werden. In einem solchen Umfeld ist es möglich, gewonnene Erkenntnisse vorausschauend umzusetzen, sie also sowohl in die Cash Visibility als auch in das Cash Forecasting einfließen zu lassen. Unter diesen Voraussetzungen kann die eigene Cash Availability alle Kriterien einer Best Practice-Solution erfüllen.

Cash Visibility als Grundlage

Voraussetzung dafür ist eine umfassende Cash Visibility, also der bestenfalls tägliche Abgleich der Bankguthaben und -verbindlichkeiten mit dem operativen Finanzbedarf, den nötigen Investitionen und den ausstehenden Forderungen und Zahlungen. Wie die von REL unlängst vorgelegte internationale Studie zum Thema Treasury ergab, werden derzeit nur rund zwei Drittel des verfügbaren Cash im Unternehmen durch solche Abgleiche erfasst. Zudem räumen vier von fünf Treasurern ein, dass die Verbesserung der eigenen Cash Visibility als Voraussetzung eines validen Cash Forecasting derzeit Priorität hat: Sie unternehmen intensive Anstrengungen, diesen Wert binnen der nächsten drei Jahre auf über 90 Prozent zu steigern.

Auf Basis der Cash Visibility werden die Berechnungen für das Cash Forecasting, also die Einschätzung des Finanzbedarfs, und schließlich für die Cash Availability durchgeführt. Nur wenn hierbei akkurate Ergebnisse zur Verfügung stehen, ist eine erfolgreiche Unternehmensplanung möglich - vor allen Dingen im Hinblick auf die derzeit sehr volatilen konjunkturellen Rahmenbedingungen, die nicht zuletzt durch die aktuellen wirtschaftlichen und politischen Unsicherheiten vorgegeben sind.

Die Optimierung der Cash Visibility bedingt einen regelmäßigen und ungehinderten Informationsaustausch zwischen Treasury und den operativen Geschäftsdivisionen und -abteilungen. Es sollte daher gewährleistet sein, dass der Informationsfluss klar geregelt und institutionalisiert, also gemäß festgeschriebener Regeln, erfolgt: Variable Größen wie saisonale Absatzunterschiede oder ein verändertes Investitions- und Kaufverhalten sind valide zu erfassen und zu berücksichtigen. Genauso müssen weltweit agierende Unternehmen auch Risiken an den Finanzmärkten, Währungsdivergenzen oder politische Verwerfungen in ihre Planung einbeziehen.

Treasury generiert Cash Culture.
Treasury generiert Cash Culture.
Foto: REL

Komplexe Umsetzung

Anders als diese komprimierte Darstellung gestaltet sich die Umsetzung in die unternehmerische Praxis und die Alltagsaktivitäten der Treasury-Abteilung jedoch überaus komplex. Eine akkurat erfasste Cash Visibility setzt beispielsweise ein Electronic Bank Account Management (eBAM) voraus, das kompatibel zu den übrigen internen Informations- und Kommunikationsstrukturen ist.

Treasury muss sich zudem in der Verantwortung sehen, die Verantwortlichen der Bereiche Finanzen, Einkauf und Vertrieb in die Planung einzubeziehen - ihr Verständnis für den Markt ist wertvoll, sowohl für die Visibility als auch für Forecasting und Availability von Cash. Gleichzeitig müssen die Treasurer sicherstellen, dass die Bedeutung des Cash Managements quer durch alle Unternehmensebenen und innerhalb der Wertschöpfungskette verstanden wird - dazu ist eine intensive und transparente Kommunikation von extremer Bedeutung: Die Führungskräfte und die Mitarbeiter müssen die Prozesse des Cash Managements verstehen und in sie eingebunden werden - dazu benötigen sie die entsprechenden Informationen. In der Regel bieten sich hierfür Schulungen an. Die Mitarbeiter, Teams und ganze Abteilungen müssen verstehen, welch hoher strategischer Stellenwert dem Cash-Dreiklang aus Visibility, Forecasting und Availability zukommt.

Nur so kann sichergestellt werden, dass die Unternehmensziele gemäß der strategischen und operativen Planung und nicht zuletzt durch die Unterstützung von Treasury realisiert werden können. Aber: Mitarbeiter können nicht von heute auf morgen per Knopfdruck in Cash Management eingebunden und auf die dazu nötige Stringenz eingeschworen werden. Die in der bereits erwähnten Studie befragten Treasurer veranschlagen je nach Unternehmensgröße und Globalisierungsgrad zwischen ein und drei Jahre, in denen sie Cash Forecasting sowie deren vor- und nachgelagerten Prozessschritte sukzessive verbessern wollen. Das geschilderte Szenario zeigt, dass dieser geschätzte Zeitrahmen durchaus realistisch ist. (bw)