Transparenter Bebauungsplan

24.11.2005
Von 
Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.

Brücke zur ausgelagerten IT

Die Präsentation des BMW-Projekts durch die beiden Planungsverantwortlichen war das Highlight einer Veranstaltung mit Namen "Planning IT Exchange", zu der Alfabet kürzlich etwa 100 Kunden und Interessenten in Berlin begrüßte. Aber auch die anderen Referenten hatten interessante Anwendungen auf der Grundlage von Planning IT vorzustellen.

So beschrieb Christoph Maier, IT-Stratege bei der Bayerischen Landesbank, wie der halböffentliche Finanzdienstleister mit Hilfe des Alfabet-Produkts eine IT-Welt planen will, die er größtenteils - bis hin zur Anwendungsentwicklung - unterschiedlichen Outsourcing-Partnern anvertraut hat. Eine tragende Rolle spielt dabei das Anforderungs-Management. Das EAM-System soll hier die Brücke zwischen der fachlichen Sicht und der ausgelagerten Technik schlagen.

So simpel wie anspruchsvoll

Wie sich Enterprise-Architecture- und Business-Process-Management verbinden lassen, demonstrierte Helge Erbe, IT-Management-Spezialist bei der Daimler-Chrysler Financial Services AG (DCFS). Der Finanzdienstleister des Automobilkonzerns richtet die IT-Planung strikt an einem konzernweit einheitlichen Prozessmodell aus; die Ergebnisse der Prozessmodellierung fließen als XML-Code direkt in das Planungs-Tool ein. Erbes Vision ist so simpel wie anspruchsvoll: "Wir wollen alle Informationen über Anwendungen, Schnittstellen, Services und Plattformen in einem einzigen System verfügbar machen, auf das von überall mit Hilfe eines intuitiven User Interface zugegriffen werden kann."


Genau das läuft aber unter Umständen den Interessen der IT-Planer zuwider, die ihre kleinen Königreiche behalten möchten. "Transparenz ist nicht immer gewünscht", gab Rainer Scheibehenne, Projektverantwortlicher bei der West LB, zu bedenken. Auch in der Westdeutschen Landesbank hätten IT-Management und Anwender auf die Einführung von Planning IT zunächst mit Ablehnung reagiert. Das ist umso verständlicher, als die Bank zuvor schon zweimal versucht hatte, ihre IT-Planung zu vereinheitlichen - mit jeweils anderen Methoden und Werkzeugen.

Prozess-Redesign aufgeschoben


Um das aktuelle Projekt nicht zu überfrachten, hat Scheibehenne zunächst auf ein Redesign der Prozesse verzichtet. Stattdessen wurde das Alfabet-Tool auf Grundlage der existierenden Abläufe implementiert. Darüber hinaus bemühte sich Scheibehenne, durch Überzeugungsarbeit und Schulungen das IT-Management und die skeptischen Anwender ins Boot zu holen. Als günstig habe es sich dabei erwiesen, dass die zentrale IT zwar für die Governance verantwortlich zeichne, die inhaltlichen Details aber den dezentralen Einheiten überlassen blieben.

Softwarewerkzeuge für das Enterprise Architecture Management im Test

Im Auftrag einer Handvoll Anwenderunternehmen hat die Technische Universität München kürzlich neun Softwarewerkzeuge für das Enterprise Architecture Management (EAM) miteinander verglichen. Im Einzelnen untersuchte die Hochschule:

  • "Adaptive EAM" von Adaptive,

  • "Planning IT" von Alfabet,

  • "Adoit" von BOC,

  • "Corporate Modeler Suite & IT Architecture Accelerator" von Casewise,

  • "Aris Toolset" von IDS Scheer AG,

  • "Mega" von Mega International,

  • "Process4.biz" von Process4.biz,

  • "System Architect" von Telelogic und

  • "Metis" von Troux Technologies.

Wie die Wissenschaftler herausfanden, weisen alle diese Produkte spezielle Stärken und Schwächen auf. Nur "Planning IT" habe in jeder Kategorie gleich gut abgeschnitten.

Laut Anbieter ermöglicht der Werkzeugkasten der IT-Organisation, ihre Planung abzubilden, zu analysieren und zu kontrollieren sowie an der Planung der Geschäftsstrategie auszurichten. Dabei unterstütze er alle Aktivitäten des IT-Planungsprozesses.

Im IT-Inventory ist die Architektur erfasst

Der Ist-Zustand der Unternehmensarchitektur wird detailliert im produkteigenen "Logical IT Inventory" erfasst. Um dieses Repository herum gruppiert sich eine Handvoll Module, die jeweils gemeinsam mit einem Kundenunternehmen entwickelt wurden: für das Anforderungs-Management und die Verwaltung von Anwendungsarchitekturen, für Programm-Portfolio- und Werte-Management sowie - last, but not least at all - für das Enterprise Achitecture Management. Die letztgenannte Softwarekomponente lässt sich nutzen, um Unternehmensstandards und Richtlinien zu definieren, das Anwendungsportfolio im Hinblick auf Redundanzen, Kosten und Nutzungsgrade zu bewerten sowie unternehmensweite Bebauungspläne zu erstellen.

Die "physische" IT Umgebung zu katalogisieren gehört hingegen nicht zu den Aufgaben von Planning IT. Auch die Modellierung der Prozesse überlässt es anderen Softwarewerkzeugen wie Aris. Man könnte das Alfabet-Produkt als IT-Governance-Tool bezeichnen, aber davon nimmt der Anbieter lieber Abstand; schließlich soll die Software länger leben als das Schlagwort.