Tradingcom Europe - Händler mit TK-Kapazitäten

16.11.2001
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Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Mit der Deregulation des europäischen TK-Marktes und dem steten Anstieg der Carrier-Zahl entstand ein Handel von TK-Kapazitäten, der immer komplexer wurde. Tradingcom Europe will hier Abhilfe schaffen: Als Trader für TK-Kapazitäten ermöglicht das Unternehmen Carriern mit einer elektronischen Handelsplattform einfachere und schnellere Transaktionen, um Kosten einzusparen. Nach dem Start im Oktober 1999 in Paris unterhält das Startup seit Mai diesen Jahres auch Niederlassungen in Frankfurt und London.

Mit der Deregulierung des europäischen TK-Marktes zwischen den Jahren 1995 und 2000 fielen die Handelspreise für Bandbreite nahezu ins Bodenlose: So kostete im vergangenen Jahr eine Bandbreite von zwei Mbit/s zwischen Paris und London nur noch 6000 Euro pro Jahr, fünf Jahre zuvor waren es noch 600 000 Euro. Gleichzeitig erhöhte sich die Anzahl der Anbieter von einigen Dutzend auf mehrere Hundert. Als dann spätestens im Sommer 2000 der Markt gesättigt war und sich das Wachstum verlangsamt hatte, versuchten die Carrier ihre Kosten zu senken und sich zu spezialisieren. Nicht abgedeckte Kapazitäten kaufen die Unternehmen nun bei der Konkurrenz. Dieser Effekt brachte auf dem Handelsmarkt für Telekommunikationskapazitäten verschiedene Zwischenhändler ins Spiel: Broker, Händler etc. Dabei gingen jedoch die Verträge in der Regel erst durch die Hände mehrerer Vermittler, bevor es zum Vertragsabschluss kam.

Als Gründer des TK-Carriers AXS Telecom erkannte Arnaud Beauregard dieses Problem und rief zusammen mit seinem Ex-Kollegen Richard Maindrom im August 1999 in Paris die Firma Tradingcom Europe ins Leben. Der Plan: Mit Hilfe eines elektronischen Marktplatzes sollen Zwischenhändler außen vor bleiben und lange, kostenintensive Verhandlungen über Transaktionen von Sprachminuten, Bandbreite oder Datenverkehr entfallen. Anders als die Konkurrenz Eutex oder RateXchange aus den USA fungiert Tradingcom Europe dabei als An- und Verkäufer von Übertragungsminuten via eigenem Switch. Im Bereich Bandbreiten und Datenverkehr übernimmt das Unternehmen die Funktion eines Verhandlungspartners. Dabei werden alle Transaktionen anonym und vertraulich behandelt, die Namen der Kunden oder Lieferanten bleiben geheim. Zusätzlich zu den Händleraktivitäten betreibt das Startup im Extranet eine Plattform für Gebote und Anfragen sowie ein Er- und Versteigerungsmodul. Um Preis, Qualität und Kapazitätskriterien ständig zu überprüfen und zu aktualisieren, arbeitet Tradingcom Europe außerdem mit einer Routing-Analyse- und Managment-Software. Als Preis für die Vermittlungs- und andere Dienstleistungen kassiert das Startup eine Kommission.

Der bisherige Erfolg gibt den Gründern Recht: Inzwischen kann das Unternehmen über mehr als 30 teilnehmende internationale TK-Gesellschaften sowie mehr als 500 mögliche Destinationen vorweisen. So befinden sich zur Zeit etwa die Bandbreiten Paris - Tokio oder London-New York im Sonderangebot. Erzielte Tradingcom Europe im Rumpfgeschäftsjahr 2000 - die Firma begann ihre Aktivitäten im Mai - einen Umsatz von fünf Millionen Euro, erwartet man in diesem Jahr ein Wachstum im dreistelligen Bereich. Dabei sollen die im Mai 2001 gegründeten Tochtergesellschaften in London und Frankfurt wesentlich beitragen. Das Break-even soll im zweiten Quartal 2002 folgen.

Nach dem Markteinbruch in der TK-Branche bietet Tradingcom Europe seit kurzem weitere Einsparungspotenziale an: So werden auf der Website auch Carrier-Equipment aus Überbeständen und Firmenauflösungen internationaler TK-Unternehmen offeriert. Dadurch können sich Firmen günstig mit Ausstattung eindecken, während die Verkäufer aus ihren Überbeständen Kapital schlagen.