Hersteller können ihr Service-Spektrum nicht mehr allein abdecken:

TPMs sind als Kooperationspartner willkommen

30.01.1987

Die Ehe zwischen Herstellern und Anwendern wird immer mehr zur offenen Beziehung; DV-Dienstleistungsunternehmen drängen sich dazwischen. Sie verzeichnen jährlich Wachstumsraten von bis zu 100 Prozent. Andreas Brettschneider liefert einen Überblick über die unterschiedlichen Betätigungsfelder externer Dienstleister, ohne die seiner Überzeugung nach der Anwender im DV-Dschungel rettungslos verloren wäre.

Die Weiterentwicklung der Dienstleistungsbranche sowie ihr explosionsartiges Wachstum werden dadurch unterstützt, daß die Hersteller zunehmend ihren Vertrieb externen Vertriebspartnern übertragen.

Dadurch ist es ihnen möglich, sich auf die Entwicklung neuer Technologien zu konzentrieren. Außerdem können viele Hersteller gar nicht mehr alle Vertriebsformen, die die DV-Branche in der Zwischenzeit fordert, realisieren.

So haben sich gerade im Bereich des Software-Vertriebes, der einen qualitativ hohen und damit sehr kostenintensiven Support erfordert, viele SW-Vertriebspartner entwickelt, die zwar oft nur ein Teilsegment des Marktes bedienen, hier jedoch so spezialisiert sind, daß sie auch den schwierigsten Kundenerfordernissen begegnen können.

Wollte beispielsweise die IBM ihre gesamten Produkte selbst verkaufen oder vermieten, so würde die weltweite Mitarbeiterzahl von etwa 400 000 bei weitem nicht ausreichen. Es wären etwa fünfmal soviel Mitarbeiter notwendig. Somit ist ein Hersteller wie IBM gar nicht unbedingt unglücklich über alternative, externe Vertriebskanäle.

Rabattpolitik begünstigt oft Großkunden

Ein weiterer Effekt ist gerade im Bereich der autorisierten Vertriebspartner von weitreichender Bedeutung:

Die Hersteller von EDV-Geräten gewähren oftmals großen Abnehmern Rabatte, die bis an die 40-Prozent-Grenze heranreichen. Diese Erscheinung findet man besonders im PC-Geschäft, da hier im Verhältnis zum Umsatz relativ hohe Stückzahlen abgesetzt werden. Anwender, die große Mengen abnehmen, erhalten diese Rabatte; für kleinere Anwender ist es jedoch nicht möglich, direkt vom Hersteller Preisnachlässe in ähnlicher Höhe zu erhalten.

Die Vertriebspartner der Hersteller, die nun aufgrund ihrer hohen Abnahmemengen in den Genuß dieser Rabatte kommen, geben sie schon allein wegen des Wettbewerbsdrucks fast vollständig weiter. Auf diese Weise können auch relativ kleine Kunden die Preisvorteile genießen. Es gibt Teilsegmente des Computermarktes, wo kaum noch Maschinen ohne Preisnachlässe in Höhe zweistelliger Prozentzahlen verkauft oder vermietet werden.

Wenn man die Bedeutung von Computerdienstleistungen abschätzen will, so darf man den Handel mit sogenannten Second-Hand-Maschinen nicht vergessen.

Da DV-Maschinen zum großen Teil ohne mechanische Vorgänge arbeiten, ist eine physische Abnutzung in dem Ausmaß wie zum Beispiel bei Kraftfahrzeugen nicht gegeben. Der Marktwert einer DV-Anlage verhält sich somit in Relation zu ihrer technischen Aktualität.

Für Investoren, die nicht unbedingt den neuesten Stand der Technik benötigen, ist es oft günstiger, eine Gebrauchtmaschine einzusetzen. Aus diesem Nachfragepotential ging ein Bereich hervor, der von einen meisten Herstellern nicht angeboten wird, jedoch von großer Bedeutung ist: der Computer-Gebrauchtmaschinenmarkt. Auf diesem Markt bewegen sich verschiedenste Anbieter aller Größen, die vom reinen An- und Verkauf gebrauchter Computer bis hin zum Komplettservice für Gebrauchtmaschinen lieferfähig sind.

Ein weiterer Dienstleistungssektor ist das reine "Hard- und Software-Consulting". Ein Grund dafür ist der fortschreitende Automatisierungsprozeß in der deutschen Wirtschaft, ein anderer die Tatsache, daß durch die Konjunkturerholung in den Unternehmen zusätzliche finanzielle Ressourcen zur Verfügung stehen, die jetzt für Organisations- und Strukturänderungen eingesetzt werden. Während die Einführung der Automation in den Unternehmen eventuell noch ohne externe Beratung durchgeführt werden kann, müssen die Betriebe spätestens bei der zweiten, innovativen Phase am Hard- und Softwarebereich Berater von außen hinzuziehen.

Die Tatsache, daß der Umsatz der Beratungsunternehmen in den letzten drei Jahren überproportional zum Umsatz ihrer Klienten gewachsen ist, unterstreicht die Aussage, daß die Unternehmen einen wachsenden Bedarf an computerunterstützter Umstrukturierung haben.

Da der beste Computer in der Anwendung nur so gut sein kann wie das ihn bedienende Personal, muß als ergänzende Maßnahme oft ein sowohl fachlich als auch methodisch-didaktisch hochwertiger Schulungspartner gefunden werden. Viele Herstellerschulungen sind kostenintensiv, weshalb sich zahlreiche herstellerexterne Schulungsorgane entwickelt haben. Sogar staatliche Organe, wie die Technologie-Beratungsstellen der Bundesländer, befassen sich mit dem Problem der Anwenderschulung. So gründete beispielsweise die Berliner Stelle eigens eine Beratergruppe zur Einführung computergesteuerter Werkzeugmaschinen.

Die Anwenderschulung sollte vor der Anschaffung von Hard- und Software erfolgen, um die Reibungsverluste, die ohnehin durch die Umstellung auftreten, zu minimieren. Reine Anwenderkurse reichen sicherlich für den Anfang aus, da zu Beginn auf den DV-Anlagen nicht das ganze Leistungspotential realisiert wird; jedoch müssen später Nachschulungen folgen. Diese Tatsache läßt den Schulungskunden nicht nur als kurz- sondern auch als mittel- und langfristigen Kunden erscheinen.

Sehr oft bestimmen die in einem Budget bewilligten Mittel die finanzielle Seite einer DV-Investition und somit indirekt auch die technische Unterstützung. Ziel des Anwenders ist es, mit begrenzten finanziellen Ressourcen eine optimale Anwendung von Hard- und Software zu realisieren.

Der Finanzierungspartner sieht seine Aufgabe darin, dem Anwender durch Konditionen, die auf seine spezifischen Bedürfnisse zugeschnitten sind, ein optimales Preis/Leistungsverhältnis seiner DV-Lösung zu verschaffen. Dafür bieten sich mittlerweile verschiedenste Finanzierungsmöglichkeiten an. Diese reichen von Darlehensfinanzierung durch eine Bank über die Herstellermiete bis hin zum Operational-Leasing. Gerade im Finanzierungsbereich sind also auch Dienstleistungsunternehmen vertreten, deren Betätigungsfeld normalerweise nicht auf dem DV-Markt liegt.

Anwender sind ohne externe Hilfe leicht überfordert

Besonders im Bereich des Operational-Leasing, das neben flexiblen Laufzeiten und Restwertfinanzierungen auch Flexibilität bei sich ändernden Anforderungen bietet, liegt der Hauptvorteil in der Risikoentlastung des Anwenders bei einer Wiedervermarktung der Maschinen. Der Anwender, der ohnehin oft Schwierigkeiten hat, sich allen Diskontinuitäten eines schnell wachsenden Markts anzupassen, wird gerade im Bereich der Finanzierung eine hochwertige Beratung begrüßen.

Allein schon die Darstellung der vier Schwerpunktbereiche in der Computerdienstleistungsbranche macht deutlich, daß der Anwender überfordert wäre, wenn er eine optimale DV-Strategie ohne externe Mithilfe planen, durchführen und überwachen sollte. Das Produkt "Computerdienstleistung" ist kein Parasit, sondern für viele Anwender ein Lebensretter in der an Komplexität, Interdependenz und somit Unübersichtlichkeit ständig wachsenden Welt der Datenverarbeitung,

Dr. Andreas Brettschneider ist im Geschäftsbereich Marketing der Econocom Deutschland GmbH tätig.