Rechenzentren bleiben vorerst getrennt

Touristikriesen Amadeus und Start entwickeln gemeinsam

19.04.1996

Neben der mehrheitlichen Beteiligung an den auslaendischen Start-Tochtergesellschaften erwirbt Amadeus die Haelfte der Start Informatik GmbH, die fuer die Software-Entwicklung und den RZ- Betrieb bei Start verantwortlich zeichnet.

Start Informatik soll demnaechst die gemeinsame Produktentwicklung und den Systembetrieb fuer die Amadeus- und Start-Rechenzentren sicherstellen. Hierzu, so der Geschaeftsfuehrer der Start Informatik GmbH, Wolfgang Klein, werde man sich zunaechst einen Ueberblick ueber die in beiden Haeusern vorhandenen Softwareprodukte beziehungsweise Applikationen verschaffen, um Ueberschneidungen zu vermeiden.

Gutachter zweifeln am Nutzen der RZ-FusionH4>/H4>

Die Entscheidung ueber die Zusammenlegung der Rechenzentren in Frankfurt (Start) und Erding (Amadeus) sei aufgrund eines Gutachtens vertagt worden. Die von Arthur D. Little im vergangenen Jahr durchgefuehrte Untersuchung habe ergeben, dass eine solche Konsolidierung der DV keine Kostenersparnisse bringen wuerde. Auch sei ueber die Verschmelzung von Arbeitsteams beider Unternehmen noch nicht diskutiert worden.

Die beiden Start-RZs in Frankfurt rechnen mit BS2000-Mainframes, waehrend Amadeus in Erding im wesentlichen auf IBM- und Unisys- Grossrechner vertraut, die mit dem bei Reservierungssystemen weitverbreiteten IBM-Betriebssystem "Transaction Processing Facility" (TPF) arbeiten. Datenaustausch zwischen Frankfurt und Erding erfolgt bereits ueber Hyperchannel-Verbindungen.

Start-Manager Klein bestaetigte, dass beide Unternehmen offene Systemumgebungen im Blick behalten wuerden. Zwar sei nicht damit zu rechnen, dass man die grossen Anwendungen von Start und Amadeus in den naechsten Jahren in die offene Welt ueberfuehren werde. Neue Anwendungen sollen jedoch auf Unix-Basis realisiert werden.

Umstellung auf Unix bei der Planung beruecksichtigtH4>/H4>

Ein Beispiel hierfuer sei ein Eintrittskarten-Buchungssystem fuer Kultur-, Sport- und andere Veranstaltungen. Dieses habe man vom Host auf eine Unix-Loesung portiert, "wobei wir die Applikationen so geschrieben haben, dass wir sie wirklich mit wenigen Handgriffen auf unterschiedlicher Unix-Hardware laufen lassen koennen". Eine weitere Applikation sei "Eurostart", eine Anwendung fuer Fremdenverkehrsbelange, die ebenfalls auf Unix-Servern laufe.

Start gehoert zudem zu den Anwendern, der als einer der ersten nach dem von der Siemens-Nixdorf Informationssysteme AG (SNI) vor wenigen Wochen vorgestellten "Sunrise"-Konzept den Umstieg von der BS2000- in die RISC-Unix-Welt vollziehen will. Anlaesslich einer Strategiekonferenz in Boston Anfang Februar 1996 hatte die SNI Plaene fuer einen Mainframe veroeffentlicht, der auf den RISC- Prozessoren der Silicon-Graphics-Tochter Mips Technologies Inc. basieren wird und kommendes Jahr verfuegbar sein soll. SNI portierte hierzu das BS2000-Betriebssystem auf die CMOS- Architektur. Der Anwender, sagte seinerzeit SNI-Vorstand Peter Page, merke von der Uebertragung nichts, da Anwendungssoftware vom BS2000-Betriebssystem emuliert werde.

Geplant ist darueber hinaus, die beiden Unix-Derivate "DC/OSx" von Pyramid und "Sinix" von der SNI zu einem einzigen Betriebssystem "Reliant Unix" zusammenzufuehren.

Nach den Worten von Start-Mann Klein werde man beim Marsch in die offene Welt zunaechst die Mips-RISC-CPUs einsetzen. Dies sei moeglich, "ohne dass wir unsere grossen Anwendungen in einem Big Bang umstellen muessen". Mittelfristig werde auf der runderneuerten Hardware noch BS2000 laufen. Je nachdem, ob man die Anwendungen portieren wolle, sei aber auch ein Wechsel zu Unix vorstellbar. Langfristig wolle Start auf C++ und objektorientierte Konzepte umsteigen. Erste Schritte zu diesem Ziel liessen sich auch unter BS2000 machen. Im Laufe des zweiten Halbjahres 1997 werde Start das Sunrise-Konzept eingefuehrt haben.

Mit Start und Amadeus tun sich zwei Schwergewichte der Touristikszene zusammen. Start bedient nach Aussagen von Juergen Buechy, dem Vorsitzenden der Start-Geschaeftsfuehrung, mit den Angeboten von rund 130 Reiseveranstaltern "mehr als 90 Prozent der Reisebueros in Deutschland". Amadeus ist mit seinem "international groessten" Reservierungssystem fuer Flug-, Auto- sowie Hotelbuchungen in ueber 100 Laendern praesent.

Allianz umfasst alle Start-NiederlassungenH4>/H4>

Im Zuge der Allianz wird Amadeus die auslaendischen Start- Tochtergesellschaften in Griechenland, Ungarn und der Tuerkei zu 100 Prozent, in Polen zu 51 sowie in Oesterreich zu 75 Prozent uebernehmen und die Start-Kunden in anderen Laendern wie Pakistan, Russland und Aegypten bedienen.

Der Betrieb wird dort weiterhin von Mitarbeitern der Start International Operations betreut. Diese Abteilung wird jedoch in die Amadeus-Marketing, Bereich Europa, Naher Osten und Afrika, integriert.