Top-Manager verlangen harte Fakten für neuen Hobel

24.07.1981

Die Herren in der Chefetage verstehen heute etwas mehr von der DV als früher. Der DV-Leiter ist deshalb gezwungen, seine Forderung nach einer neuen Anlage nicht nur zu begründen, sondern den wirtschaftlichen Vorteil mit "knallharten Fakten" zu belegen. Wolfgang Wetzel freut sich, daß es jetzt auch bis in die Unternehmensleitung vorgedrungen ist, daß eine DV-Anlage nicht Personal einspart, sondern Arbeitsplätze lediglich verändert. Daß es oft erst kurz vor Torschluß zu Gesprächen mit der Geschäftsleitung kommt, kritisiert Peter Hofmann. Dieter Fichtner vertritt die Ansicht, es sei Aufgabe des DV-Leiters, seine Vorgesetzten zu überzeugen, daß der Wechsel auf eine größere Anlage nicht unbedingt höhere DV-Ausgaben mit sich bringt. Er befürchtet, daß "diese schönen Zeiten" bald vorbei sind.

Wolfgang Wetzel

DV-Leiter, Albr. Braun KG Betonwerke, Lonsee

(NCR 8250, IMOS)

Die Zeichen der Zeit bringen es mit sich, daß heutzutage auch die Herren der Geschäftsleitung dazu übergehen, sich intensiver um das weite Gebiet der Datenverarbeitung zu bemühen. Das dadurch erworbene Wissen verwehrt es dem DV-Leiter, Forderungen zu stellen und diese mit dem lapidaren Satz: "Wir benötigen diese Anlage, um unsere Effizienz zu erhöhen" zu begründen. Im Gegenteil: Mit knallharten Fakten muß nachgewiesen werden, was die neue Anlage "bringt".

Das Argument der Personaleinsparung ist hier sicherlich völlig verkehrt. Mittlerweile ist es bis in die Führungsetagen eines Unternehmens vorgedrungen, daß eine EDV-Anlage die Arbeitsplätze lediglich verändert.

Das wirksamste Überzeugungsmittel ist nach meiner Erfahrung immer noch der Kosten-/Leistungsvergleich. Hier sieht der zuständige Vorgesetzte sofort, was und wieviel er für sein gutes Geld erhält. Argumente, die sich mit der Anlage beschäftigen, wie Handling, Geschwindigkeit, Wartungsfreundlichkeit und Sicherheit, treten hinter dem Faktor "Geld" eindeutig ins zweite Glied zurück. Vorgesetzte wollen für das eingesetzte Kapital natürlich die höchstmögliche Leistung. Das ist ihr gutes Recht - ja sogar ihre Pflicht. Leider wird diese Pflicht aus der Sicht des DV-Leiters allzuoft mit Knauserigkeit verwechselt.

Eine Beobachtung läßt sich auch immer wieder treffen: Sobald nach der Installation eines neuen Systems eine Phase der Konsolidierung eintritt, ist die Geschäftsleitung plötzlich nicht mehr bereit, weitere Mittel zur Pflege und zum Ausbau zur Verfügung zu stellen. Ist der EDV-Leiter gezwungen, aus diesem Zustand der Zufriedenheit seine Offensive in Richtung neue und damit meistens auch größere Anlage zu starten, wird er mit seinen Vorschlägen und Wünschen auf taube Ohren stoßen. Durch den derzeitigen Preisverfall auf dem Hardware-Sektor ist es jedoch augenblicklich leichter möglich, zu neuen Ufern vorzustoßen, vor allem, wenn es gelingt, jetzt noch preisgünstige Software auszumachen (die dann allerdings auch die Erwartungen erfüllen sollte).

Das überzeugendste Argument ist jedoch nach wie vor der finanzielle Vorteil. Alle anderen Einwände befassen sich in irgendeiner Weise mit der Anlage und sind damit für die Geschäftsleitung zweitrangig. Diese arbeitet ja lediglich mit den Ergebnissen der Stabsabteilung "EDV".

Können sie als DV-Leiter ihrem Geschäftsführer seine gewünschte Liste, Tabelle oder Auswertung kurz nach der Anforderung zukommen lassen, müßten sie eigentlich schon gewonnen haben - und wenn sie jetzt noch die Aussage vertreten können, daß zukünftig anstelle eines Zwei-Schicht-Betriebes die ganz normale 40-Stunde-Woche tritt, steht dem Glück mit einer neuen und größeren Anlage wahrscheinlich nichts mehr im Wege.

Dieter Fichtner

Org./DV-Leiter bei Böwe Maschinenfabrik GmbH, Augsburg,

(IBM 4341 DOS/VSE)

Der Wechsel auf eine größere Anlage muß nicht unbedingt auch ein Wechsel auf eine teurere Anlage bedeuten - wie es sonst oft der Fall ist. Ich vermute aber, daß diese schönen Zeiten nicht mehr lange andauern werden: Die Preis-/Leistungskurve für Zentraleinheiten nähert sich asymptotisch der Null-Linie der Preise, die natürlich nie überschritten wird. Aber derart dramatische Leistungssteigerungen bei konstantem Preis oder umgekehrt Preissenkung bei gleicher Leistung wie für die Systeme 4300 wird es so schnell nicht wieder geben. Von der Kostenseite her war es bisher für den DV-Leiter einfach, eine "stärkere" Anlage von der Geschäftsleitung genehmigt zu bekommen. Ob das zukünftig noch möglich sein wird, ist nicht so sicher. Gelegentlich taucht die Frage auf, ob es möglich sei, die derzeit installierte Kapazität zu einem niedrigeren Preis zu erhalten. Durch die Aufzählung von zukünftigen Anforderungen, die durch eine eigene Wirtschaftlichkeitsrechnung begründet werden müssen, ist man aber schnell über diesen Punkt hinweg.

In unserem Fall der kürzlich erfolgten Ablösung einer 370/138 durch eine 4341 konnten wir sogar eine auf die Anlage selbst bezogene Wirtschaftlichkeitsrechnung anstellen. Sie sah ganz einfach aus: Eine Verringerung der Antwortzeit im Dialog erspart eine sonst notwendige Personalerhöhung.(Verringerung der Antwortzeit von durchschnittlich zwölf auf etwa drei Sekunden, bei 13 000 Transaktionen pro Tag [mit steigender Tendenz] gleich 32,5 Stunden pro Tag gleich vier Personen.)

Bei der Diskussion dieses Faktors kamen weitere marginale Aspekte hinzu, die wohl auch wissenschaftlich zu ergründen wären: Bei Überschreitung einer gewissen Antwortzeit nimmt der Bediener die Hand von der Tastatur und das Wieder-zur-Tastatur-Greifen erhöht die Verzögerung. Dauert die Antwortzeit noch länger, geht er mit seiner Phantasie "spazieren". Er denkt an seinen Garten, seine Freundin, sein Auto. Das gedankliche Umschalten, sich wieder auf die am Bildschirm zu bearbeitende Materie zu konzentrieren, dauert auch eine Weile. Das alles kann sich bei einer großen Zahl von Transaktionen ganz schön summieren.

Peter Hofmann

DV-Leiter, J. Hengstler KG, Zählerfabrik, Aldingen

Bis 1972 haben wir DV-Probleme außer Haus in Lohnarbeit abgewickelt. Ab 1972 sollte ein größeres Projekt, nämlich die Material- und Zeitwirtschaft übernommen werden. Dies erforderte wesentlich mehr Computerzeit. Somit war die eigene DV-Anlage die preiswertere Lösung für uns.

Nach Diskussionen mit der Unternehmensleitung bekamen wir grünes Licht für eine IBM 360/20 Modell 5. Dieses System war als reine Batch-Maschine bei uns bis 1975 im Einsatz. Dann kam der Zeitpunkt, daß wir uns über Online-Anwendungen . Gedanken machen mußten, da die Batch-Anwendungen immer anspruchsvoller wurden.

Wir sprachen also mit der Geschäftsleitung über ein größeres System. Noch bis zu diesem Zeitpunkt kamen wir immer erst dann mit der Unternehmensleitung zusammen, wenn es dringend nötig wurde. Auch diese Verhandlungen nahmen ein positives Ende für uns, und es wurde eine IBM 370/115 installiert. Bis dahin war die EDV-Welt für uns noch in Ordnung. Bald stellte sich jedoch heraus, daß die 370/115 weniger leistete als die alte 360/20. Wir mußten also eine Speichererweiterung vornehmen. Das Ergebnis war daß wir innerhalb von drei Jahren der Unternehmensleitung immer wieder glaubhaft machen mußten, daß der Computer aufgrund einer Kosten-/Nutzenanalyse erweitert werden muß.

Unsere 370/115 wurde dann bis 1978 in mehreren Schritten auf das Modell 2 mit 384 K erweitert. Neue Platten (3340 plus 3344) wurden benötigt und für Datensicherungszwecke weitere zwei Bandeinheiten (3310 und 3311).

Dieser Zeitraum erwies sich für uns als äußerst kritisch, und das Image der DV-Abteilung war stark angeschlagen. Durch Einsatz von DL/1 und CICS waren wir 1979 mit unserer 370/115 am Ende, und es mußte eine /138 installiert werden. Diese Maschine ist noch immer im Einsatz.

Ab 1979 schlugen wir zusammen mit der Unternehmensleitung einen neuen Weg ein: Wenn neue Projekte auf DV übernommen werden sollten wurde fortan die nötige Computerkapazität für jedes Projekt ermittelt und alle anfallenden Kosten für zusätzliche Hard- und Software der Unternehmensleitung mitgeteilt. Das Management traf nun die Entscheidung, ob das Projekt auf die DV übernommen werden sollte oder nicht. Außerdem wurden Limits gesetzt, wie viele Bildschirme maximal an das bestehende System ohne Erweiterung angeschlossen werden könnten. Weitere Anschlüsse zogen eine DV-Systemerweiterung mit sich. Bei der Entscheidung, einen Computer oder neue Peripherie zu kaufen, erhielten wir die Auflage, daß diese Geräte vier bis fünf Jahre noch im Einsatz sein müßten. Zur Installationszeit der 370/138 wurde noch ein neuer Vertrag über eine 4341 mit vier Megabyte abgeschlossen. Diese Anlage wird nunmehr 1982 installiert. Damit haben wir erreicht, daß die Unternehmensleitung längerfristig die Kosten der DV-Abteilung mitplanen kann und nicht - wie früher kurzfristig hohe Investitionen tätigen muß.

Thomas Ladurner

Berater bei Intra-Unternehmensberatung GmbH, Düsseldorf

Der DV-Leiter muß heute mehr als früher der Geschäftsleitung beweisen, daß sich die Investition einer neuen DV-Anlage lohnt. Während vor einigen Jahren ein DV-System teilweise Prestigesache war und man oft nur sagte: "Wir brauchen die Maschine, weil es dazu gehört." Allerdings entspricht die Anlage, die vor fünf oder sechs Jahren gekauft wurde, nicht mehr dem heutigen Stand. Die Anforderungen sind gestiegen, es kommt zwangsläufig der Moment, in dem ein neuer Rechner benötigt wird. Nun muß der DV-Leiter nachweisen können, daß das neue System wirtschaftlicher ist.

Gesichtspunkte der Benutzeranforderungen, die zur Verfügung stehende Technologie und das Preis-/Leistungsverhältnis sollten analysiert werden.

Bei dieser Untersuchung werden die heutigen und geplanten Anwendungen als Gesamtsystem dargestellt. Daraus ergeben sich bereits Anforderungen, die mit der derzeitigen Anlage ungenügend, unwirtschaftlich oder überhaupt nicht realisiert werden können. Denken wir beispielsweise an geplante Dialogsysteme während das heutige System auf einen Batchbetrieb ausgerichtet ist.

Außerdem sollten Merkmale wie Speicherkapazität, Zugriffszeiten auf Datenbestände, Antwortzeiten an den Bildschirm- Arbeitsplätzen, Parallelität der Verarbeitung etc. näher betrachtet werden. Daneben ist auch das Preis-/Leistungsverhältnis mit neuen Anlagen zu vergleichen. In Betracht gezogen werden sollte auch, daß ein älteres System zum einen nicht mehr dem Stand der neuen Technologie entspricht und zum anderen die Servicekosten die Mietkosten einer modernen Anlage übersteigen. Dabei setzt sich die Effektivität eines Systems aus Komponenten (Hard-/Software) zusammen, das heißt, es dürfen nicht nur die Hardwarekosten berücksichtigt werden. Zu einem Kosten-/Nutzenvergleich gehört auch eine Analyse, in die Faktoren wie Betriebssicherheit, Systemverfügbarkeit und Systemintegrität eingehen.

Die DV-Abteilung sollte der Geschäftsleitung heute klar machen, daß die Anforderungen mit dem derzeitigen System überhaupt nicht realisiert werden können. Das Management muß zudem überzeugt werden, daß ein neues System teilweise sogar wirtschaftlicher arbeitet als das alte.